München Kardinal Marx feiert Queer-Gottesdienst und entschuldigt sich bei der Gemeinde

Kardinal Reinhard Marx hielt erstmals einen Queer-Gottesdienst ab
Kardinal Reinhard Marx hielt erstmals einen Queer-Gottesdienst ab
© Tobias Hase / DPA
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx feiert am Sonntag einen Gottesdienst mit der Queer-Gemeinde in der Münchner Kirche St. Paul. Seit 20 Jahren schon gibt es diese katholischen Messen für queere Menschen und ihre Freunde in München. Dass zum Jubiläum der Erzbischof den Gottesdienst feiert, ist eine Besonderheit.

Es dürfte ein nahezu historisches Ereignis sein an diesem Sonntag in der Münchner St.-Pauls-Kirche, an der im Abendrot die Regenbogenflagge weht. Der katholische Erzbischof von München und Freising ist gekommen, um zum 20-jährigen Bestehen der Queer-Gemeinde einen Gottesdienst zu feiern. "Auch ich hätte mir vor 20 Jahren, vielleicht auch vor 15 Jahren, nicht vorstellen können, mit Ihnen hier zu sein", sagt Marx. Er freue sich, dass sich das geändert hat, "dass wir nicht stehen bleiben".

Die katholische Kirche in Deutschland ringt schon seit Jahren um den Umgang mit homosexuellen, queeren Katholiken. Als der Vatikan im vergangenen Jahr ein kategorisches Nein zur Segnung homosexueller Partnerschaften aussprach, gab es zahlreiche Protestaktionen und Priester, die Paare ausdrücklich gegen das Verbot segneten.

Im Januar outeten sich Kirchenmitarbeiter:innen öffentlich

Im Januar dann outeten sich 125 queere Beschäftigte der Kirche und protestierten unter dem Motto #OutInChurch gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in dieser Woche kündigte ihr Vorsitzender, der Limburger Bischof Georg Bätzing, eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechtes an. In der katholischen Kirche kann es einen bislang den Job kosten, wenn man sich zum Beispiel zu einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekennt.

Vertreter der Initiative #OutInChurch übergaben den Bischöfen bei ihrer Vollversammlung eine Petition, die rund 118.000 Menschen unterzeichnet haben. Darin stehen sieben Kernforderungen, etwa Segensfeiern für queere Paare. Weiter heißt es: "Diffamierende und nicht zeitgemäße Aussagen der kirchlichen Lehre zu Geschlechtlichkeit und Sexualität müssen auf Grundlage theologischer und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse revidiert werden." Bätzing hatte betont, die Bischöfe müssten reagieren. "Da ist Druck im Kessel."

Kardinal Marx entschuldigt sich bei Queer-Gemeinde

Womöglich auch weil er das genau so gut weiß wie Bätzing, stellt der Münchner Kardinal und frühere DBK-Vorsitzende Marx sich nun vor die Queer-Gemeinde und sagt: "Sorry" – in Anlehnung an ein Interview, das er vor einigen Jahren in Irland zu dem Thema gegeben hatte. "Es ist eine Leidensgeschichte für viele Menschen", sagt er. Die Kirche habe vielen lesbischen und schwulen Menschen das Leben schwer gemacht. Er fordert, "dass man sehen muss, welche Verletzungen wir angerichtet haben".

Alle Beziehungen, die dem "Primat der Liebe" folgten, könnten "von Gott angenommen werden", betont Marx. "Und wir meinen, wir könnten dirigieren und genau bestimmen", wer wem sagen dürfe: "Ich liebe Dich." Er wünsche sich "eine inklusive Kirche, eine Kirche, die einschließt".

DPA