Raten, zocken, warten. Vor der Bekanntgabe des Literaturnobelpreises am Donnerstag um 13.00 Uhr in Stockholm sind sich die Zocker schon mal einig. Sie brachten den japanischen Romancier Haruki Murakami, 63, kurz vor der Verkündung einsam an die Spitze der Ladbrokes-Wettliste, gefolgt vom Ungarn Peter Nádas, 69, und dem Iren William Trevor, 84. Schon seit längerem zum Favoritenfeld gerechnet werden der Chinese Mo Yan, 57, und die Kanadierin Alice Munro, 81, bei den Ladbrokes-Einsätzen die Nummern vier und fünf.
Das könnte tatsächlich die "kurze Liste" dieses Jahres sein, aus der die Schwedische Akademie am Ende die Entscheidung über den größten aller Literaturpreise fällt. "Plopp, plopp, plopp" beschrieb der Verleger Svante Weyler in einer TV-Ratedebatte zum Literaturpreis, wie er mal als Besucher der Frankfurter Buchmesse die Reaktion auf die Stockholmer Entscheidung erlebt hat: "Da laufen die internationalen Agenten der großen Autoren herum und lassen Champagnerkorken knallen."
Weyler selbst wünscht sich in diesem Jahr den Ungarn Peter Esterhazy. Er sei "eine tolle Mischung aus Innovation und europäischer Geschichtserfahrung". Aber nach acht Vergaben an Europäer in den letzten zehn Jahren gilt das als wenig wahrscheinlich. "Die Amerikaner sind einfach dran", heißt es immer wieder in mehr oder weniger qualifizierten Stockholmer Raterunden.
Museumstück Herta Müller
Seit 1992, als Toni Morrison, 81, sich den Preis von Schwedens König Carl XVI. Gustaf aushändigen ließ, hat es keine Vergabe quer über den Atlantik mehr gegeben. Deutschsprachige Autoren sind in den seitdem vergangenen 20 Jahren gleich dreimal ausgezeichnet worden: 1999 ging der Nobelpreis an Günter Grass, 84, 2004 an Elfriede Jelinek, 65, und 2009 an Herta Müller,59.
Letztere ist trotz ihres vergleichsweise niedrigen Alters sogar schon zum "Museumsstrück" geworden: Das Stockholmer Nobelmuseum zeigt in diesen Wochen eine Ausstellung über die Arbeit der in Rumänien geborenen Berlinerin. Was die Dotierung angeht, hat Müller noch die richtig guten Nobelzeiten erwischt. Sie bekam neben dem handgemalten Diplom, der Medaille und dem royalen Händedruck noch zehn Millionen Kronen überwiesen, nach heutigem Umrechnungskurs knapp 1,2 Millionen Euro.
In diesem Jahr hat die Nobelstiftung das Geld im Gefolge der Finanzkrise um 20 Prozent gekürzt. Der Sturz unter die Millionengrenze auf umgerechnet 930.000 Euro (acht Millionen Kronen) dürfte aber weder Murakami, noch andere mögliche Preisträger wirklich stören. Lassen doch ihre Agenten die Champagnerkorken nicht wegen der Dotierung "ploppen".