Nach jahrelanger Vorbereitung legt die Berliner Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" ihren eigenen Gesetzentwurf zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne vor. Dieses Gesetz solle nun im Rahmen eines Volksentscheids in den nächsten beiden Jahren beschlossen werden, kündigten Vertreter der Initiative an - genau vier Jahre nachdem am 26. September 2021 der erste Volksentscheid zur Enteignung mit rund 59 Prozent der abgegebenen Stimmen im Land Berlin angenommen worden war.
Damals wurde der Berliner Senat durch den erfolgreichen Volksentscheid mit der Umsetzung beauftragt, einen eigenen Gesetzentwurf legte die Initiative nicht vor. "Der Senat hat diesen Auftrag nicht erfüllt und den Willen der Bevölkerung bewusst ignoriert", sagte Isabella Rogner von der Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen".
Neuer Volksentscheid für 2027 angestrebt
Indem man jetzt einen seriösen und juristisch gründlich ausgearbeiteten eigenen Gesetzentwurf vorlege, sei die Situation eine ganz andere. Nun könne man gegen die "kriminellen Machenschaften der Konzerne" vorgehen. Die Abstimmung in der letzten Stufe des Volksentscheids werde aber nicht vor 2027 erfolgen.
Etwa 220.000 Mietwohnungen großer Immobilienfirmen sollen so in den Besitz des Landes Berlin übernommen werden. Insgesamt gibt es in Berlin etwa 1,7 Millionen Wohnungen, der Gesetzentwurf betrifft davon 13 Prozent. Die Konzerne dürften aus ihrem Bestand jeweils 3.000 Wohnungen behalten, alle anderen sollen in eine dafür gegründete Anstalt öffentlichen Rechts des Landes Berlin überführt werden.
Als Entschädigung erhalten die Konzerne laut dem Gesetzentwurf etwa 40 bis 60 Prozent des heutigen Werts der Wohnungen. Die Summe soll sich am Wert von 2013 orientieren, bevor die Immobilienpreise so hochschossen.
8 bis 18 Milliarden Euro werden dafür von der Initiative einkalkuliert, das sind 36.000 bis 82.000 Euro pro Wohnung. Bezahlt werden solle das ohne Milliardenkredite des Landes über sogenannte Schuldverschreibungen. Deren Abzahlung solle inklusive Verzinsung über einen Zeitraum von 100 Jahren durch die Mieteinnahmen erfolgen.
Initiative rechnet mit Gerichtsprozessen durch Politik und Konzerne

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Für die Wohnungen, die dann Landeseigentum seien, werde es keine Mieterhöhungen mehr geben, das wirke sich auch positiv auf den Mietspiegel der gesamten Stadt aus, hieß es.
Die Initiative rechnet mit juristischer Gegenwehr vom Senat und den Immobilienkonzernen. Das könne vom Senat über den Berliner Verfassungsgerichtshof erfolgen und bis zum Bundesverfassungsgericht führen. Die Immobilienkonzerne könnten auch bei Zivilgerichten auf höhere Entschädigungen klagen. Solche Prozesse könnten auch nach einem erfolgreichen Volksentscheid länger dauern.
Eine von der Initiative beauftragte Anwaltskanzlei äußerte sich zuversichtlich. Es gebe von damals positive Ergebnisse einer Expertenkommission aus Verfassungsrechtlern zu dem Thema. Man beziehe sich weiterhin auf Artikel 15 des Grundgesetzes, nach dem bestimmte Güter zum Wohle der Allgemeinheit in Gemeinwirtschaft überführt werden können.
CDU und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, selbst ein Gesetz zur sogenannten Vergesellschaftung vorzulegen. Ein erster Entwurf der SPD dazu wurde von der Initiative als nicht weitreichend genug abgelehnt.
Die FDP demonstrierte parallel zu der Pressekonferenz der Initiative und forderte mit dem Slogan "Bauen statt Klauen" weniger Vorschriften für die Bauwirtschaft und mehr neue Wohnungen.