Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, wird nach dem Gutachten zum sexuellen Missbrauch in seinem Bistum nicht ein weiteres Mal Papst Franziskus seinen Rücktritt anbieten. "Ich bin bereit, auch weiterhin meinen Dienst zu tun, wenn das hilfreich ist", sagte Marx am Donnerstag vor Journalisten in München.
Marx schloss aber für die Zukunft ein neues Angebot des Amtsverzichts an den Papst nicht aus. "Ich klebe nicht an meinem Amt." Falls er selbst oder andere den Eindruck gewinnen sollten, er wäre für die weitere Aufarbeitung eher Hindernis als Hilfe, werde er sich kritisch hinterfragen. Allerdings wolle er das dann mit anderen besprechen – "in einer synodalen Kirche will ich das nicht mehr mit mir allein ausmachen".
Das Gutachten über jahrzehntelangen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen muss nach Meinung des Münchner Erzbischofs Reinhard Marx in den Reformprozess der katholischen Kirche einbezogen werden. "Für mich ist die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs Teil einer umfassenden Erneuerung und Reform, wie das der Synodale Weg aufgegriffen hat", sagte der Kardinal am Donnerstag. "Es gibt keine Zukunft des Christentums in unserem Land ohne eine erneuerte Kirche!"
Personelle Konsequenzen
Papst Franziskus hatte im vergangenen Jahr das Rücktrittsangebot von Marx abgelehnt und diesen mit der weiteren Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs betraut. Das vor einer Woche vorgestellte Missbrauchsgutachten zum Münchner Erzbistum hat aber laut Marx eine personelle Konsequenz. Prälat Lorenz Wolf, der durch das Gutachten belastet wurde, habe ihm mitgeteilt, dass er "alle seine Ämter und Aufgaben ruhen lassen will – damit bin ich einverstanden", sagte der Kardinal.
Damit zieht sich der Geistliche auch aus dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks zurück, dessen Vorsitzender Wolf zuletzt war. Es hatte wegen des Gutachtens bereits Rücktrittsforderungen an Wolf gegeben.
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller hat die Reaktion des Münchner Kardinals Reinhard Marx auf das vor einer Woche vorgestellte Missbrauchsgutachten zu seinem Bistum kritisiert. "Niemand übernimmt persönliche Verantwortung", sagte Schüller der Deutschen Presse-Agentur. "Das Erzbistum München-Freising geht in den normalen Verarbeitungsmodus über und macht auf business as usual." Verantwortung werde vergemeinschaftet und die Betroffenen und Gläubigen würden in Mithaftung genommen. Das Ganze werde "garniert mit Lyrik des Synodalen Weges", des derzeitigen Reformprozesses in der katholischen Kirche. "Mit einem Wort: enttäuschend", sagte Schüller.