"Im Tal der Wölfe" "Wollen nicht über Details reden"

Sie haben mit "Tal der Wölfe - Irak" einen umstrittenen, aber erfolgreichen Film gedreht: Raci Sasmaz und Bahadir Özdener. Erstmals stellten sich die Macher nun der Öffentlichkeit - und beeindruckten mit erstaunlicher Naivität.

Raci Sasmaz und Bahadir Özdener wirken sichtlich nervös, als sie um kurz nach elf Uhr den Grand Ballroom A des Berliner Hyatt Hotels betreten. Ihre Anspannung ist berechtigt: Die beiden unscheinbaren Mittdreißiger, Produzenten und Autoren vom "Tal der Wölfe - Irak", werden sich erstmals zu ihrem umstrittenen Film äußern. Die strengen Mienen auf den Gesichtern der internationalen Journalistenschar verheißen nicht gerade einen flockigen PR-Termin für die beiden Türken.

Obwohl, ein PR-Termin sei dies gar nicht, sondern eine Informationsrunde - auf diese Feststellung legt Moderator Andreas Schneider wert. Er macht wenig Hehl daraus, was er von dem Film hält: nämlich nichts. Damit ergeht es ihm wie vielen, die das Actionwerk um einen türkischen Geheimagenten, der im Irak gegen böse Amerikaner kämpft, gesehen haben.

Deutsche Politiker haben schon lautstark die Absetzung vom "Tal der Wölfe" gefordert, allen voran Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Was ihn und die Heerscharen der Kritiker besonders entzürnt, sind die kaum verhohlenen antiamerikanischen und antisemitischen Klischees, mit denen "Tal der Wölfe" gespickt ist: So versucht der böse Amerikaner mit aller Macht, den Irak zu christianisieren. Ein jüdischer Arzt weidet die Körper irakischer Gefangener aus und verkauft deren Organe in aller Welt - der Westen und die Juden als Feind der arabischen Welt.

Im Westen provokant

Trotz oder wegen dieser, zumindest für den Westen, provokanten Sichtweise ist der Film ein Riesenerfolg: In der Türkei ist er mit vier Millionen Zuschauern der bislang meistgesehene Film. Auch in Deutschland hat der Actionstreifen bereits den Sprung in die Top Ten geschafft. Ende dieser Woche entscheidet die Freiwillige Selbstkontrolle darüber, ob die Alterbeschränkung von 16 auf 18 Jahren hoch gesetzt wird.

Heizt der Film den "Kampf der Kulturen" an? Nein, sagt Produzent Sasmaz ruhig und auf Türkisch. Allerdings: "Natürlich haben die Iraker eine andere Kultur als die Amerikaner." Und weil sie als Besatzungsmacht zu wenig Rücksicht auf die irakische Kultur nehmen würden, könne man so gesehen schon von einem Kampf der Kulturen sprechen, so Sasmaz.

Die Macher haben erschreckend wenig zu sagen

Das war schon der meinungsstärkste Satz an diesem Vormittag, denn Sasmaz und sein Freund und Kollege Özdener haben erschreckend wenig zu sagen zu ihrem Film. Und das, was sie äußern, könnte auch aus einer Erklärung von Amnesty International stammen: "Mit dem 'Tal der Wölfe' wollen wir ein klares Anti-Kriegsstatement setzen", er wende sich gegen Besatzung und Verletzung von Menschenrechten. Keine Rasse, Religion oder Sprache soll als nur gut oder nur schlecht dargestellt werden. "Nein, Vorurteile wollen wir nicht bedienen, nichts liegt uns ferner", sagt Sasmaz.

Doch natürlich spielt "Tal der Wölfe", wie auch Actionfilme made in Hollywood, mit Ressentiments und einem simplem Gut-gegen-Böse-Schema. Nur dass diesmal nicht islamistische Terroristen oder nordkoreanische Agenten die Übeltäter sind, sondern Amerikaner. Ein Blickwinkel der offenbar von den in Deutschland lebenden Türken geschätzt wird: In Berlin oder Hamburg geben die Zuschauer während der Vorführung vom "Tal der Wölfe" schon mal spontanen Szenenapplaus.

Eine interessante Reaktion, findet Drehbuchautor Özdener. Die gebe es in der Türkei nicht. "Hier in Deutschland spricht das Publikum mit dem Film", sagt er und schiebt als Erklärung den Satz hinterher: "Warum die Zuschauer klatschen? Na, weil am Ende die Guten gewinnen."

Özdener verweist auf seine "östliche Sicht"

Das die Guten anders aussehen als ein herkömmlicher Jean-Claude van Damme oder Steven Segal liegt laut Özdener nicht zuletzt an seiner "östlichen Sichtweise". "Wenn etwas aus dem Westen kommt, nehmen die Leute das hin. Aber wenn etwas aus dem Osten kommt, wird einem immer irgendwas unterstellt", klagt der Autor und bittet fast verzweifelt darum, dass man ihm seine guten Absichten doch bitte glauben möge.

Das mit der Glaubwürdigkeit aber ist so eine Sache. Sasmaz und Özdener haben einen platten Streifen mit einer hanebüchenen Handlung produziert, der sich zudem aus einem unerschöpflichen Fundus an Vorurteilen bedient. Mit anderen Worten: einen stinknormalen Actionfilm, "einer von vielen, die man kennt", wie es treffend in der Pressemitteilung heißt.

Das wäre an sich also nicht weiter der Rede Wert. Problematisch aber wird es im "Tal der Wölfe" wenn sich zur Fiktion reale Begebenheiten wie die "Sack-Affäre" oder die Folter in Abu Ghreib gesellen und irgendwann nicht mehr klar ist, welche Wahrheit wann hemmungslos ins Absurde getrieben wird. Reichlich naiv reduzieren die Macher ihr Werk dann plötzlich auf "reine Fiktion" und dass man es eigentlich ganz anders gemeint habe und überhaupt nur einen Dialog in Gang setzen wolle.

Deutlich wird die offensichtliche Gedankenlosigkeit der Autoren, als die Frage aufkommt, warum der Abu-Ghreib-Arzt und Organhändler denn ausgerechnet Jude sein musste. Antwort: "Also, über solche Details wollen wir ja nun nicht ernsthaft reden. Dann können wir gleich darüber diskutieren, warum der Hauptdarsteller in einer Szene einen schwarzen und keinen grauen Anzug trägt", so Özdener. Als eine deutsch-türkische Journalistin diesen Satz hört, steht sie auf und verlässt kopfschüttelnd den Konferenzsaal.

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