Schwarzbuch Kritik: Steuern bei Gefängnis und Abhörzentrum verschwendet

Thüringens Steuerzahlerbund kritisiert Verschwendung bei Großprojekten. (Symbolbild) Foto: Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa
Thüringens Steuerzahlerbund kritisiert Verschwendung bei Großprojekten. (Symbolbild) Foto
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Einmal im Jahr dokumentiert der Steuerzahlerbund Fälle von Verschwendung. In Thüringen sind es in diesem Jahr zwei Großprojekte, die gemeinsam mit Nachbarbundesländern umgesetzt werden.

Thüringens Steuerzahlerbund kritisiert den gemeinsamen Gefängnisneubau von Thüringen und Sachsen als eine der teuersten Baustellen in Ostdeutschland. Die Justizvollzugsanstalt, die 2024 als Projekt begonnen wurde, habe sich zum Millionengrab entwickelt, erklärte der Thüringer Landesvorsitzende, Wolfgang Oehring, in Erfurt. Als zweites Beispiel für verschwendete Steuereinnahmen nannte er ebenfalls ein Vorhaben mehrerer Bundesländer: das gemeinsame Abhörzentrum der Polizei. 

Der Steuerzahlerbund, der einmal im Jahr in ihrem "Schwarzbuch" bundesweit Fälle von Steuerverschwendung auflistet, verwies darauf, dass die Justizvollzugsanstalt in Zwickau-Marienthal ursprünglich 172 Millionen Euro kosten sollte. Inzwischen seien 236 Millionen Euro verbaut worden – "und der voraussichtliche Endbetrag liegt bei über 476 Millionen Euro". Zehn Jahre nach dem Projektstart steht eine halbfertige Haftanstalt – eine Inbetriebnahme sei frühestens für 2030 avisiert. 

Ministerium: Zeit- und Kostendeckel ausgehandelt 

Das Thüringer Bauministerium bezeichnete die Kritik an Zeitverzug und Kostensteigerung als nachvollziehbar. "Der damals beschlossene Staatsvertrag war aus heutiger Sicht nachteilig für Thüringen." Thüringens neue Landesregierung habe nach Amtsantritt 2024 auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsprüfung und Gesprächen mit Sachsen entschieden, dass ein Ausstieg aus dem Projekt und ein Alternativbau wesentlich teurer wären. Der Freistaat habe nun einen Zeit- und Kostendeckel für den Gefängnisneubau ausgehandelt und einen größeren Einfluss Thüringens auf den weiteren Projektverlauf erreicht. 

Das Beispiel zeige, dass die Verschwendung öffentlicher Gelder schleichend, über Jahre hinweg, durch mangelnde Kontrolle und falsche politische Entscheidungen erfolge, sagte Oehring. Der Steuerzahlerbund wolle appellieren, dass bei komplexen Projekten gute Planung und ständige Kontrolle unverzichtbar seien. In Thüringen seien zudem 16 weitere Projekte aufgelistet – von Schul- bis zu Kläranlagenbauten – wo aus Sicht der Organisation unnötig viel Geld ausgegeben wurden. "Sie haben es aber leider nicht ins Schwarzbuch geschafft", so Oehring.

Kritik an mangelnder Kontrolle 

Gründe für die immensen Mehrkosten bei dem Gefängnisbau sind aus Sicht des Steuerzahlerbundes verspätete Genehmigungen, schwerwiegende Planungsmängel, fehlerhafte Bauüberwachung und ein überforderter Generalplaner. Mehr als 50 Rügen in mehr als 100 Einzelfällen seien ausgesprochen worden, bevor der Vertrag mit dem Planer gekündigt wurde. Seit Frühjahr 2024 ruhten die Bauarbeiten vollständig.

Als zweites Projekt wurde ebenfalls ein Vorhaben mehrerer Bundesländer kritisiert: das gemeinsame Abhörzentrum der Polizei in Leipzig. Die Umsetzung des Gemeinschaftsprojektes unter anderem mit Sachsen-Anhalt und Sachsen scheitere jahrelang an einer fehlenden Software, angekündigte Millioneneinsparungen könnten dadurch über Jahre nicht realisiert werden. Statt der geplanten Einsparungen verursacht das Projekt seit Jahren laufende Kosten in Millionenhöhe, weil bereits Personal eingestellt sei. Grund sei, dass die zentrale Software seit 2022 nicht einsatzbereit sei – sondern nach Einschätzung von Fachleuten frühestens 2027.

dpa