Mit breiter Mehrheit hat Schleswig-Holsteins Landtag den Weg für eine verfassungsrechtliche Überprüfung der AfD aufgezeigt. Mit den Stimmen von CDU, Grünen, SPD und SSW bat das Parlament die Landesregierung, ein gestaffeltes Verfahren vorzubereiten – nur die FDP beteiligte sich nicht. Die AfD ist im Parlament nicht mehr vertreten. Sie scheiterte bei der Wahl 2022 mit 4,4 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.
Nach dem Willen der Fraktionen soll zunächst abgewartet werden, ob das Verwaltungsgericht Köln den Eilantrag der AfD gegen ihre Einstufung als gesichert rechtsextrem ablehnt. Falls dies der Fall ist, solle unter Federführung des Bundes eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt werden, um Belege für ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu sammeln. Führt dies zu einem belastbaren Ergebnis, solle sich die Landesregierung auf Bundesebene für ein AfD-Verbotsverfahren einsetzen.
Politische Bewertung
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli betonte, die AfD vertrete ein Menschenbild, das Menschen anhand ihrer Herkunft, ihrer Migrationsgeschichte oder ihrer Eltern diskriminiere und als nicht dazugehörig definiere, die man durch Remigration möglichst schnell wieder loswerden möchte. "Wenn das keine Spaltung der Menschen unserer Gesellschaft und kein Angriff auf die Menschenwürde ist, was ist es dann?"
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter mahnte eine gute Vorbereitung eines möglichen Verbotsverfahrens auf Bundesebene an. Denn: "Gegen Rechtsextremisten hat man vor Gericht zu gewinnen." Sein SSW-Kollege Christian Dirschauer nannte die AfD eine "Partei von Menschenfeinden".
FDP-Fraktionschef Christopher Vogt betonte, bei der politischen Bewertung der AfD bestehe weitgehende Einigkeit. Er verstehe den politischen Impuls und auch die Ungeduld. "Der bisherige Umgang mit der AfD hat erkennbar nicht dazu geführt, dass die AfD schwächer wird." Falls die Einstufung der gesamten AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz Bestand haben werde, könne die Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln genauer überwacht werden. Diese Mittel könne in einem Rechtsstaat aus guten Gründen nur ein Nachrichtendienst einsetzen und keine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

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Innenministerin: AfD nicht nur rechtlich entgegentreten, sondern auch politisch
Für Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) zeigen die bisherigen Entscheidungen, dass der Rechtsstaat funktioniere. "Es sind keine Werkzeuge der Macht, sondern Schutzmechanismen." Die Voraussetzungen für ein Parteiverbotsverfahren seien zu recht hoch. Aber: "Wir sehen eine Zunahme extremistischer Tendenzen." Das dürfe nicht ignoriert werden.
"Wir müssen der AfD nicht nur rechtlich entgegentreten, sondern auch politisch, durch Glaubwürdigkeit, durch Lösungen, durch eine Politik, die dem Menschen dient", sagte die Ministerin. "Ich bin überzeugt, so bekämpft man Extremismus am wirksamsten. Nicht mit Mut, nicht mit Wut, sondern mit Haltung, nicht mit Parolen, sondern mit Arbeit, nicht mit Abgrenzung, sondern mit Überzeugungskraft."
In dem Landtagsantrag heißt es: "Der Landtag stellt fest, dass die Partei Alternative für Deutschland (AfD) Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist und mehrere Landesverbände schon als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden sind. Zuletzt hat auch das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Aufgrund der dagegen gerichteten Klage ist diese Einstufung derzeit im Rahmen eines Stillhalteabkommens ausgesetzt."