Wer jetzt voreilig in empörten Protest ausbricht, der sollte sich klarmachen, dass auch harmlose Flirts am Tresen und selbstvergessene Solo-Tanzeinlagen zu Pink Floyd immer eine Art von Eigenwerbung ("Sehr her, hier bin ich!") bzw. Self–Check sind: Wie hoch ist mein aktueller Marktwert? Kann ich "es" noch?
Das ist kein großes Ding, weil wir nichts dafür können. Schuld ist (mal wieder) unser Fortpflanzungstrieb. Solange wir fruchtbar sind, müssen wir das andere Geschlecht quasi nonstop für uns begeistern. Und das geht nun mal besonders gut, wenn man die eigenen Selbstzweifel zuvor mit ein paar Drinks hinfort gespült hat. Das belegen sogar Studien: Ein Drittel aller Männer und 23 Prozent der Frauen trinken ganz gezielt Alkohol, um ihre Chancen auf Sex zu erhöhen. Dazu passt, dass australische Sexualforscher herausgefunden haben, dass Alkoholkonsum die sexuelle Leistungsfähigkeit erhöht.
Ohne Prost im Bett nichts los

Henriette Hell: Love from Hell
Henriette Hell wurde 1985 geboren und arbeitet als Journalistin/Autorin in Hamburg und unterwegs auf ihren Reisen rund um den Globus. Ihr Buch "Achtung, ich komme! In 80 Orgasmen um die Welt" ist 2015 erschienen und wurde prompt zum Bestseller. 2017 folgte "Erst kommen, dann gehen – Die Sexbibel fürs 21. Jahrhundert". Henriette schreibt gerne, ehrlich und lässig über Sex, weil sie findet, dass das viel zu wenig Leute tun.
Eine US-Studie hat außerdem ergeben, dass sich Männer (Frauen nicht!) mit steigendem Alkoholpegel mehr zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen. Das habe kulturelle Gründe. In scheinbar aufgeklärten und toleranten westlichen Ländern sei die Ablehnung homosexueller Neigungen insbesondere bei Männern immer noch stark verbreitet, deshalb würden sich viele erst nach ein paar Drinks auch mal trauen, ihren Geschlechtsgenossen ein bisschen, äh, näher zu kommen.
Und es wird noch besser! In einer englischen Umfrage gaben fast 50 Prozent der Befragten zu, dass ihnen Sex (hoffentlich bloß leicht) angeschickert mehr Spaß macht. Klar, gegen ein schönes Gläschen Rotwein ist ja auch nichts einzuwenden. Kritisch wird’s allerdings, wenn "ohne" gar nichts mehr läuft – aber selbst das scheint leider gar nicht so unüblich zu sein: In derselben Umfrage verrieten sechs Prozent der Frauen, dass sie NIE Sex haben, ohne vorher ein paar Drinks zu kippen. Und 14 Prozent der Frauen in einer festen Partnerschaft berichteten, dass sie grundsätzlich (!) Alkohol trinken (müssen), bevor sie mit ihrem Partner schlafen. Auweia! Also entweder sind deren Männer krasse Nieten im Bett oder die Damen haben generell Probleme damit, sich fallen zu lassen bzw. ihre Sexualität selbstbewusst und fröhlich auszuleben. In dem Fall kann ihnen auch kein Chianti mehr helfen, fürchte ich. Denn wie schon Jean Paul sagte: "Der Wein wirkt stärkend auf den Geisteszustand: Er macht die Dummen dümmer und die Klugen klüger." Prost!