Exot im Norden: In Hamburg befindet sich der bundesweit einzige eigenständige Aufbaustudiengang für Kriminologie
Noch rund vier Wochen, dann startet das Sommersemester 2001 - und mit einher gehen die Erwartungen der neuen Semester. 25 von ihnen beginnen im April mit einem Fach, das auf seinem Gebiet in ganz Deutschland einzigartig ist: Der bisher konkurrenzlose Aufbaustudiengang Kriminologie bietet in vier Semestern einen Einblick in die »Lehre vom Verbrechen«. Seit Gründung der Fachrichtung im Jahre 1984 besteht reges Interesse an dem außergewöhnlichen Studiengang. Pro Jahr bewerben sich deutlich mehr Kandidaten als Studienplätze vorhanden sind. Voraussetzungen für die Zulassung sind ein überdurchschnittliches Examen im Erststudium einer Geistes- oder Sozialwissenschaft sowie ein klarer Bezug zur Kriminologie. Folgerichtig stellen vor allem Polizisten und Bewährungshelfer, aber auch Juristen und Autoren, den größten Teil der Studierenden.
Als interdisziplinäre Wissenschaft behandelt die Kriminologie gleichermaßen die Persönlichkeit von Tätern wie Präventionsmaßnahmen oder Opferbilder. Juristische und soziologische Aspekte finden dabei ebenso Beachtung wie politische und historische. Um aktuelle Themen aufzugreifen und den Bezug zur Praxis zu wahren, wird jedes Semester ein Forschungsseminar mit wechselnden Schwerpunkten angeboten. So war rechtsradikale Gewalt genauso Unterrichtsgegenstand wie Verbrechensvorbeugung.
In seiner Eigenständigkeit unterscheidet sich der mit einem Diplom abschließende Aufbaustudiengang von ähnlichen Angeboten in der Bundesrepublik. »Verglichen mit der Situation im Ausland führt die Kriminologie in Deutschland jedoch ein Schattendasein«, sagt Studiengangsleiter Prof. Dr. Sebastian Scheerer. So gilt anderenorts der Kriminologe bereits als anerkannter Beruf. In Deutschland hingegen müssen sich Kriminologen erst noch ein Berufsfeld aufbauen. Anstellungen in verwandten Bereichen finden jedoch die meisten Absolventen. Eine vor einigen Jahren erhobene Verbleibsstudie ergab, dass rund ein Drittel der Diplom-Kriminologen mit besseren Qualifikationen in den alten Beruf zurückkehrten. Ein weiteres Drittel nahm eine Forschungstätigkeit an Hochschulen oder anderen wissenschaftlichen Instituten auf. Und schließlich steht auch die Tür zu den herkömmlichen Bereichen des Strafvollzugs oder zu sozialen Diensten in der Justiz den Absolventen offen. (cp)