Es sind bekannte Szenerien in hessischen Städten: Häuser mit teils einer Vielzahl an Wohnungen stehen jahrelang leer. Die oft verwahrlosten Gebäude geben kein schönes Bild ab. Zudem herrscht vielerorts Wohnungsnot – der Wohnraum würde dringend benötigt. Die Gründe für einen Leerstand können vielfältig sein. Dem spekulativen Leerstand hat Hessen nun einen gesetzlichen Riegel vorgeschoben: Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt bekommen neue rechtliche Möglichkeiten. Die Meinungen über die neuen Vorgaben gehen auseinander.
Warum hat Minister Mansoori ein solches Gesetz initiiert?
"Wir wollen, dass Wohnungen, die leer stehen, schneller wieder mobilisiert werden können – für Familien, für Menschen, die händeringend nach einer Wohnung suchen", sagte Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD). Zuvor war das Gesetz mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und SPD im Landtag in Wiesbaden verabschiedet worden. In den allermeisten Bundesländern gebe es bereits Gesetze gegen spekulativen Leerstand, sagte Mansoori.
Wie viele Wohnungen in Hessen stehen leer?
Im Gesetzentwurf wird auf Zensus-Daten aus dem Jahr 2022 verwiesen, wonach mehr als 122.000 Wohnungen in Hessen leer standen – gut die Hälfte davon länger als ein Jahr. Nach Daten aus dem Zensus gab es in Frankfurt fast 13.000 leerstehende Wohnungen, in Wiesbaden standen nahezu 5.000 Wohnungen leer und in Darmstadt mehr als 3.000 Wohnungen.
Was sieht die neue Regelung konkret vor?
Wer Wohnraum dem Markt bewusst entziehe, muss künftig mit Konsequenzen rechnen, sprich mit einem Bußgeld. "Das Leerstandsgesetz richtet sich an Kommunen, wo der Wohnungsmarkt besonders angespannt ist", betonte Mansoori. Das seien aktuell etwa 50 Städte und Gemeinden in Hessen. Diese Kommunen können künftig Satzungen erlassen, wonach der Leerstand grundsätzlich auf maximal sechs Monate begrenzt wird.
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Eigentümer können Ausnahmen beantragen, etwa bei laufenden Sanierungen, Erbstreitigkeiten oder einem "besonderen räumlichen Näheverhältnis" wie einer Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus. Leerstände von mehr als einem halben Jahr müssen künftig genehmigt werden, es gibt Kontrollen. Es gibt für die Kommunen aber keine Pflicht, eine Leerstandssatzung zu erlassen.
Welche Wirkung erwartet Minister Mansoori von dem Gesetz?
Es werde vermutlich ein paar Monate dauern, bis die ersten Städte eine Leerstandsatzung einführen, sagte der Minister. "Am Ende ist es auch nicht die eierlegende Wollmilchsau", es sei ein Element von mehreren für bezahlbaren Wohnraum. Mansoori verwies auf München, wo über ein solches Gesetz mehrere Hundert Wohnungen pro Jahr mobilisiert würden. Müssten diese Wohnungen gebaut werden, dann bedeutete dies Millioneninvestitionen, argumentierte der Wirtschaftsminister.
Wie sieht die Landtagsopposition das Gesetz?
FDP-Fraktionschef Stefan Naas sprach von "einem der schädlichsten Gesetze" dieser Legislaturperiode. Minister Mansoori habe ein "Konjunkturprogramm für Bürokratie und Denunziantentum" vorgelegt. Dem Wohnungsmarkt sei mit dem Gesetz nicht geholfen. "Durch das Leerstandsgesetz entsteht keine einzige neue Wohnung. Stattdessen greift der Staat tief ins Eigentum ein", sagte Naas.
Die Grünen-Abgeordnete Mirjam Glanz bezeichnete es als richtig, gegen spekulativen Leerstand vorzugehen. Das Gesetz sei allerdings ein "fauler Kompromiss". Die AfD-Parlamentarierin Anna Nguyen erklärte, die Leerstandsquoten lägen auf einem niedrigen Niveau und im Rahmen der Marktfluktuation. Investoren würden abgeschreckt.
Wie beurteilt die Stadt Frankfurt das neue Gesetz?
Die Stadt Frankfurt am Main begrüßt nach eigenen Angaben die Einführung eines Gesetzes gegen den spekulativen Leerstand von Wohnraum. Von den laut Zensus knapp 13.000 leerstehenden Wohnungen in der Stadt handele es sich bei mehr als der Hälfte um sogenannten "marktaktiven Leerstand", also normale Fluktuation. Die Wohnungen seien innerhalb weniger Monate wieder beziehbar. Das Gesetz beziehe sich also auf die restlichen rund 40 Prozent des Leerstandes.
Das Amt für Wohnungswesen arbeitet derzeit an einer kommunalen Satzung zum spekulativen Leerstand. Diese soll im kommenden Jahr den Stadtverordneten zur Entscheidung vorgelegt werden.