Sie stürzen, werden beim Abbiegen von Autos oder Lastern übersehen oder von einem Bus erfasst: Immer wieder sind auch Kinder auf dem Rad betroffen. Für Radfahrer kann es im Verkehr oftmals gefährlich werden. Alleine 2024 verunglückten 4.070 Menschen in Hessen mit einem Rad, E-Bike oder Pedelec, 21 wurden dabei getötet.
Die Fahrradfahrerinnen und -fahrer machen 16 Prozent aller im Straßenverkehr verunglückten Menschen aus. In Darmstadt zeigten Experten jetzt Möglichkeiten auf, wie das Radfahren sicherer werden kann.
Wie kann man die Sicherheit verbessern?
"Die Verkehrssicherheit lässt sich durch zwei einfache Stellschrauben erhöhen", sagte der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Hessen, Ansgar Hegerfeld, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Auf der einen Seite sei dies der Ausbau einer baulich getrennten Radinfrastruktur, die Fehler verzeihen und Konflikte vermeiden kann. "Da aber auch die besten Radwege nichts bringen, wenn Menschen zum Beispiel mit Autos verbotenerweise darauf parken, brauchen wir auch gleichzeitig deutlich mehr Polizeikontrollen." Sehr viele Unfälle würden sich vermeiden lassen, wenn die Polizei konsequent gegen zu schnelles Fahren, Handynutzung am Steuer, Falschparken oder auch zu geringe Überholabstände vorgehen würde.
"Eine flächendeckende Überwachung ist nicht möglich", sagte Polizeioberrat Michael Beitz vom hessischen Innenministerium bei dem Symposium zur Verkehrssicherheit an der Hochschule in Darmstadt. Der Verkehr nehme zu, der Straßenraum nicht. "Wir haben immer mehr Fahrradfahrende, Fußgänger, E-Scooter." Alle hätten das Recht gesund ans Ziel zu kommen. Für mehr Sicherheit können nach den Worten von Andrea Kulpe-Winkler vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat unter anderem baulich getrennte Radwege oder auch Tempo-30-Zonen dienen. Und: "Eine bewusste Entscheidung gegen die Dominanz des motorisierten Individualverkehrs."
Was ist die Vision?
Nach den Worten der Experten ist es das Ziel, 40 Prozent weniger Verkehrstote bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2021 und bis zur Mitte des Jahrhunderts gar keine Verkehrstoten mehr zu haben. "Wir haben damit ein sehr ambitioniertes Ziel", sagte Beitz. Aber: 1970 habe es noch das Sieben- bis Achtfache an Verkehrstoten gegeben. Seither habe es viel technische Innovation gegeben wie die Gurtpflicht, Airbags und man stehe vor weiteren Innovationen wie dem autonomen Fahren.

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Zudem soll genauer hingeschaut werden. "Wir sanieren Straßen, investieren Millionen und nachher ist alles wie vorher", bemängelte Professor Jürgen Follmann von der Hochschule. Bei Sanierungen sollte genau hingesehen werden, was vielleicht verbessert werden kann.
Wie groß ist das Radwegenetz landesweit?
Im Radroutenplaner Hessen sind dem Verkehrsministerium zufolge rund 25.000 Kilometer Wirtschaftswege, Radwege oder Fahrradstraßen dargestellt. Der Löwenanteil dieser Infrastruktur liege in den Kommunen. Entlang von Landstraßen in der Verantwortung des Landes seien es rund 830 Kilometer. Hinzu kämen Wege, die vom Land ausgebaut wurden. Für die Radwege entlang der Landstraßen seien im Landeshaushalt für dieses Jahr 17 Millionen Euro bereitgestellt und damit rund zehn Prozent der für Straßenbau vorgesehenen Investitionen.
Zudem unterstützt das Land die Kommunen bei der Planung und beim Ausbau ihrer Infrastruktur. "Dafür stehen trotz der schwierigen Haushaltslage auch 2025 rund 23,5 Millionen Euro aus Mitteln des Landes sowie 12,1 Millionen Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung", teilte das Ministerium mit. "Langfristiges Ziel ist die Schaffung eines durchgängigen und sicheren Radnetzes in Hessen gemeinsam durch Bund, Land und Kommunen."
Wie soll das umfassendere Radwegenetz kommen?
In Hessen haben ADFC-Landeschef Hegerfeld zufolge 88 Prozent der Landesstraßen keinen begleitenden Radweg und auch der Neubau geht nur sehr langsam voran. "Wir fordern daher, dass die Planungszeiten auf unter drei Jahre verkürzt werden." Dazu sollten langwierige Planfeststellungsverfahren nur noch in Ausnahmefällen genutzt und auch Umweltverträglichkeitsprüfungen nur noch bei Planungen in Schutzgebieten durchgeführt werden. Außerdem soll der Radwegebau gegenüber anderen Belangen priorisiert werden, da Radwege die Verkehrssicherheit erhöhen und dem Klimaschutz dienen.
Nehmen Konflikte zwischen Auto- und Radfahrern zu?
Ja, glaubt der ADFC. Nach Beobachtung gebe es auf hessischen Straßen ein zunehmendes Aggressionspotenzial. "Wir bekommen viele und auch zunehmend Beschwerden wegen verbalen und körperlichen Übergriffen durch Autofahrerinnen und Autofahrern", sagte Hegerfeld.
"Leider werden die angezeigten und immer häufiger auch mit Kameras dokumentierten Straftaten in aller Regel nicht verfolgt, weil laut der Staatsanwaltschaft "kein öffentliches Interesse" an einer Strafverfolgung bestehen würde." Der ADFC spreche inzwischen von "motorisierter Gewalt" als Sammelbegriff, da sich die Angriffe, bei denen Autos als Waffe zum Ausbremsen, Abdrängen, Rammen oder absichtlich zu engem Überholen genutzt werden, häufen.