Hirschhausens Sprechstunde Nimm's leicht

Manchmal auch einfach alles etwas leichter nehmen, das rät Eckart von Hirschhausen
Manchmal auch einfach alles etwas leichter nehmen, das rät Eckart von Hirschhausen
© Colourbox
Schuldgefühle und Gewissensbisse machen Ihnen das Leben schwer? Unser Hausarzt Eckart von Hirschhausen weiß, was gegen seelische Gewichtsprobleme hilft.

Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Das gilt nicht nur für Mitarbeiter der Post. Psychologen aus den USA und Kanada kamen auf die Idee, die sprachlichen Metaphern rund um die großen sozialen Emotionen wie Scham, Schuld oder Stolz wörtlich zu nehmen. Die studentischen Versuchsteilnehmer sollten sich an eine Episode aus ihrem Leben erinnern, in der sie sich unethisch verhalten hatten.

Anschließend bat man sie einzuschätzen, ob sie sich im Verhältnis zu ihrem normalen Gewicht gerade schwerer, leichter oder unverändert fühlten. Tatsächlich schlug sich das, was einen seelisch belastete, auch im "gefühlten" Gewicht nieder. Im Gegenzug half es nicht, sich an Situationen zu erinnern, in denen man sich sehr fair verhalten hatte, um sich subjektiv zu "erleichtern".

Diese Seelenmechanik erinnert mich an schlechte religiöse Erziehung, die nach dem Muster funktionierte, dass es leichter ist, jemandem ein schlechtes Gewissen zu machen als ein gutes. Entgegen der biblischen Maxime "Einer trage des anderen Last" veränderte sich das gefühlte Gewicht auch nicht, wenn man sich an die Schuld von jemand anderem erinnern sollte. Das, was einen drückte, war also nur das eigene Päckchen, nicht die Sünd der Welt.

Die Last der negativen Gedanken

Hat diese seelische Schwerkraft auch Konsequenzen für das eigene Handeln? Dazu sollten sich die Probanden vorstellen, jemandem den Einkauf hochzutragen oder beim Umzug zu helfen. Wieder zeigte sich die Last der negativen Gedanken: Wer sich gerade durch Erinnerungen an schlechte Taten etwas "aufgeladen" hatte, schätzte auch die Kraftanstrengung, die Treppen zu steigen, höher ein.

An dieser Stelle möchte ich ganz unwissenschaftlich die Beobachtung eines Wanderfachmanns zitieren, der mir erklärte, dass Reuegeplagte in den Bergen leicht zu entdecken sind, weil sie es sich im wahrsten Sinne nicht leicht machen: Sie haben mehr dabei, sie tragen schwerer an ihren Rucksäcken. Auf der Alm mag es zwar keine Sünde geben, aber das Gewissen aus dem Tal ist dennoch mit einem hochgekommen, drückt aufs Kreuz und lässt sich nicht so leicht loswerden wie ein Rucksack, den man absetzen kann.

Wer allerdings versucht, seinen Rucksack nicht nur von den Schultern, sondern auch von der Steuer abzusetzen, indem er primär berufliche Nutzung vortäuscht, den plagt wieder irgendwann das schlechte Gewissen, und zack, ist es mit der Leichtigkeit des Seins wieder mühsamer. Ein Teufelskreis. Verrückt, wie sich Seele, Leib und alles, was wir noch so durchs Leben mitschleppen, gegenseitig bedingen.

Ist es ein Zufall, dass Bauchansatz und Tragehilfe denselben Namen haben, nämlich Ranzen? Hängen Gram und Gramm nur an einem Buchstaben? Leben wir unter "erschwerten" Bedingungen? Und wie nimmt man nun ab? Ganz einfach: Fressen Sie weniger in sich rein. Und bei Gewissen-Bissen gut kauen - nur nicht ewig drauf herum.

GesundLeben
Eckart von Hirschhausen

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