Unser aller Brot Der Hunger auf der Welt wächst. Eine Lösung könnte die grüne Gentechnik sein. Zeit, neu zu denken

Von Katharina von Ruschkowski
Ein Sojafeld in Argentinien. Die Mehrheit des Sojas ist durch Gentechnik verändert
Soja-Anbau In Argentinien, wo dieses Feld liegt, wird kaum mehr konventionell gezüchtetes Sojasaatgut ausgebracht. 77 Prozent der weltweit angebauten Sojasorten sind bereits durch Gentechnik verändert
© Anita Back/laif
Die EU-Kommission möchte die Regeln für den Einsatz von Gentechnik lockern. Kritik wird bereits laut. Wenn in Zukunft zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben, bietet grüne Gentechnik dann Lösungen? Eine Erkundung.

Die EU-Kommission stellt am heutigen Mittwoch neue Pläne zum Umgang mit Gentechnik in der Landwirtschaft vor. Es geht um eine Lockerung der bestehenden Regeln. Ziel der Deregulierung ist unter anderem, dass schneller neue Pflanzen zum Einsatz kommen, die etwa widerstandsfähiger gegen Wassermangel oder Schädlinge sind. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drängen schon länger darauf, die strengen EU-Regeln für sogenannte grüne Gentechnik zu lockern.

Dieser Artikel zur grünen Gentechnik erschien zuerst im August 2021 in unserer stern-Schwesterzeitschrift "Gesund Leben". Er wurde aktualisiert. 

Der Ort, an dem Furcht und Hoffnung kollidieren, liegt im fruchtbaren Norden Indiens. Es ist ein weites, ebenes Land, aufgeteilt in kleine Felder; von oben gleicht der Bundesstaat Haryana einem Mosaik aus Grün- und Brauntönen.

Es ist ein heißer Morgen im Mai 2019, als Beamte der Landwirtschaftsbehörde eines dieser Felder umstellen. Sie haben starke Traktoren dabei. Sogleich beginnen sie damit, den halbhektargroßen Acker zu zerstören. Dabei hat der Bauer dort keine Drogen kultiviert, auch keine Waffen vergraben. Er hat getan, was in dieser Gegend eigentlich selbstverständlich ist: Auberginen gepflanzt. Die Früchte, hier Brinjal genannt, sind ein wichtiges Nahrungsmittel. Ihr Anbau gleicht einem Vabanquespiel: Regelmäßig fallen Insekten über die Pflanzen her, bohren sich in die Blätter und durch das weiche Fleisch. Um das zu verhindern, bringen die Bauern Insektizide aus, mit Rückenspritzen, ohne Schutzkleidung, 70- bis 80-mal pro Saison. In schlechten Jahren zerstört der Auberginenfruchtbohrer trotzdem bis zu 70 Prozent ihrer Ernte.

Längst hat sich in Haryana herumgesprochen, dass im benachbarten Bangladesch Zehntausende Bauern eine Auberginensorte anbauen, deren Früchte den Schädlingen widerstehen. Geschichten von Rekordernten machen die Runde, Schädlingsgifte sollen überflüssig geworden sein.

Erschienen in stern Gesund Leben 4/2021

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