Die fünf größten Impfmythen Was Skeptiker von der Masernimpfung abhält

Impfungen schützen Kinder vor Krankheiten. Dennoch sind viele Eltern skeptisch.
Impfungen schützen Kinder vor Krankheiten. Dennoch sind viele Eltern skeptisch.
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In Berlin sind die Masern ausgebrochen, ein Kleinkind ist sogar daran gestorben. Braucht es eine Impfpflicht? Diese Debatte empört Impfgegner, viele halten Impfungen für gefährlich. Was ist dran?

Masern sind gefährlich, sie können im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. Dennoch gibt es Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen - aus Angst vor den Nebenwirkungen oder, weil sie Impfungen für unnötig halten. Ihre Bedenken fußen nicht selten auf Mythen, für die es keine wissenschaftlichen Belege gibt. Wie erklären, was an den verbreitetesten Mythen dran ist - und was das für die Masernimpfung bedeutet.

1. Die Wirkung von Impfungen ist nicht erwiesen

Impfstoffe sind meist abgetötete oder abgeschwächte Formen von Krankheitserregern. Sie machen den Körper nicht krank, sondern provozieren ihn nur: Als Schutzreaktion bildet er Abwehrstoffe, sogenannte Antikörper gegen die Keime. Kommt der Geimpfte nun mit echten Erregern in Berührung, steht bereits eine ganze "Polizeimannschaft" bereit, die die Schädlinge dingfest machen kann, bevor sie den Körper krank machen - so die Theorie. Impfgegner bezweifeln indes, dass das wirklich funktioniert: Die Schulmedizin sei bis heute den Nachweis schuldig geblieben, dass Impfungen überhaupt wirken, ist auf Internetseiten von Skeptikern zu lesen.

Das ist allerdings eine grobe Pauschalisierung. Alle in Deutschland verfügbaren Impfstoffe müssen sich in Wirksamkeitsstudien bewähren - sonst hätten sie es gar nicht auf den Markt geschafft. Impfungen allgemein als "unwirksam" zu bezeichnen ist schlicht absurd: In den USA sank die Zahl der Masernerkrankungen nach der Einführung des Impfstoffes in den 1960er Jahren von mehreren Hunderttausend auf einige wenige Fälle im Jahr. In Deutschland wurde die Masernimpfung Anfang der 1970er-Jahre eingeführt. Laut dem Berliner Robert-Koch-Institut ist die Häufigkeit der Masern seitdem ebenfalls deutlich zurückgegangen. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die Erkrankung hierzulande erst seit 2001 meldepflichtig ist.

2. Impfungen bergen Risiken wie beispielsweise Autismus

Jedes Arzneimittel, das wirkt, hat auch Nebenwirkungen - der Masernimpfstoff bildet da leider keine Ausnahme. Impfgegner gehen jedoch noch einen Schritt weiter, sie behaupten, der Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) verursache Autismus - eine Behauptung, die auf den Mediziner Andrew Wakefield zurückgeht: Er hatte im renommierten Fachmagazin "Lancet" eine Untersuchung veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen der Vakzine und der Entwicklungsstörung belegte. Rund fünf Jahre später musste er die Studie allerdings zurückziehen, weil herauskam, dass seine Ergebnisse teilweise gefälscht und manipuliert waren. Auch spätere Studien fanden keine Hinweise darauf, dass die MMR-Impfung zu Autismus führt.

Die Gefahr, mit der Masernimpfung eine Gehirnentzündung herbeizuführen, besteht zwar - sie ist aber minimal: "Sie befällt etwa einen von einer Million Geimpften, dagegen ist bei den echten Masern jedes tausendste Kind betroffen", schreibt das RKI.

3. Impfungen sind unnötig - der natürliche Schutz durch die Muttermilch reicht aus

Die gute Nachricht: Schon während der Schwangschaft wird das Kind über den Blutkreislauf mit Antikörpern der Mutter versorgt. Weitere Abwehrstoffe bekommt es nach der Geburt über die Muttermilch - sofern die Mutter stillt. Dieser sogenannte Nestschutz schützt den Säugling allerdings längst nicht gegen alle Krankheitserreger. Schließlich kann die Mutter nur Abwehrstoffe gegen Infektionen weitergeben, die sie selbst hatte oder gegen die sie geimpft wurde. Zudem bleiben die Antikörper nach dem Abstillen nur noch eine begrenzte Zeit im Körper des Kindes. Die erste Masernimpfung des Kindes sollte deshalb schon zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat erfolgen. Die zweite folgt bis zum Ende des zweiten Lebensjahres.

4. Impfungen schützen vor Krankheiten, die es nicht mehr gibt

Zugegeben: Von Kindern, die an Kinderlähmung oder Diphtherie erkranken, hört man eher selten. Masern aber sind hochaktuell - das zeigt der aktuelle Ausbruch in Berlin. Fachleute gehen zudem davon aus, dass wir die heute insgesamt vergleichsweise geringen Erkrankungsfälle überhaupt erst der Einführung von entsprechenden Impfstoffen zu verdanken haben. Die Deutschen haben dank der Impfungen eine sogenannte "Herdenimmunität" gegen die Erreger entwickelt. Würden aber von nun an alle auf die Impfungen verzichten, könnten die Krankheiten wieder zurückkehren - etwa wenn Erkrankte aus anderen Ländern die Keime einschleppten.

5. Die Krankheit selbst zu durchleben, schützt besser als eine Imfpung

In den 1950er und 60er Jahren veranstalteten Eltern regelrechte "Masernparties", um ihre Kinder auf "natürliche Weise" gegen Masern abzuhärten: Sie brachten sie mit bereits erkrankten Kindern zusammen, um eine Ansteckung herbeizuführen. Die Theorie dahinter ist simpel: Die Erkrankung selbst löst die gleiche Schutzreaktion aus wie die Impfung. Der Körper bildet Antikörper, um sich gegen die Keime zu wehren, die ihn befallen haben.

Allerdings ist die Erkrankung mit deutlich größeren Gefahren verbunden als die Impfung. "Wenn Eltern mit dem Nachwuchs auf sogenannte Masern-Partys gehen, ist das daher Kindesmisshandlung", meint Wolfram Hartmann, Präsident des Kinder- und Jugendärzteverbandes. "Ungefähr bei einem von 1000 Kindern, die an Masern erkranken, entwickelt sich eine Entzündung des Gehirns", warnt auch das Robert-Koch-Institut. Diese führt oft zu bleibenden Hirnschäden und manchmal auch zum Tod, wie der aktuelle Fall in Berlin und auch die Geschichte der der vierjährigen Aliana im vergangenen Jahr zeigten. Kleinkinder können die Erkrankung völlig unbeschadet überstanden haben, aber das Virus bleibt im Körper. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählen die Masern bis heute zu den häufigsten Todesursachen bei Kleinkindern.

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