Verfassungsschutzreform NRW verabschiedet Verfassungsschutz-Novelle: mehr Sicherheit

Das alte Verfassungsschutzgesetz des Landes hält den neuen Bedrohungslagen nicht stand - jetzt hat der Landtag in Nordrhein-West
Das alte Verfassungsschutzgesetz des Landes hält den neuen Bedrohungslagen nicht stand - jetzt hat der Landtag in Nordrhein-Westfalen eine modernisierte Fassung verabschiedet. Foto
© Rolf Vennenbernd/dpa
Die Sicherheitsbehörden sehen sich bei der Beobachtung krimineller Verfassungsfeinde nicht mehr auf Augenhöhe. Ein neues Gesetz mit erweiterten Befugnissen soll das ändern.

Mit den Stimmen der schwarz-grünen Regierungsfraktionen hat der Landtag das Verfassungsschutzgesetz für Nordrhein-Westfalen modernisiert. Erweiterte Befugnisse sollen die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, die heutigen Kommunikationswege krimineller Verfassungsfeinde besser zu kontrollieren. 

Die gegen die Stimmen von SPD, FDP und AfD verabschiedete Novelle, die nächstes Jahr in Kraft treten soll, trägt nach Überzeugung von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) aktuellen Bedrohungslagen Rechnung. Schließlich habe es bei der Entstehung der ursprünglichen Fassung vor gut 30 Jahren weder soziale Medien noch Google, Smartphones oder DVDs gegeben, rief er in Erinnerung. 

Opposition: Ist das neue Verfassungsrecht verfassungsgemäß?

Aus Sicht der Opposition hat die Regierung handwerkliche Mängel und Zweifel, die Sachverständige an der Verfassungsfestigkeit der Novelle geäußert hätten, nicht beseitigt. Die AfD sprach von einem "Freibrief für staatliche Eingriffe". Die FDP kündigte an, juristische Schritte zu prüfen.

Reul entgegnete: "Kein Sachverständiger hat geäußert, dass der Gesetzentwurf offensichtlich verfassungswidrig oder unverhältnismäßig sei." Vieles sei ausdrücklich gelobt worden - etwa der explizite Katalog nachrichtendienstlicher Mittel. 

Mit der Reform des alten Gesetzes reagiert der Landtag auch auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Details 

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?

Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.

Zu den Neuerungen zählt die Einführung einer Befugnis zur Wohnraumüberwachung.Der Verfassungsschutz darf künftig in Einzelfällen auf Daten aus der Videoüberwachung des öffentlichen Raums zugreifen. Dieser "Echtzeit-Zugriff" auf alle Videokameras im öffentlichen Raum - auch auf private - geht aus Sicht der Opposition zu weit. Die SPD-Abgeordnete Christina Kampmann warnte vor einem Überwachungsstaat. Reul hielt dagegen, das SPD-geführte Rheinland-Pfalz habe gerade eine fast wortgleiche Regelung ins Verfassungsschutzgesetz aufgenommen habe und mehrere andere Länder hätten Ähnliches planten.Mit einer Befugnis zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung soll auf die Nutzung verschlüsselter Kommunikation über Messenger-Dienste reagiert werden. Da sei die Verfassungsschutzbehörde bisher blind, hatte Reul im Vorfeld die Reform-Notwendigkeit begründet.Neu für den Verfassungsschutz ist auch die Befugnis zur Funkzellenabfrage in Mobilfunknetzen. Auf diese Weise sollen Netzwerke von Extremisten und Terroristen besser aufgedeckt werden. Bei einer Funkzellenabfrage fordern die Behörden von einem Mobilfunkanbieter die Daten aller Geräte an, die sich in einem bestimmten Zeitraum und Gebiet mit einem Mobilfunkmast verbunden haben.Auch im Verfassungsschutzgesetz des Landes soll klar verankert werden, dass auch Einzelpersonen beobachtet werden dürfen. In der Praxis wird das schon seit 2021 auf bundesrechtlicher Grundlage gemacht.Anfragen zu Kontostammdaten – etwa über das Bundeszentralamt für Steuern – werden erleichtert. Wenn zum Beispiel Waffen für terroristische Zwecke gekauft werden, soll das über die Spur des Geldes besser verfolgt werden können.Mit einer neuen Befugnis zur Anfrage bei Verkehrsunternehmen wird es zudem leichter, Reisewege von Extremisten, Terroristen und Agenten fremder Mächte zu verfolgen.Überdies wird die präventive Spionageabwehr zum Wirtschafts- und Wissenschaftsschutz gesetzlich gestärkt.Gleichzeitig wird mit dem Gesetz der Verfassungsschutz auch selbst stärker kontrolliert: Neben die G 10-Kommission für Verfassungsschutzmaßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung rückt auch ein Richtervorbehalt für längerfristige Observationen, den Einsatz von Vertrauensleuten oder die Wohnraumüberwachung.Außerdem wird es mehr Berichtspflichten gegenüber dem parlamentarischen Kontrollgremium geben.

dpa