WM-Tourismus Sehnsucht nach Fußball-Fans

Runter von der Couch und rein in die Kneipe - mit Großleinwänden, speziellen WM-Menus oder Lunchpaketen für Stadienbesucher wollen Deutschlands Gastwirte während der WM Fußballfans locken.

Mehr als zwei Monate vor Beginn der Spiele am 9. Juni rüstet sich die Branche für das Großereignis des Jahres: Viele Biergärten, Bars und Restaurants werden sich zur WM in kleine Ministadien verwandeln. Auch Hotels und Pensionen werben mit speziellem Service. Mit bis zu 5,5 Millionen Übernachtungen rechnet die Deutsche Zentrale für Tourismus zu der weltgrößten Sportveranstaltung. Die Besucher werden während dieser vier Wochen schätzungsweise zwischen 600 und 800 Millionen Euro ausgeben. Rund drei Millionen Besucher werden zu den 64 WM-Spielen in den zwölf Stadien erwartet, darunter etwa eine Million Gäste aus dem Ausland. Zudem wird die WM mindestens weitere 400.000 Besucher anlocken, die nicht zu den Spielen gehen.

Gaststättenverband erwartet 500 Millionen Euro Umsatz

"Wir erhoffen uns einen wichtigen Impuls", heißt es beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA). Das Umsatzpotenzial wird auf mindestens 500 Millionen Euro geschätzt. Relevante Zielgruppe seien die ausländischen Gäste. Die Gastronomie setzt besonders auf die Fußballfans, die keine Tickets für die Spiele bekommen haben. Die "Ständige Vertretung" in Berlin-Mitte will ihren Gästen vor allem Currywurst und Haxe servieren. Die Spiele, die auf großen Leinwänden verfolgt werden können, will Kneipenwirt Friedel Drautzburg von Vertretern der jeweiligen Länder kommentieren lassen. In Regensburg hat ein Gastronom die riesige städtische Eissporthalle angemietet und ganz auf "Fußball umvermarktet".

"Mit 5000 anderen Leuten im Biergarten ein Fußballspiel zu verfolgen, ist schon ein besonderes Erlebnis", ist sich Frank John vom bayerischen Hotel- und Gaststättenverband sicher. Im Land der Lederhosen und Dirndl setze die Branche mehr auf die mediale Wirkung der WM. Der Übernachtungseffekt werde eher ein Nullsummenspiel bringen, da im Vorfeld viele Tagungsgäste abgesagt haben. "Wenn wir aber von den weltweit erwarteten drei Milliarden Fernsehzuschauern nur ein Prozent abbekommen, wäre das super", sagt John.

Köln wird brasilianisch

In Köln freut man sich vor allem auf die brasilianischen Fans. Deren Mannschaft bezieht vom Achtelfinale an ihr Hauptquartier im benachbarten Bergisch-Gladbach, am Überstehen der Vorrunde zweifelt hier keiner. "Die passen zu uns", heißt es in der Hochburg des deutschen Karnevals. In der Innenstadt wollen viele Gastwirte ihre Spezialitäten im brasilianischen Dekor servieren. Viele lassen mehrsprachige Speisekarten drucken.

Die Hotels trainieren schon seit Wochen ihre Mitarbeiter. Dabei geht es unter anderem um die sprachliche Schulung. Außerdem wird über die Ess- und Trinkgewohnheiten der jeweiligen Gastnationen informiert. Die Branchenverbände haben dazu diverse Schulungs- und Informationshandbücher herausgegeben. Ziel sei es, "dem Gast ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, wenn man ihn in seiner Landessprache begrüßt", sagt Tourismusexpertin Nicola Pattberg. Rund 1000 Hotels hätten sich der von der Branche initiierten Freundlichkeitskampagne verpflichtet.

Sogar WM-Quietscheenten gibt's

Das Hotel "Adlon" direkt am Brandenburger Tor in Berlin will spezielle WM-Cocktails kreieren und außerdem seine Restaurants länger öffnen. In einem Hotel in Neumünster können Fußballnarren schon jetzt in Zimmern übernachten, die bis ins Detail auf das Thema Fußball getrimmt sind. Das Bett schmückt eine Fußballfeld-Tagesdecke, die Wände sind grasgrün getüncht. Das Bad fungiert als "Umkleidekabine", der Schreibtisch wird zum "Strafraum" und das Bett zur "Abseitsfalle". Und wer mit der Übernachtung das "Premium-Paket WM Fußball-Korb III" bestellt, erhält auch ein Sixpack Bier und eine WM-Quietscheente.

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Maren Martell/DPA

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