Die Ärztekammern haben im vergangenen Jahr 2243 Behandlungsfehler registriert - 77 davon mit tödlichem Ausgang. Nach mehr als jeder vierten der untersuchten 7922 Behandlungen sei der Verdacht der Patienten bestätigt worden, teilte die Bundesärztekammer am Montag in Berlin mit. Die Zahl der Patientenbeschwerden bei den ärztlichen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sei von 12.232 auf 12.173 gesunken.
Besonders häufig seien Patienten bei Operationen an Knie, Hüfte oder Sprunggelenk Opfer von Fehlern geworden. Bei Hüftarthrose habe es im Vergleich einzelner Krankheiten mit 73 Fällen die meisten bestätigten Fehler gegeben.
Rund drei Viertel der geprüften Behandlungen betrafen demnach die Krankenhäuser, der Rest die Praxisärzte. Die meisten Gutachten hätten die Arbeit von Unfallchirurgen und Orthopäden zum Gegenstand, gefolgt von anderen Chirurgen und Internisten.
Mehr als ein Drittel der Fehler in Kliniken passierte bei Operationen. Bei niedergelassenen Ärzten erwies sich die Diagnostik mit über einem Drittel am fehleranfälligsten. Insgesamt führten 58 Prozent der Fehler zu geringen oder mittelschweren Schäden, in 38 Prozent der Fälle blieben die Patienten dauerhaft geschädigt.
"Wir sind keine Pfuscher"
Angesichts der insgesamt 691 Millionen Behandlungen im Jahr sei der Gang zu Arzt oder Klinik in Deutschland eine sichere Sache für die Patienten, erklärte die norddeutschen Schlichtungsstelle. Allerdings wisse niemand, wie viele Behandlungsfehler es wirklich gebe.
Der medizinische Dienst der Krankenkassen hatte bereits seine Statistik vorgelegt: Er erstellte 2013 rund 14.600 Gutachten wegen Verdachts auf Fehler. Knapp 3700 Mal wurde der Verdacht bestätigt. Wie viele Patienten sich direkt an die Gerichte wenden, wird nicht gezählt. Insgesamt gebe es geschätzt pro Jahr rund 40.000 Anträge von Patienten, die einen Fehler vermuten, sagte der Chef der Gutachtergremien, Andreas Crusius.
"Wir sind keine Pfuscher", betonte Crusius. Die enorme Arbeitsbelastung der Ärzte erhöhe das Risiko. Zudem sei der Kostendruck in Kliniken oft enorm und belaste die Arbeit. Der auf die Vertretung von Patienten spezialisierte Anwalt Frank Teipel ergänzte, dass deshalb allerdings auch immer wieder unnötig operiert werde.
Patientenschützer fordern Fehlerregister
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wies zurück, dass Stress auf den Stationen verantwortlich für Behandlungsfehler sei. "Gerade Einrichtungen mit hohen Fallzahlen wie bei Gelenk-OPs weisen eine geringere Fehlerquote auf", sagte Vorstand Eugen Brysch. Um einen Überblick über die Fehler zu bekommen, müsse die Bundesregierung per Gesetz ein nationales Fehlerregister auf den Weg bringen.
Das forderte auch Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. "Die Statistik der Schlichtungsstellen bildet nur die Spitze des Eisbergs ab", sagte sie. Der Ansicht ist auch die Expertin der Linkspartei, Kathrin Vogler: "Fachleute dagegen schätzen die Anzahl aller Fälle auf eine Million und mehr."
Laut Sozialverband VdK wenden sich viele mangels Vertrauen weder an die Ärzteschaft noch an die Kassen - und scheuen Gerichtsverfahren wegen der Kosten. Im Ergebnis führe das dazu, dass die Patienten nicht zu ihrem Recht kommen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert mehr Geld für Personal und Infrastruktur, so dass die Sicherheit gewährleistet bleibe.