Ehrung für Bürgermeisterin Brandbrief gegen Rechts: "Ist richtig, nicht zu schweigen"

Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) beriet im August mit Brandenburgs Innenminister René Wilke über das Er
Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) beriet im August mit Brandenburgs Innenminister René Wilke über das Erstarken des Rechtsextremismus. (Archivbild) Foto
© Frank Hammerschmidt/dpa
Von der "Nestbeschmutzerin" zur Preisträgerin: Sprembergs Bürgermeisterin hat eine Debatte über rechtsextreme Umtriebe entfacht. Sie und zwei Pfarrerinnen erfahren eine besondere Würdigung.

Sprembergs Bürgermeistern Christine Herntier hat eine nicht immer einfache Zeit erlebt, als sie im Sommer Probleme mit dem Rechtsextremismus in der Lausitz-Stadt in einem Brandbrief öffentlich machte. Rund vier Monate später erhalten sie und zwei lokale Initiativen einen bundesweiten Preis für Zivilcourage gegen Antisemitismus, Rechtsradikalismus und Rassismus. 

Ehrung für Herntier und Initiativen bei Charity-Dinner in Berlin

Die mit 2.000 Euro dotierte Auszeichnung verleiht der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas am Montag im Hotel Adlon in Berlin bei einem Charity-Dinner, zu dem auch Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) erwartet wird. Die geehrten Bürgerinitiativen "Unteilbar Spremberg" und "AG Spurensuche" werden vertreten durch die evangelischen Pfarrerinnen Elisabeth Schulze und Jette Förster. 

Bürgermeisterin: "Es ist richtig, nicht zu schweigen"

Sprembergs parteilose Bürgermeisterin sieht die Auszeichnung als wichtigen Rückenwind für das Engagement gegen rechtsextremistische Strukturen. "Es ist eine große Bestätigung, dass es richtig ist, nicht zu schweigen, sich nicht zu verstecken und nicht nur darauf zu hoffen, dass es schon keiner bemerkt", sagte Herntier der Deutsche Presse-Agentur wenig Tage vor der Preisverleihung. 

Mit einem öffentlichen Brief an die knapp 22.000 Einwohner Sprembergs erregte sie im Sommer bundesweite Aufmerksamkeit. Herntier hatte dazu aufgerufen, Straftaten wie verfassungsfeindliche Symbole und Volksverhetzung nicht hinzunehmen, gemeinsam dagegen vorzugehen und ein Bekenntnis dagegen abzugeben. Sie beklagte, dass sich das Gedankengut der rechtsextremen Szene in der Stadt zunehmend bemerkbar mache. 

Kritiker beschimpften Herntier als "Nestbeschmutzerin" und warfen ihr vor, sie schade dem Ansehen der Stadt. Andere bezeichneten ihr Vorgehen als mutig.

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Herntier: Müssen Kinder und Jugendliche schützen

Sie habe viel mehr Freunde und Unterstützer gewonnen, als sie verloren habe. "Da muss ich ganz richtig gelegen haben", meinte Herntier, die sich nicht einschüchtern lässt. Die Rathauschefin betonte, sie bekomme aus ganz Deutschland und dem Ausland Zuspruch. Das Problem extremistischer Einflussnahme sei flächendeckend vorhanden.

Ein großer Irrtum sei es, zu glauben, solche Strukturen würden von alleine verschwinden, meinte Herntier. Wichtig sei es jetzt, die breite Unterstützung auch aus der Bevölkerung zu nutzen, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. "Sie dürfen nicht instrumentalisiert oder missbraucht werden." 

Rechtsextremisten versuchen unter anderem mit Sportangeboten, Ausflügen und Lagerfeuer, Jugendliche zu gewinnen.

Prävention an Schulen, Dialog mit Bürgern und Videokameras

In Spremberg sind neue Gesprächsformate für Bürger gestartet worden, etwa mit dem Titel "Sprechen und Zuhören". Zudem entsteht laut Herntier erstmals seit 2013 eine neue Sozialraumanalyse, um Problembereiche aufzuzeigen. Die Stadt setzt auf verstärkte Aufklärungsarbeit an Schulen. Das Innenministerium will zudem mehr Videoüberwachung ermöglichen. Dies hatte Herntier bereits im Sommer gefordert und sich mit Innenminister René Wilke (SPD) bei dessen Besuch vor Ort ausgetauscht.

dpa