Filmfestival Venedig plant den Neuanfang

Von Hollywood bis zum Autorenkino: Das Programm der diesjährigen Filmfestspiele Venedig ist breit gefächert. Immerhin will man den Konkurrenten Berlin und Cannes das Wasser reichen.

Mehr Stars und mehr Publikumsfilme als je zuvor sollen diesmal zum Filmfestival in Venedig kommen. Gleich zur Eröffnung geht es los: Steven Spielberg und Tom Hanks sind leibhaftig am Lido, gezeigt wird "Terminal", eine atemberaubende Geschichte über einen Iraner, der seit 16 Jahren mit Sack und Pack auf dem Flughafen von Paris lebt - eine Story aus dem echten Leben übrigens. Auch Nicole Kidman kommt, sie spielt in "Birth" von Jonathan Glazer. Auch hier ein mehr als ausgefallenes Thema: Ein Junge verliebt sich in eine reife Frau, und um sie zu erobern, gibt er sich als die Wiedergeburt ihres toten Ehemannes aus - "eine Art Rosemary's Baby ohne Übersinnliches und noch beängstigender", kommentiert der neue Venedig-Direktor Marco Müller.

Wim Wenders kämpft um "Gold"

Doch zur großen Überraschung hat Müller auch einen anderen Großen ins Festival geholt: Wim Wenders. Dem gelang 1982 mit "Der Stand der Dinge" etwas, was seitdem in 24 langen Jahren kein anderer Deutscher geschafft hat - einen Goldenen Löwen zu gewinnen. Diesmal ist er mit "Land of Plenty" präsent, ein aufwühlender Film über Armut und Paranoia in Amerika. Ein hoch aktuelles Thema also, doch ohne Hang zur trendigen Überzeichnung, wie schon vorab durchsickerte. Ein deutscher Anwärter auf "Gold", nach langer Durststrecke, endlich mal wieder? Am 7. Oktober läuft "Land of Plenty" in Deutschland an.

Viel Hollywood-Prominenz vertreten

21 Filme sind im Wettbewerb, darunter der Kostümfilm "Vanity Fair" von der Inderin Mira Nair, die schon 2001 "Gold" gewann, "Promised Land" des Israeli Amos Gitai, in dem auch Hanna Schygulla spielt. Aber wie so oft am Lido laufen die großen Filme außer Konkurrenz. Neben "Terminal" ist das diesmal eine fast schon nicht endend wollende Liste berühmter Namen. Da sind Frankreichs Altmeister Claude Chabrol ("La demoiselle d'honneur"), der greise Michelangelo Antonioni ("Eros"). Da sind Marc Forster mit Johnny Depp, Kate Winslet und Dustin Hoffmann in "Finding Neverland", Spike Lee mit Monica Bellucci und Woody Harrelson in "She Hate Me", den Direktor Müller bereits dezent als Streifen von "großer, sublimer Boshaftigkeit" anpreist. Außer Konkurrenz ist auch "Collateral" von Michael Mann mit Tom Cruise.

Konkurrenz für Cannes und Berlin

"Von Hollywood bis zum Autorenkino: Von allem etwas und von allem etwas mehr", jubelt einer der zahlreichen italienischen Kritiker, die Müller überhaupt mit auffällig vielen Vorschusslorbeeren überschütten. Dabei weiß noch heute niemand so genau, warum Direktor Moritz de Hadeln nach nur zwei Jahren gehen musste. Kritiker munkelten schon, die Männer um den TV-Unternehmer und Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wollten das Festival gefügiger machen. Alles vorbei. Selbst das chronisch Berlusconi-kritische Blatt "La Repubblica" (Rom) schwärmt: "Nur eines ist sicher: Das Festival wird nicht langweilig." Das Ziel der Italiener: Die Biennale soll im Stellenwert und was Glanz und Glamour anbetrifft endlich wieder den Konkurrenten Berlin und Cannes das Wasser reichen.

Und die Deutschen sind wieder da, neben Groß-Regisseur Wenders mit drei Streifen. Oskar Roehler bringt "Agnes und seine Brüder" an den Lido, eine Familiengeschichte samt "Suche nach dem großen Glück", wie vorab angekündigt, und Stars wie Katja Riemann und Moritz Bleibtreu. German Kral ist mit "Musica Cubana" dabei und Edgar Reitz mit "Heimat 3 - Chronik einer Zeitwende", wieder ein Mammut-Epos von zwölf Stunden, das neben Berlin das fast schon allseits bekannte Dorf Schabbach auf die Leinwand zaubert. Doch die Hoffnungen auf "Gold" ruhen allein auf Wenders - er ist der einzige Deutsche im Wettbewerb.

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Peer Meinert, DPA

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