Neuer Pisa-Bericht Lehrer machen krasse Unterschiede bei Noten

Zwischen den deutschen Schulen klafft nicht nur ein großes Leistungsgefälle. Auch die Lehrer machen krasse Unterschiede bei der Notenvergabe. So kann ein Gymnasiast für dieselbe Leistung in Mathematik in einem Fall die Note 1 oder 2, im anderen Fall eine 4 oder gar 5 erhalten.

Dies geht aus dem dritten, noch unter Verschluss gehaltenen deutschen PISA-Testbericht des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin hervor. Er liegt der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vor.

Ein Vergleich der beim größten deutschen Schultest von den 50.000 Schülern erzielten PISA-Leistungen mit ihren tatsächlichen Noten ergab erhebliche Diskrepanzen: Am beliebigsten erweist sich nach der Tabelle die Notenvergabe an den integrierten hessischen Gesamtschulen, vor allem beim mittleren und unteren Leistungsniveau. Die zutreffendste Übereinstimmung zwischen Test-Leistung und Note findet sie dagegen an den baden-württembergischen Realschulen.

Soziale Herkunft beeinflusst Zensuren

Grundsätzlich lässt sich allerdings bei dem Vergleich der Notenvergabe in sechs Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt) nur schwerlich ein Länder-Trend ausmachen. Zum Teil erhebliche Diskrepanzen zwischen erzielter PISA-Leistung und der Note gibt es selbst innerhalb der Schulformen und quer durch alle Bundesländer.

Die PISA-Auswertung bestätigt damit frühere Untersuchungen, nach denen Zensuren auch in Mathematik ein subjektives Lehrerurteil darstellen, abhängig vom allgemeinen Durchschnittsniveau der Klasse und der Schule und oft stark beeinflusst von der sozialen Herkunft des Schülers.

Die PISA-Analyse ergibt zugleich: An den baden-württembergischen und bayerischen Haupt- wie Realschulen findet sich eine nicht unerhebliche Schülerzahl, die auch gut ein Gymnasium besuchen könnte und dort zumindest mit dem unteren Leistungsniveau dieser Schulform mithalten würde.

Ein deutliches West-Ost-Gefälle fanden die Schulforscher bei der Bereitschaft der Schüler, soziale Verantwortung zu übernehmen. Die 15-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen, Bremen, Baden-Württemberg und Bayern zeigen die größte Neigung, sich gesellschaftlich zu engagieren. Die geringste Bereitschaft hierzu gibt es dagegen in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, und Thüringen.

Gymnasiasten fühlen sich unwohl

Für eine deutsche PISA-Sonderauswertung hatten die Kultusminister im Sommer 2000 rund 50.000 Schüler aus 1.246 Schulen testen und befragen lassen. In der Untersuchung, die am Donnerstag offiziell von den Kultusministern in Berlin vorgestellt werden soll, finden sich zahlreiche weitere Einzelheiten, so unter anderem auch Aussagen, wie sich zunehmende Schulverdrossenheit negativ auf die Leistungen niederschlägt. Betroffen davon ist vor allem das Gymnasium. In keiner anderen Schulform gab ein so hoher Schüleranteil an, sich unwohl zu fühlen.

In der internationalen Leistungswertung war Deutschland in dem zentralen Untersuchungsfeld "Lesekompetenz und Textverständnis" im Wettbewerb mit 31 OECD-Industriestaaten abgeschlagen auf dem 21. Platz gelandet. Unter den deutschen Bundesländern kam Bayern auf Platz 1, gefolgt von Baden-Württemberg, Sachsen und Rheinland-Pfalz. Auf den letzen beiden Plätzen lagen Sachsen-Anhalt und Bremen.

Schulen müssen rechtzeitig Fördermaßnahmen einleiten

Die Tageszeitung "Die Welt" berichtet in ihrer heutigen Ausgabe unterdessen unter Berufung auf die Studie, dass sich bereits ein geringer Anteil von Ausländerkindern an der Schule drastisch auf das Bildungsniveau der gesamten Schülerschaft auswirke. Allerdings sei ein geringer Anteil von Ausländerkindern an Schulen gleichwohl kein Garant für zwangsläufig hohe Leistungen. Die PISA-Wissenschaftler folgerten aus der Untersuchung, dass Schulen offenbar erst gezielte Fördermaßnahmen für die Ausländerkinder einleiteten, wenn eine «kritische Schwelle» erreicht sei.

In Bayern und Baden-Württemberg erzielten Ausländerkinder im nationalen Vergleich relativ hohe Leistungen, während sie in Bremen und Schleswig-Holstein auf vergleichsweise niedrigem Niveau liegen, schreibt das Blatt. In Bremen ist der Anteil von wenig vorgebildeten Spätaussiedlern und Asylanten besonders hoch.

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