Als der Video-Call startet, hört Federica Boffa Pio nicht mehr auf zu reden. Die 25-Jährige brennt für das, was sie tut. Sie macht Wein. Und zwar nicht irgendeinen Wein, sondern einen der berühmtesten Italiens: Barolo. In Alba, im Piemont, nicht weit weg von Turin, führt sie das Weingut Pio Cesare in der 5. Generation an.
"Es ist meiner Großmutter zu verdanken, dass das Weingut heute noch in Familienhand ist", sagt Federica Boffa Pio im Video-Gespräch. "Sie war Einzelkind und die Enkelin des Gründers des Weinguts. Als sich mein Großvater in sie verliebte, wollten sie eigentlich nach Mailand ziehen und das Weingut verkaufen". Damals war die Region sehr arm, aber der Großvater sah das Potential im Weingut. Heute zählt Pio Cesare zu den renommiertesten Weingütern Italiens – und Federica Boffa Pio repräsentiert eine neue Generation, die das Weingut in die Zukunft führen möchte.

Barolo und Barbaresco, die Bestseller Italiens
"Wir haben heute viele Probleme, was den Klimawandel angeht. Das Jahr 2022 beispielsweise war viel zu heiß", sagt die Italienerin. Die Ernte mussten sie bereits Mitte August einfahren, so früh, wie nie zu vor. Die höchsten Weinberge liegen auf 400 Metern, das ist hoch für die Region. Hier experimentiert Pio mit neuen Reben, auch um den Klimawandel zu trotzen. Barolo könnte also auch dort oben entstehen, wenn der Klimawandel in tieferen Lagen keinen Weinbau mehr zulassen sollte: "Das größte Problem ist der Wassermangel. In manchen Jahren haben wir wirklich Angst, keine Trauben ernten zu können", sagt Federica Boffa Pio. "Leider erlaubt das Consortium Barolo und Barbaresco bislang keine Bewässerung, was unfassbar ist, weil das Klima von heute einfach nicht mehr mit dem Klima von vor 20 Jahren vergleichbar ist."
Das Weingut Pio Cesare ist vor allem für seine Barolos berühmt, die nur aus der Rebsorte Nebbiolo gekeltert werden dürfen. "Unsere Weine sind eine ehrliche Repräsentation unserer Region", sagt Federica Boffa Pio. Seit 140 Jahren folgt die Familie Pio der gleichen Philosophie: Sie kombinieren verschiedene Terroirs und Mikroklimata um den besten Barolo in ihrem Familienstil zu produzieren. Bis heute hat sich der Wein kaum verändert: 80 Hektar umfasst das Weingut, sie produzieren 400.000 Flaschen im Jahr. Für die Größe ist das wenig, wenn man bedenkt, dass Pio Cesare 15 verschiedene Weine produziert. Die Einzelproduktion konzentriert sich auf einen geringen Ertrag, um eine hohe Qualität zu erzielen. Nur die besten Trauben werden verarbeitet.
Junge Weinlinie

Neben Barolo und Barbaresco gibt's bei Pio Cesare auch einen sehr charakteristischen Weißwein für die Region: Gavi. Seit den 1980er Jahren produziert das Weingut auch Chardonnay, der kräftig und strukturstark, aber auch sehr frisch und elegant daherkommt. Aber auch Sauvignon Blanc und ein Cuvée aus beiden Rebsorten stehen in den Weinkellern, die eine eher junge Linie repräsentieren.
Der Bestseller von Pio Cesare bleibt aber der Barolo, der Klassische, von dem sie 60.000 Flaschen im Jahr produzieren und in 50 Länder exportieren. Der Jahrgang 2019 wurde eben erst abgefüllt, ein Blend aus Lagen von fünf verschiedenen Dörfern. Er vereint alles, was einen guten Barolo ausmacht: Dichte, Struktur und Tiefe. Er schmeckt saftig nach roten Kirschen und im Abgang nach Lakritze und rauchigen Noten. Ein Wein, den es zu bewahren gilt.