Die ARD-Reportage "Olympia im Reich der Mittel" über illegale Gendoping-Therapien für Sportler sorgte für Entsetzten unter Doping-Fahndern. In TV-Beitrag war gezeigt worden, dass Gendoping im Gastgeberland der Olympischen Spiele möglich ist. "In dieser belegbaren Form habe ich mir das nicht vorgestellt", sagte Mario Thevis, Leiter des Zentrums für präventive Doping-Forschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln.
In einem Krankenhaus boten chinesische Ärzte einem Reporter, der als Schwimmtrainer auftrat, eine Behandlung mit Nabelschnur-Stammzellen zur Leistungssteigerung an. Die Kur sollte 24 000 Dollar kosten. Das Angebot wurde mit versteckter Kamera gedreht. Dabei erklärte ein Stationsarzt, wie die Behandlung zu erfolgen hat. "Es dauert zwei Wochen. Ich empfehle vier intravenöse Verabreichungen: 40 Millionen Stammzellen, vielleicht auch das Doppelte, je mehr, desto besser", erklärte der Arzt. Erfahrungen bei der Behandlung von Sportlern gebe es noch nicht. "Aber die Behandlung ist sicher, es kann nichts passieren", sagte der Mediziner.
Behandlung mit großen Risiken
"Das ist mit gewaltigen Gesundheitsrisiken verbunden. Das finde ich schon schockierend", sagte der Kölner Gendoping-Experte Patrick Diel. "Ich war sehr erstaunt, dass zu sehen. Ehrlich gesagt, übertrifft das meine schlimmsten Befürchtungen." Zweifel an der leistungssteigernden Wirkung so einer Gendoping-Behandlung äußerte Thevis: "Mir ist schleierhaft, was man mit dieser intravenösen Verabreichung von Stammzellen bei Athleten erreichen kann." Stammzellen würden für Heilungsprozesse bei schweren Erkrankungen wie Parkinson eingesetzt. Diese Versuche seien jedoch erst im "experimentellen Stadium".
Auch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zeigte sich nach Ansicht der TV-Dokumentation über diese drohende neue Dimension des Dopings entsetzt. "Es ist erschreckend, dass Gesundheitsexperten einen solchen Mangel an Ethik an den Tag legen und für viel Geld Experimente an Menschen durchführen", sagte WADA-Direktor David Howman. "Es war ein fürchterliches Gefühl." Denn es sei ein totaler Bruch mit den Standards, die die WADA eingeführt habe, um Betrug durch Gendoping und Gentherapie zu verbieten. "Und es ist schrecklich zu sehen, dass es vielleicht jetzt angewendet wird - in dem Land, wo die Spiele stattfinden werden", sagte Howman.
Vermehrt Doping-Kontrollen in China
Abgesehen von diesem dokumentierten Gendoping-Angebot und anderen Unzulänglichkeiten werden China aber auch Fortschritte im Kampf gegen Doping attestiert. "Es ändert sich ständig etwas. Es gibt Verbesserungen und nun haben sie eine sehr durchstrukturierte, neue Organisation etabliert", stellte WADA-Vizepräsident Arne Ljungqvist fest. Während 1990 nach Aussagen von Jian Zhixue, Generaldirektor des chinesischen Sportministeriums, gerade mal 165 Tests bei Athleten im ganzen Jahr gemacht wurden, seien es nun 10.000 Kontrollen pro Jahr bei rund 30.000 Spitzenathleten in China. "In Deutschland haben wir auch 10.000 Kontrollen, aber für 3000 Sportler", relativierte Thevis.