Eine sterile Schleuse öffnet sich und gibt den Blick auf den hochmodernen Operationssaal frei, einen von 19 Sälen im Untergeschoss des Universitätsklinikums Regensburg. Er ist grell ausgeleuchtet, Monitore piepen, ein Dutzend Menschen schwirrt um das Zentrum des Raums: den Operationstisch, auf dem Markus Kraft* unter einem OP-Tuch liegt. Heute sollen dem 48-Jährigen hier lebenswerte Jahre geschenkt werden. Nach einer akuten Aortendissektion – einem Riss der Innenschicht der Hauptschlagader – vor zwei Jahren hat sich nun das große Gefäß massiv erweitert. Das Risiko dieser OP: Der Industriemechaniker könnte danach im Rollstuhl sitzen.
Karin Pfister, Leiterin der Abteilung Gefäßchirurgie, betritt den Raum in Operationskittel und Röntgenschürze, mit Mundschutz, Handschuhen und Bleiglasbrille, die die Augen vor Röntgenstrahlen schützen soll. Sie bittet um Ruhe und Konzentration vor der Operation – ein sogenanntes Team-Time-Out. Wie beim Sicherheitscheck im Flugzeug geht das Team die wichtigsten Punkte des Eingriffs durch und überprüft, ob wirklich alles an Material bereitliegt. Dann punktiert Gefäßspezialistin Pfister die Arterie in Markus Krafts Leiste mit einer Nadel und schiebt ein fingerdickes schlangenartiges Besteck in die Hauptschlagader – es ist eine Stentprothese, die extra für ihn gefertigt wurde. Sie soll die Aorta verstärken, die bei Markus Kraft der Länge nach eingerissen ist. Ohne den minimalinvasiven, endovaskulären Eingriff würde er wohl nicht lange überleben.
Die Aorta ist die größte Arterie im Wirrwarr der 100.000 Kilometer Blutbahnen, die unseren Körper durchziehen. Sie entspringt der linken Herzkammer in Form eines Spazierstocks und verteilt das Blut auf alle Organe bis in die Haut. Doch Bluthochdruck und Verkalkungen können die Gefäßwände der Aorta derart schwächen, dass sie sich aufdehnen und einreißen. Nicht immer ist ein ungesunder Lebenswandel schuld, sondern auch eine angeborene, vererbte Bindegewebsschwäche. So wie bei Markus Kraft: Er hat sein ganzes Leben recht gesund und sportlich gelebt, ist schlank. Doch das Leiden liegt in der Familie – sein Vater und sein Bruder erlitten beide einen Riss der absteigenden Hauptschlagader, eine sogenannte Typ-B-Aortendissektion.