Staatsanwaltschaft ermittelt Das Geschäft mit dem Mitleid: Die Tierschutzliga soll Spendengelder veruntreut haben

Tor der Tierschutzliga mit aufgemalten Hunden
Der Sitz der Tierschutzliga in Neuhausen/Spree, Brandenburg
© Nikita Teryoshin / stern
Verwahrloste Hunde, kranke Kätzchen, gequälte Waschbären – die "Tierschutzliga Stiftung Tier und Natur" sammelt Millionen Euro für geschundene Kreaturen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Untreue und Betrugs.

Vierzehn Hunde hielt eine ältere Dame auf ihrem heruntergekommenen Grundstück in Niederbayern. "Alle waren verwahrlost, voller Flöhe, sie stanken nach Kot und Urin. Ein kleiner Pudelmix wurde zum Sterben in einen Verschlag gesperrt. Ohne Wasser, Futter und ohne Tageslicht", schrieb die "Tierrundschau", das Hochglanzmagazin der gemeinnützigen Tierschutzliga Stiftung Tier und Natur. Deren Mitarbeiter hatten die Hunde gerettet.

Auch die Geschichte von "Schnauferl", Sorgenkind der "Katzenstation München", fand laut "Tierrundschau" ein Happy End: Der schwarz-weiße Kater konnte nicht richtig durch die Nase atmen. Die Leute der Tierschutzliga fuhren mit ihm nach Leipzig, wo ihm in einer "weltweit renommierten HNO-Abteilung" ein Stent eingesetzt wurde.

An anderer Stelle berichtete das Blatt: "Am allerschlimmsten war jedoch ein völlig verhungerter, blinder Waschbär, der in einem winzigen Gitterkäfig auf Kadavern von anderen Waschbären vegetierte… Solches Grauen haben wir noch nie gesehen." Gemeinsam mit dem Veterinäramt rückte die Liga an, um den Waschbären zu befreien.

Die "Tierrundschau" (Auflage: rund 30.000 Exemplare) ist voll von solchen Geschichten über das Leid gequälter Kreaturen. Und über die Rettungsaktionen der Stiftung, die neun Tierheime in Deutschland betreibt. Fast fünf Millionen Euro Spenden sammelte die Liga 2021 ein. Die Stiftung Warentest, die 23 Tierschutzorganisationen auf Wirtschaftlichkeit und Transparenz geprüft hatte, listete sie 2021 in der Kategorie "Organisationen, die wirtschaftlich arbeiten" und die "am ehesten für Spenden geeignet" seien, auch wenn die Transparenz der Tierschutzliga nur "mittel" sei. "Wir sind stolz auf diese Auszeichnung", freute sich der geschäftsführende Vorstand Herr P. Und versprach: "Wir arbeiten transparent, berichten ehrlich und umfassend."

Der Stiftung droht der Entzug der Gemeinnützigkeit

Daran hat das Innenministerium Brandenburg als Stiftungsaufsicht nun erhebliche Zweifel. Die Behörde hat die Tierschutzliga kürzlich angewiesen, Herrn P. "wegen schwerwiegender Pflichtverletzungen" als Vorstand abzusetzen und ihm dem Geschäftsführerposten zu kündigen: Er soll Spenden veruntreut und sich "auch selbst bereichert" haben. Seiner Stellvertreterin, die ihn gedeckt haben soll, wurde die Arbeit von der Stiftungsaufsicht ebenfalls verboten. Sie ist kürzlich gestorben.

Erschienen in stern 26/2023