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Staatsanwaltschaft ermittelt Milchhof in Bayern: Tierschützer decken auf, wie brutal Kühe gequält werden

Die Bilder, die die Organisation Soko Tierschutz dem ARD zugespielt hat, sind verstörend. Hier sieht man eine Kuh, die im "Krankenabteil" des Stalls vom Milchviehbetrieb Endres im Allgäu liegt. Seit eine Woche ringt sie mit ihrem Leben.
Die Bilder, die die Organisation Soko Tierschutz dem ARD zugespielt hat, sind verstörend. Hier sieht man eine Kuh, die im "Krankenabteil" des Stalls vom Milchviehbetrieb Endres im Allgäu liegt. Seit eine Woche ringt sie mit ihrem Leben.
© Screenshot Report Mainz/ARD
Verrohung, Ignoranz und Gesetzlosigkeit: Gemeinsame Recherchen von "SZ", "Fakt" und "Report Mainz" haben aufgedeckt, wie brutal Tiere in einem der größten deutschen Milchviehbetriebe gequält werden.

Kühe vegetieren mit offenen Knochenbrüchen vor sich hin, sie liegen in ihrem eigenen Kot. Auf dem Milchviehbetrieb Endres in Bad Grönenbach im Allgäu fügt das Personal den Kühen immer wieder Schmerzen zu. Die Kühe werden getreten und geschlagen. Immer wieder werden Kühe kreuz und quer durch die Halle gezerrt. Lebendig, versteht sich. Tierschützer sind entsetzt: Solche Dimensionen kannten sie bislang nicht. Es handele sich um eine systematische Tierquälerei.

Die Tierrechtsgruppe Soko Tierschutz hat dem ARD-Politikmagazin Report Mainz die Videoaufnahmen übergeben. Gemeinsam mit der "Süddeutschen Zeitung" und "Fakt" wurde der Skandal um den Milchviehbetrieb aufgedeckt. "Das Material zeigt, wie eine Mischung aus Verrohung, Ignoranz und absoluter Gesetzlosigkeit zur schlimmsten Quälerei für das Produkt Milch führt", sagt ein Sprecher der Soko Tierschutz.

Das Besondere an den Bildern? Über Tage lassen sich Misshandlungen von Kühen nachvollziehen. Zum Beispiel bei der Kuh mit der Ohrmarke 38540. Männer versuchen sie mit Gewalt in einen Transporter zu verfrachten, stechen mit einem Gegenstand auf sie ein. Sie liegt dann eine Woche im "Krankenabteil" des Stalls im Sterben.

Betrieb lehnt Stellungnahme ab

Zudem würden Kühe stundenlang an Kopfverletzungen von Bolzenschüssen verenden, anstatt durch Ausbluten nach Betäubung. Der Familienbetrieb mit insgesamt 1800 Milchkühen soll dem Tierrechtsverein zufolge bereits seit Jahren gegen Tierschutzvorschriften verstoßen. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen lehnte der Betrieb zunächst ab. Vor der Kamera wollen sich die Verantwortlichen auch nicht äußern.

Die Staatsanwaltschaft Memmingen bestätigte am Dienstag die Aufnahme von Ermittlungen. Sie prüft die Echtheit von Aufnahmen eines Tierrechtsvereins. Das Landratsamt Unterallgäu teilte mit, dass der Milchviehbetrieb Endres in den vergangenen Jahren regelmäßig kontrolliert worden sei. Dabei seien tierschutzrechtliche Verstöße "im gering- bis mittelgradigen Bereich" festgestellt worden. Die Mängel seien vom Betrieb immer beseitigt worden, deswegen habe es keine Bußgelder oder Strafanzeigen gegeben.

Geschäftspartner kündigen Zusammenarbeit

Politiker sind entsetzt über die Tierquälereien. Die SPD-Landtagsfraktion fordert eine sofortige Aufklärung vom bayerischen Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber. Die Bilder seien verstörend und würden dem ganzen Berufsstand der Landwirte schaden. Für Paul Knoblach, Sprecher der Landtags-Grünen, seien die Skandale in bayerischen Lebensmittel- oder Agrarbetrieben so erwartbar wie "das nächste Sommergewitter". Die staatliche Kontrollbehörde sei seiner Meinung nach kein lernendes System, sondern stolpere von Skandal zu Skandal. Christoph Skutella, Sprecher der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag, betonte, Tierquälerei sei ein Schlag ins Gesicht aller Landwirte, die ihre Tiere korrekt halten: "Wie wir mit Tieren umgehen, zeigt, was für Menschen wir sind." Die Allgäuer Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl von den Linken fordert, sollte sich der Verdacht bestätigen, dass der Landwirt zur Verantwortung gezogen und ein dauerhaftes Tierhaltungsverbot ausgesprochen werden muss.

Inzwischen haben auch erste Geschäftspartner des Milchbetriebs reagiert. Die Kemptener Käserei Champignon hat die Zusammenarbeit mit dem Allgäuer Milchlieferanten beendet. In einer Stellungnahme des Unternehmens heißt es: "Wie im Vorfeld angekündigt, haben wir den Fall intensiv geprüft. Die gelieferte Milch des betreffenden Milchviehhofes war und ist von einwandfreier Qualität, dennoch wird die Käserei Champignon, aus ethischen und moralischen Gründen, ab sofort keine Milch mehr von diesem Hof annehmen und verarbeiten."

Den ganzen Beitrag können Sie hier in der ARD-Mediathek sehen.

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