Es war Bob Geldof von den Boomtown Rats, der einen Fernsehbericht über die Hungernden in Afrika sah und nicht nur entsetzt war, sondern auch bereit, etwas dagegen zu tun. Zusammen mit einigen befreundeten Musikern spielte er die Single "Do They Know It's Christmas" ein. Die Single wurde ein riesiger Erfolg: Alle Einnahmen flossen direkt an die Bedürftigen auf dem schwarzen Kontinent. In Amerika formierte sich eine ähnliche Bewegung der Musiker. Sie nahmen die Single "We are the World" auf.
Geldofs Engagement kam damit noch lange nicht zum Stillstand. Er brachte beide Charity-Bewegungen zusammen und lud dann zu "Live Aid", einem Konzert, das zugleich im Wembley-Stadion in England und im JFK-Stadion in Philadelphia stattfand. Am 13. Juli 1985 standen dann endlich zahllose berühmte Musiker und Bands 16 Stunden lang auf den beiden Bühnen, um ihre wichtigsten Songs zu spielen. Weltweit sahen dabei 1,5 Milliarden Menschen zu, um das größte Benefiz-Festival aller Zeiten zu bestaunen. Bei der Aktion kamen 140 Millionen Spenden zusammen, die direkt den Hungernden in Äthiopien, Eritrea und dem Sudan zugute kamen.
Im Netz
20 Jahre lang hat Bob Geldof eine Veröffentlichung des Konzertmitschnitts untersagt. Die zunehmende Anzahl der illegalen Mitschnitte im Internet haben Geldof aber noch einmal umgestimmt. Inzwischen liegt das komplette Konzert in einer Box vor, die vier Video-DVDs mit insgesamt zehn Stunden Dokumentation enthält.
Großereignis fürs Heimkino
Zweifelsohne gibt es nicht viele Musik-DVDs, die man unbedingt besitzen muss. Das Set "Live Aid" gehört aber auf jeden Fall dazu. Das Spektakel beginnt recht zahm mit einer Dokumentation über das Projekt und die beiden Charity-Singles, die dem Live-Aid-Konzert vorausgegangen sind. Sobald aber der Live-Mitschnitt einsetzt, hält es den Zuschauer nicht mehr auf seinem Sofa. Vor allem das ausverkaufte und mit Menschenmassen bis zum Rand gefüllte Wembley-Stadion in London strahlt eine unglaubliche Atmosphäre aus.
Während sich die sichtlich begeisterten Künstler die Gitarre in die Hand geben und nach zwei, drei Songs gleich schon wieder den nächsten großen Namen ansagen, darf der Zuschauer staunen, wie stark die Musiker in den Achtzigern noch waren. Während heute fast alles nur noch im Playback gesungen wird, rocken David Bowie, Mick Jagger, U2, Queen, Madonna, Elton John, die Beach Boys, Joan Baez, George Michael, Black Sabbath, Sade, Status Quo und Dutzende weiterer heiliger Ikonen der Popmusik das Stadion.
Mehr zum Thema DVD
Dass die Songs live eingesungen wurden, zeigen ständige Variationen der bekannten Songs. Auch ließen es sich die Musiker nicht nehmen, sich immer wieder gegenseitig zu unterstützen. Und so kommt der Zuschauer in den Genuss, Sting und Dire Straits zusammen "Money for Nothing" singen zu hören. Und Phil Collins, der erst in London auftrat, dann mit der Concorde nach Amerika düste, um in Philadelphia auch noch einmal zu singen, stimmt mit Eric Clapton ein Duett an. Solch magische Momente sind selten geworden bei Großkonzerten. Hier genießt man sie umso lieber.
Die DVDs sorgen mit einem sehr guten Bild und einem soliden Sound in DTS für ein orgiastisches Musikereignis auf dem eigenen Bildschirm. Wer die Stars seiner eigenen Jugend - Simple Minds, Spandau Ballet, Nik Kershaw, Adam Ant, Howard Jones und Ultravox - hier noch einmal aufspielen sieht, der kann sich zwar über Pastell-Jackets, Popperfrisuren und Milchbubigesichter amüsieren. Aber spielen und Musik machen, das konnten die Bands damals wirklich.
Carsten Scheibe
Verleih: Warner Music
Ton: DD 5.1 + DTS
Bild: 4:3
FSK: ab 12 Jahren
Laufzeit: 600 Minuten Preis: ca 40 Euro