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Übergewichts-Epidemie War schlank bleiben früher einfacher?


Unfair ist es schon: Um so schlank zu bleiben wie ihre Eltern in ihrer Jugend, muss die Generation von heute weniger essen und mehr Sport treiben, so Forscher. Anders gesagt: Bei gleicher Menge Nahrung und Sport sind Jugendliche dicker. Woran liegt das?

Die fetten Jahre dauern schon ein Weilchen - und vorbei sind sie wohl noch lange nicht. In Deutschland sind zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig. Etwa jeder Vierte davon erfüllt sogar die Kriterien für starkes Übergewicht (Adipositas).

Über die Gründe für die Fettleibigkeitsepidemie wird immer wieder diskutiert. Eine Studie, die nun im Fachblatt "Obesity Research and Clinical Practice" erschienen ist, liefert eine weitere interessante Beobachtung. Demnach hatten es Menschen vor etwa 30 bis 40 Jahren offenbar viel einfacher, ein gesundes Körpergewicht zu halten als die Generation heute - und das bei ähnlich viel Bewegung und Essen. Verkürzt gesagt: Früher war schlank sein einfacher, wie es "The Atlantic" formuliert.

Kampf gegen Übergewicht erschwert

"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass man als 25-Jähriger weniger essen und sich mehr bewegen muss als Ältere, um zu verhindern, dass man zunimmt", sagt Studienautorin Jennifer Kuk von der School of Kinesiology und Health Science an der York Universität im kanadischen Toronto. Für ihre Untersuchung zogen die Forscher Daten zum Essverhalten von 36.400 US-Amerikanern heran. Sie umfassten den Zeitraum von 1971 bis 2008. Daten darüber, wie häufig sich die Personen bewegten, lagen für etwa 14.500 von ihnen vor - das allerdings für den Zeitraum von 1988 bis 2006.

Das Ergebnis: Zwischen 1971 und 2008 nahmen der Body-Mass-Index (BMI), die gesamte Kalorienzufuhr und die Menge an aufgenommene Kohlenhydraten um bis zu 14 Prozent zu, die Aufnahme von Fett und Eiweiß sank hingegen im selben Zeitraum um bis zu neun Prozent. Einen Anstieg konnten die Forscher auch bei den sportlichen Aktivitäten beobachten: Diese nahmen um 47 bis 120 Prozent zu. Was die Forscher allerdings überraschte: Setzten sie die gleiche Zufuhr an Kalorien, an Makronährstoffen wie Fett und Eiweiß und ein ähnliches Maß an sportlicher Aktivität voraus, war der BMI einer Person im Jahr 2006 um 2,3 Punkte höher als im Jahr 1988.

Anders gesagt: Obwohl sie angaben, gleich viel zu essen, brachten Menschen im Jahr 2008 zehn Prozent mehr auf die Waage als Personen im Jahr 1971, sagt die Hauptautorin der Studie, Ruth Brown von der York Universität. Ähnliches ließ sich auch beim Sport beobachten: Bei gleichem Bewegungspensum war ein Studienteilnehmer 2006 um die fünf Prozent schwerer als eine vergleichbare Person 1988.

Auch Umwelteinflüsse könnten eine Rolle spielen

Die Forscher vermuten daher, dass es noch andere Faktoren als die bisher bekannten Gründe für Übergewicht - zu viel Essen und zu wenig Bewegung - geben könnte. Diskutiert wird etwa schon lange, dass hormonähnlich wirkende Substanzen, die etwa in Plastik enthalten sind, Speckringe  fördern könnten. Doch bislang sind das noch Hypothesen. Dass Chemikalien wie Bisphenol A tatsächlich die Ursache für Übergewicht sind, ist nicht belegt.

Kuk und ihre Kollegen schreiben, dass sich auch andere Faktoren wie Stress, zu wenig Schlaf oder bestimmte Medikamente auf unser Gewicht auswirken könnten. Auch die Besiedlung des Darms mit bestimmten Bakterien könnte eine Rolle spielen. Sie ist bei Übergewichtigen verändert.

Doch so interessant die Beobachtungen auch klingen mögen, die Forscher weisen selbst auf Schwächen ihrer Studie hin. So mussten die Teilnehmer etwa selbst angeben, wie viel Nahrung sie aufgenommen oder wie viel Sport sie getrieben hatten. Ob diese Angaben tatsächlich zutreffen oder mancher seinen Bewegungspensum nicht größer und seine Mahlzeiten kleiner eingeschätzt hat, bleibt offen. Dennoch: Ein gesundes Körpergewicht aufrecht zu erhalten, sei heute eine größere Herausforderung denn je, sagt Kuk.

lea

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