Die "Victoria's Secret" Fashion Show feiert 2023 ihr Comeback. Mit neuem Konzept und feministischem Fokus möchte die Marke ihr Image nach jahrelangen Skandalen endlich rein waschen. Ein Rückblick auf den Fall des Fashion-Imperiums.
Nach einer Pause von vier Jahren sowie reichlich Drama und Pleiten ist "Victoria's Secret" zurück – mit neuem Image und neuem Konzept. Statt Fashion-Show feiert in diesem Jahr die sogenannte "The Victoria's Secret Tour" in Form eines Filmes Prämiere, die 20 internationale Künstler und Designer aus aller Welt bei der Konzeption von vier Modeschauen in Bogotá, Lagos, London und Tokio begleitet.
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Die "VS20", wie "Victoria's Secret" ihre Fashion Stars getauft hat, sollen gemeinsam eine eigene Kollektion konzipieren, produzieren und inszenieren, die sich auf die "Wertschätzung und Schönheit der Frau" fokussiert. Das schreibt "people". "Wir freuen uns, eine völlig neu gestaltete Version der Modenschau einzuführen und gleichzeitig das Beste an Unterhaltung und Mode zurückzubringen", sagt Chris Rupp, Chief Customer Officer des Labels, dem Magazin.
Fokus auf die Künstler hinter der Kollektion
Der Film soll international als Stream angeboten werden und fokussiert sich erstmalig nicht auf die Models, sondern auf die Künstler hinter den Designs, den Entstehungsprozess und das Endergebnis. Für den Herbst ist zusätzlich ein Live-Mode-Event geplant. Eine große Veränderung für die Marke, die immer noch für ihre freizügigen und exklusiven Fashion-Shows bekannt ist.
Denn noch bis 2019 schwebten bei "Victoria's Secret" die "Victoria's Secret"-Engel jährlich, pünktlich zur Weihnachtszeit, über die Laufstege der renommierten "Victoria's Secret Fashion Show". Die Modenschau fand im Jahr 1995 das erste Mal statt und galt seither als Fashion-Sensation des Jahres, bei der es nur die Elite der Modewelt in den neuesten BHs und Slips mit überdimensional großen Flügeln auf den Runway schaffte.
Um Frank Sinatra zu zitieren: "If you can make it there, you'll make it anywhere", wurden Models wie Heidi Klum, Adriana Lima, oder Doutzen Kroes dank ihrem Dasein als "Engel" weltweit bekannt – jeweils eine von ihnen präsentierte in der Show den sogenannten "Fantasy Bra", der mit echten Diamanten besetzt meist mehrere Millionen US-Dollar Wert war. Welche "Fantasy" die Looks der Models anregen sollten, bleibt Interpretationssache.
"Victoria's Secret" mit gebrochenen Flügeln
Fest steht jedoch, dass "Victoria's Secret" mit ihren stets gertenschlanken, mindestens 1,75 m großen Models in Zeiten des wandelndem Schönheitsideal zunehmend auf Gegenwind traf. Mit der Verbreitung der "Body Positivity"- und "MeToo"-Bewegung geriet das Unternehmen in den letzten Jahren immer mehr in Kritik – auch aufgrund von transphobischen Aussagen seitens Marketingchef Ed Razek 2018, indem er im Gespräch mit der US-amerikanischen "Vogue" sagte, er buche keine "Transgender-Models, weil die Show "eine Fantasie" sei, in der Transgender-Models ebenso wie Plus-Size-Models "nichts verloren" hätten. Weltweit sorgte er mit dieser Aussage für Empörung, es war der Start des Untergangs von "Victoria's Secret".
Model Leyna Bloom, die als erste Transfrau auf dem Cover von Vogue India erschien, schrieb damals auf Instagram: "Das ist der Moment, in dem die Masken fallen. Jetzt zeigt die Marke ihr wahres Gesicht und ihre Ansichten. Sie werden das in der Zukunft noch bereuen, wenn sie einsehen, was sie für einen Fehler gemacht haben. Wenn die Welt sich verändert hat und diese Veränderung überall gefeiert wird, dann wird Victoria's Secret kein Teil davon sein. Dieser Moment kann nicht mehr rückgängig gemacht werden." Kurz darauf trat der heute 75-Jährige zurück, eine Kampagne mit Transgender-Model Valentina Sampaio folgte, doch auch diese konnte das geschundene Image der Marke nicht mehr glattbügeln. Die Einschaltquoten der Shows fielen in den Keller. Auf Social Media kommentierten Nutzer die Marke zunehmend als sexistisch, anti-feministisch und nicht mehr zeitgemäß.
Pleite, Aus der Shows, Verkauf der Marke
Die Pleite des Unternehmens ließ nicht lange auf sich warten. Neue, innovative Unterwäsche-Marken wie Savage Fenty von Rihanna warben "Victoria's Secret" mit ähnlichem Dessous-Design aber deutlich diverseren Werbekampagnen die Kunden ab, das Geld für weitere Shows fehlte. "Angesichts des Leistungsrückgangs bei Victoria’s Secret haben wir die Investitionen in das Geschäft deutlich zurückgefahren und konzentrieren uns darauf, dass unsere Waren bei den Kunden gut ankommen", erklärte der damalige Finanzchef des Unternehmens 2019 in einem Statement.
Ein Bild aus damaliger Zeit. Heidi Klum als Engel 2005.
Ein Jahr später wurde "Victoria's Secret" verkauft – wie CNN berichtete, anteilig für 525 Millionen US-Dollar an die in New York ansässige Firma "Sycamore Partners". 45 Prozent der Unternehmensanteile blieben beim Mutterkonzern "L Brands". Der Wert des Dessous-Labels wurde damals auf 1,1 Milliarden Dollar geschätzt. Auch CEO Lesli Wexner trat im Zuge dessen zurück. Der 85-Jährige wurde zuletzt heftig für seine Beziehung zu Sexualstraftäter Jeffrey Epstein kritisiert. Dann wurde es ruhig um "Victoria's Secret".
Mehr Diversität mit "Victoria Collective"
Erst Anfang 2020 meldete sich das Unternehmen zurück – ein Neustart, den die Marke auf ihrem Instagram-Account mit den Worten "Alles neu – und alles dreht sich um euch. Seid mit dabei, wenn wir unsere Lingerie-Landschaft neu definieren", einläutete. Es folgte eine erste Kampagne unter dem Namen "Love Yourself" mit Alia Tate Cutler, die die Wäsche des Unternehmens als Curvy Model erstmals in Größe 42 präsentierte. Kurz darauf entwickelte "Victoria's Secret" die Linie "Victoria Collective", mit dem Ziel sich zukünftig vor allem für die Stärke der Frau auszusprechen.
Der Mann der Supermodels: Ausstellung zeigt Arbeiten von Fotograf Russell James
Das brasilianische Model Alessandra Ambrosio posierte 2017 als Cowgirl in Aspen, Colorado vor der Kamera von Russell James.
Dafür engagierte die Marke US-Fußballspielerin Megan Rapinoe, Freestyle-Skifahrerin Eileen Gu, Schauspielerin Priyanka Chopra und Curvy-Model Paloma Elsesser. Vollends punkten konnte das Unternehmen mit seiner neuen Linie aber nicht. Auf Instagram und Twitter kritisieren Nutzer bis heute, dass Kampagnen, die mehrgewichtige Frauen zeigen, zwar eine "schöne Geste" von "Victoria's Secret" seien, vor der Vergangenheit des Unternehmens aber eher unglaubwürdig und heuchlerisch wirken würden.
"Victoria's Secret: Engel und Dämonen"
Ein weiterer Dämpfer folgte 2022, als US-Fernsehdienst "Hulu" eine Dokumentation über die Geschichte des Dessous-Unternehmens ausstrahlte. Unter dem Titel "Victoria's Secret: Engel und Dämonen" klärten die Macher detailliert über den Aufstieg und Fall des Labels – inklusive weiterer Skandale wie der sexueller Belästigung minderjähriger Models durch Jeffrey Epstein und der Markenentwicklung in Anlehnung an die Playmates der Marke "Playboy" –auf. Die Kritik um das Dessous-Label wurde wieder lauter, der Gegenwind wieder stärker.
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Mit dem neuen Konzept der "Victoria's Secret World Tour" möchte das Unternehmen seine gebrochenen Flügel 2023 nun endgültig heilen und als "Pionier" emporsteigen. "Wir sind stolz, ein globales Fashion Event und Film entwickelt zu haben, das dem Publikum Einblicke in kreative Behind The Scenes-Prozesse und persönliche Erzählungen der 'VS20' gibt", schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite.