Ohne Pestizide funktioniert in der modernen Landwirtschaft wenig. Um die Ernte zu schützen, sprühen Landwirte ihr Obst und Gemüse gerne mit Schädlingsbekämpfern ein. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2019 ergab, dass in 90 Prozent aller Äpfel aus deutschen Supermärkten Pestizidrückstände nachweisbar sind.
Inzwischen ist hinlänglich bekannt, dass Pestizide dem Menschen schaden können. Laut Heinrich-Böll-Stiftung belegen Studien einen Zusammenhang zwischen Pestiziden und Parkinson sowie Leukämie im Kindesalter und werden mit einem erhöhten Risiko für Leber- und Brustkrebs, Asthma und Allergien in Verbindung gebracht.
Und auch wenn sehr geringe Mengen nicht schädlich sein mögen, gibt es immer mehr Konsumenten, die empfindlich auf gespritztes Obst reagieren. Juckende Lippen und ein kratzender Gaumen lassen grüßen (wobei die Symptome in der Regel von Kreuzallergien stammen). Vor dem Verzehr gilt es deshalb, Apfel, Pflaume, Birne & Co. gründlich abzuwaschen. Aber selbst die gründlichste Dusche entfernt nur etwa die Hälfte aller Pestizidrückstände, wie Geo unter Berufung auf eine Studie der Hochschule Albstadt-Sigmaringen berichtet.
Lemonist aus DHDL im Test
Genau hier setzt Lemonist an. Erfunden haben das Produkt die Ehepartner Kathrin Alfen und Felix Strohmaier und sie pitchten ihre Idee in "Die Höhle der Löwen." Bei Lemonist handelt es sich um ein Gemisch aus Natron, Zitronensäure und Salz, das in lauwarmem Wasser aufgelöst wird. In diesem Gemisch baden Obst und Gemüse dann 15 Minuten vor dem Verzehr. Nach dem Bad müssen Apfel & Co. aber noch einmal abgewaschen werden, um die unschädlichen, aber möglicherweise geschmacksverändernden Rückstände von Lemonist zu entfernen.
So einfach wie es klingt, war es im Test mit Weintraube und Pflaume dann auch. Um einen Vergleich herzustellen, gab es von jedem Obst zwei Stücke. Die eine Hälfte badete in Lemonist, die andere duschte unter dem Wasserhahn. Pro Liter Wasser empfiehlt Lemonist einen Teelöffel seines Pulvers. Laut eigener Aussage ist das Pulver übrigens vegan und ohne Gentechnik. Ob Zitronensäure, Salz und Natron überhaupt aus Tieren und/oder Gentechnik herstellt werden können und ob das sinnvoll wäre, bleibt wohl eines der großen Mysterien der Menschheit. Weil aber jedes Produkt, das schon immer vegan und frei von Gentechnik war, inzwischen als solches deklariert wird, um das gute Gewissen beim Kauf zu fördern, wirbt auch Lemonist damit.
Lemonist aus DHDL: Studie belegt Wirkung
Tatsächlich ergab eine Studie der American Chemical Society, dass ein einprozentiges Gemisch aus Natron und Wasser mehr Pestizide entfernt als das Waschen von Obst und Gemüse mit reinem Wasser. Wissenschaftlich erwiesen ist also, dass Lemonist funktioniert. Wissenschaftlich erwiesen ist aber auch, dass sich Pestizide nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch in und unter der Schale befinden. Und da kommt auch Lemonist nicht heran. Die einzige Option für noch weniger Pestizide wäre also, das Obst oder Gemüse zu schälen. Allerdings gehen dabei viele Vitamine verloren, weil sich in der Schale rund 70 Prozent der begehrten organischen Verbindungen befinden.

Achtung, es wird gefühlig: Tatsächlich meint der für Pestizide empfindliche Tester bei den Pflaumen einen Unterschied gefühlt zu haben. Beim Verzehr der mit Lemonist eingeweichten Pflaumen war weniger an den Lippen zu spüren, als bei den unter fließendem Wasser abgewaschenen Früchten. Hier machte sich ein deutlich unangenehmes Kribbeln an der Unterlippe breit, das den Tester in der Regel davon abhält, sich an gespritztem, rohem Obst (erst recht Äpfeln und Erdbeeren) zu vergehen. Allerdings ist er auch Pollenallergiker. Es kann also durchaus sein, dass es sich um eine Kreuzallergie handelt, deren Auftreten sich etwas verzögert hat. Nachdem die Reaktion verklungen war, ging es an die Weintrauben. Hier war kein Unterschied zu spüren, was für eine Kreuzallergie des Testers spricht. Denn beide Früchte waren nicht Bio.
Pestizide unter der Schale
Egal wie gut wir unser Obst und Gemüse waschen, ganz ohne Pestizide essen wir es in den seltensten Fällen. Nun stellt sich die Frage, wann es Sinn ergibt, den Aufwand zu betreiben, das Obst 15 Minuten in einer Natronlauge einzuweichen. Und das hängt maßgeblich vom Obst und Gemüse ab, wo es herkommt und was Sie damit anstellen wollen. Wenn Sie für ein Rezept beispielsweise geraspelte Zitronenschalen brauchen, dann sollten Sie zur Bio-Zitrone greifen.
In der ökologischen Landwirtschaft sind Pestizide weitgehend verboten und aus der Schale bekommt Lemonist die Chemiekeulen bekanntlich nicht heraus. Trotzdem können auch Bio-Früchte mit Pestiziden belastet sein. In der Regel sind sie das aber deutlich geringer als konventionelle Früchte. Für andere Zitrusfrüchte eignet sich Lemonist ebenfalls weniger, denn die Schale wird in den allermeisten Fällen vor Verzehr entfernt. Einzige Ausnahme: Die Orangenscheibe im Aperol-Spritz oder die Zitrone in der Cola. Auch hier gilt: Bio ist besser. Wer ganz sichergehen will, badet eben auch seine Bio-Früchte in der Natronlauge.
Bleibt Obst wie Pflaumen, Birnen, Weintrauben und Äpfel, das in der Regel sofort verzehrt wird und bei dem Schälen umständlich oder nicht möglich ist. Und ja, hier ergibt es Sinn, die Reinigung etwas umfangreicher ausfallen zu lassen. Gleiches gilt für Gemüse, Salat und Kräuter, die nicht geschält werden und für alle Produkte, die aus dem nicht europäischen Ausland ihren Weg in den Supermarkt finden. Überseeprodukte bekommen meist sehr viel mehr Pestizide ab als die heimischen Früchte. Kaufen Sie also regionales und saisonales Gemüse. Gerade Kräuter, Früchte und Obst aus Südamerika weisen eine hohe Pestizidbelastung auf.
Die Kosten und Zeitfrage
Wer einen Apfel essen will, der will das in der Regel sofort und nicht nach 15 Minuten. Den Aspekt außer Acht gelassen, bleibt die Kostenfrage. Wer gespritztes Obst kauft, macht das meist, um seinen Geldbeutel zu schonen, weil Bio-Produkte schlicht teurer sind. Ein Viererpack Lemonist à 250 Gramm kostet 21,99 Euro. Zur Erinnerung: Pro Liter empfiehlt der Hersteller einen Teelöffel seines Pulvers. Im Vergleich dazu kosten drei Kilogramm reines Natronpulver 10 Euro. Hier gilt die Faustregel, einen Teelöffel Natron auf 200 Milliliter Wasser zu geben.
Angenommen ein Teelöffel Lemonist und Natron halten sich mit circa sechs Gramm Gewicht die Waage, dann bekommen Sie aus 1000 Gramm Lemonist 166,66 Liter Spülwasser für Obst und Gemüse. Aus drei Litern Natron bekommen Sie dagegen 100 Liter Spülwasser. Macht einen Preis pro Liter von 10 Cent. Für Lemonist zahlen Sie 13 Cent pro Liter. Ob Lemonist dank Zitronensäure und Salz noch mehr Pestizide als die "reine" Natronlauge entfernt, ist fraglich. Laut Studie entfernt das Natron-Wassergemisch 80 Prozent des auf die Früchte aufgetragenen Thiobendazol und 96 Prozent des Phosmet. Lemonist selbst wirbt damit, 89 Prozent der Pestizide zu entfernen, ohne die genauen Pestizide zu benennen.
Lemonist aus DHDl im Test: Fazit
Lemonist hält, was es verspricht, so jedenfalls der Eindruck des Tests und so auch das Ergebnis wissenschaftlicher Studien. Ein Natron-Wassergemisch reduziert Pestizide auf Obst und Gemüse und das besser als reines Wasser. Aber das schafft jede Natronlauge, auch die Billig-Variante für 3,33 Euro pro Kilo. Bei einem Preisunterschied von nur drei Cent pro Liter Reinigungswasser dürfen Interessenten aber auch bei Lemonist zugreifen.
Für 15 Prozent ihrer Firma verlangen Kathrin Alfen und Felix Strohmaier 50.000 Euro. Ob eine Löwin oder ein Löwe bei Lemonist anbeißt, erfahren Sie heute Abend um 20:15 Uhr auf Vox.
Das könnte Sie auch interessieren:
*Dieser Artikel enthält sogenannte Affiliate-Links zu Produkten in Online-Shops. Klickt ein Nutzer darauf und kauft etwas, erhält der Verlag eine Provision vom Händler, nicht vom Hersteller. Wo und wann Sie ein Produkt kaufen, bleibt natürlich Ihnen überlassen.