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Kinocharts Was für ein Horror

Die verwackelte Dämonenjagd hat alle an die Wand gespielt. Doch neben "Paranormal Activity 4" entpuppt sich auch ein irrer deutsch-indischer Möchtegern-Agent als Kinokassenmagnet.

Platz 10 (7) "Looper"

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Regie: Rian Johnson
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Bruce Willis, Emily Blunt

Immer wieder wird Bruce Willis die Rente empfohlen, und dann kommt unser "Stirb langsam"-Held mit einem neuen Action-Streifen um die Ecke, der seine Kritiker Demut lehrt. "Looper" baut dem Zeitreise-Sci-Fi-Genre ein ganz neues Haus, das mit seiner eigenen logischen Statik sogar standhält. In einer postapokalyptischen Welt (in letzter Zeit ist es anstatt der Bombe oder der Naturkatastrophe immer wieder die Weltwirtschaft) sind Zeitreisen zwar möglich, aber verboten. Nur die Mafia entledigt sich auf diese Weise ihrer Feinde mittels sogenannter Looper, die in die Vergangenheit reisen, um zu töten. Joe (Gordon-Levitt) ist so ein Looper, und eines Tages soll er sein altes Selbst (Willis) töten, um den Kreis zu schließen. Doch weil er weiß, wen er da vor sich hat, zögert er, und schon hat er den Haudegen an der Backe, der nicht ruht, bis sie gründlich aufgeräumt haben im Zeitreise-Geschäft. Irgendwie werden Männer wie Bruce Willis nicht mehr gemacht.

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Platz 9 (5) "Schutzengel"

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Regie: Til Schweiger
Darsteller : Til Schweiger, Moritz Bleibtreu, Luna Schweiger

Wäre "Schutzengel" eine Hollywoodproduktion, würde niemand Fragen stellen: ein zerknirschter Ex-Soldat (Schweiger), eine einzige Zeugin (beeindruckend: Schweiger-Tochter Luna), ein fieser Waffenhändler (wirklich sehr fies: Heiner Lauterbach) und haufenweise schießwütiges Fußvolk. Das ist klassisches, solides Actionkinomaterial, das man normalerweise konsumiert, ohne mit der Wimper zu zucken. Doch weil es ein Til-Schweiger-Film ist und besagter Ex-Soldat für Deutschland in Afghanistan gedient hat, bekommt die Baller-Unterhaltung eine ganz neue Qualität. Plötzlich sitzt Regisseur-Produzent-Hauptdarsteller Schweiger in Talkshows, und zur Premiere kommt der Verteidigungsminister persönlich. In deutschen Filmen taugten Männer von der Front seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht zum Helden. Im neuen Jahrtausend mit seinen neuen Kriegen sieht das anders aus. Dass es nun Ehemänner, Väter, Freunde mit Kriegserfahrung und -trauma gibt, muss die Gesellschaft erst einmal verarbeiten. Und vielleicht taugt ja Schweigers "emotionale Action" dazu, sich dem Thema anzunähern - und sei es aus der harmlosen Richtung des Unterhaltungskinos.

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Platz 8 (6) "Savages"

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Regie: Oliver Stone
Darsteller: Blake Lively, John Travolta, Selma Hayek, Benicio del Toro

Oliver Stone ("Wall Street 2") macht das, was er am Besten kann: Er polarisiert. In "Natural Born Killers"-Manier nimmt der Brachial-Regisseur mal wieder die schönsten, buntesten, süßesten Eindrücke und schmeisst sie in den Hexler, schreddert unser Weltbild und zwingt uns dazu hinzugucken, weil es eben so schön bunt und süß ist. Der Mann weiß, welche Knöpfe er bei der Generation Youtube drücken muss. O ("Gossip Girl" Blake Lively) heißt der fleischgewordene Traum eines California Girls, das seinen Körper mit zwei ebenso schönen Jungs teilt, die mit dem Dealen von Marihuana steinreich geworden sind. Chon (Taylor Kitsch) ist ein Irakveteran, der die dreckige Seite des Geschäfts übernimmt, Ben (Aaron Taylor-Johnson) ein Botanikgenie und Weltverbesserer-Hippie. Das Trio genießt das Leben in vollen Zügen, bis eines Tages ein Video in der Mail wartet, das zeigt, wie ein mexikanisches Drogenkartell seine Feinde mit der Motorsäge köpft. Kartellchefin Elena (geniale "Herzkönigin" Selma Hayek) will ein großes Stück vom Erfolg der Jungs abhaben. Als die nicht willig sind, schickt sie ihren Getreuen Lado (Überzeugend unerträglich Benicio del Toro), um Überzeugungsarbeit zu leisten. O wird entführt, in einem Käfig gehalten, unter Drogen gesetzt, und zwischen Elena und den Jungs beginnen Verhandlungen, die komplett ausarten. In dieser Welt sind alle korrumpiert (vor allem John Travolta als Polizist), im Kern verdorben oder zerstört, am Ende der kapitalistischen Evolution angelangt. Und über all der Grausamkeit scheint jeden Tag aufs Neue in einem knackig blauen Himmel die Sonne.

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Platz 7 (4) "Wie beim ersten Mal"

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Regie: David Frankel
Darsteller: Meryl Streep, Tommy Lee Jones, Steve Carell

Meryl Streep im Bett mit Tommy Lee Jones ist schon ein beeindruckender Anblick: Zwei Erzengel der Traumfabrik spielen ein Ehepaar, das nach Jahrzehnten der Eheroutine wieder unter die gleiche Decke finden muss. Streep zeichnet die in der Gefühlsarktis ihres Mannes erfrierende Kay so fein und uneitel, dass man sofort drin ist im lustlosen Eheuniversum, das dem abgekapselten Arnold (die sprechende Gesichtslandschaft Tommy Lee Jones) nicht einmal auffällt. Kay hat genug und sucht Hilfe bei einem Paartherapeuten (angenehm unlustig: Steve Carell). Diese Öffnung gegenüber Fremden kommt für Arnold natürlich gar nicht in Frage, bis Kay ihn schlicht und ergreifend erpresst. Die Botschaft "Auch alte Menschen lieben und haben Sex" ist nun also auch in Hollywood angekommen. Das ist kein "Wolke 9", aber eine unterhaltsame Auseinandersetzung mit dem Thema für die ganze Familie.

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Platz 6 (-) "Asterix und Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät"

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Regie: Laurent Tirard
Darsteller: Gérard Depardieu, Edouard Baer, Catherine Deneuve, Guillaume Gallienne

Die vierte Realverfilmung der unerreichten Kult-Comicreihe hat sich den Band "Asterix&Obelix bei den Briten" vorgenommen, große Namen wie Gérard Depardieu (Obelix) und Catherine Deneuve aufgefahren und sich aufgemacht, die dritte Dimension zu erobern. Doch auch wenn es diesmal zurück zu den Comic-Wurzeln geht, kann ein Film einfach nicht leisten, was das Schmökern im Heft einem einst gegeben hat. Alea iacta est!

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Platz 5 (-) "Agent Ranjid rettet die Welt"

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Regie: Michael Karen
Darsteller : Kaya Yanar, Tom Gerhardt, Rutger Hauer

So wird es wohl gewesen sein: "Johnny English"? Können wir auch, sagten sich deutsche Produzenten, und schickten Komiker Kaya Yanar als Putzmann Ranjid Bombelapathyia ins Rennen, der eigentlich nur seine magenkranke Kuh retten will, aber fälschlicherweise für einen Superagenten gehalten wird. Dabei stellt er sich so erfolgreich dämlich an, dass er schließlich tatsächlich die Welt vor Bösewicht Freek van Dyk (Rutger Hauer) rettet. Nein, ist definitiv kein "Johnny English" geworden. Und was zum Teufel hat Rutger Hauer hier zu suchen?!

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Platz 4 (3) "Mann tut, was Mann kann"

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Regie: Marc Rothemund
Darsteller: Wotan Wilke Möhring, Jan Josef Liefers, Jasmin Gerat

Selbstverliebter Macho lebt in den Tag, bis er seine Traumfrau trifft und den Sinn der wahren Liebe erkennt... hört sich an wie Til Schweigers Kuscheltierverstümmlungsfilme? Ist aber ganz Schweiger-los, obwohl auch noch "Kokowäh"-Objekt-der-Begierde Jasmin Gerat mitspielt. Mann der anderthalb Stunden ist Wotan Wilke Möhring, "Tatort"-Kommissar wie Schweiger, der zusammen mit seinen ebenfalls herzgestörten Kumpels über das Wesen der Liebe philosophiert, bis er sich schließlich für sie zum Affen macht. Das ist leider immer noch meilenweit entfernt von der Entspanntheit eines "About a Boy".

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Platz 3 (2) "96 Hours - Taken 2"

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Regie: Olivier Megaton
Darsteller: Liam Neeson, Famke Janssen, Maggie Grace

2008 hat Liam Neeson die Kinowelt in Schnappatmung versetzt: Niemand hatte damit gerechnet, dass der damals 56-jährige "Schindlers Liste"-Star mal eben zum härtesten aller Actionhelden aufsteigt. "Taken - 96 Hours" hieß der Film, in dem ein Ex-CIA-Agent seine Tochter aus den Klauen eines albanischen Mädchenhändlerrings befreien muss. Und das tat er so gradlinig, schmerzfrei und wortwörtlich fantastisch, dass man die 93 Minuten Film auf der Stuhlkante verbrachte. Gegen Bryan Mills wirkte Jack Bauer wie ein Anfänger. 226.830.568 Kinokassen-Dollar später folgt die Fortsetzung, denn bekanntermaßen sind Albaner rachsüchtig, und nun muss Mills nicht nur seine Tochter, sondern auch seine frisch zurückgewonnene Frau retten. Logik wie immer ausgeschlossen, dafür hirnlose Action in Reinform. In den USA führt "Taken 2" bereits die Charts an. Teil drei ist in Arbeit.

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Platz 2 (1) "Madagascar 3: Flucht durch Europa"

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Regie: Eric Darnell, Tom McGrath, Conrad Vernon
Mit den Stimmen von: Rick Kavanian, Jan Josef Liefers, Bastian Pastewka

Da sind sie wieder: Nun gibt es den bossigen Löwen Alex, das sture Nilpferd Gloria, die Hypochonder-Giraffe Melman und das irre Zebra Marty auch noch in 3D zu bewundern. Dabei stehlen ihnen allerdings die Pinguin-Gang, der übergeschnappte Lemur und die Truppe eines Wanderzirkus fast die Show. Nachdem die Helden von "Madagascar" endlich ihre afrikanische Heimat gefunden haben, wollen sie nun zurück nach Amerika. Dazu schwimmen (!) sie erst einmal nach Europa, genauer gesagt Monte Carlo, und lassen sich von einer wahnsinnigen Tierfängerin mit beeindruckend haltbarem Lippenstift an den Sehenswürdigkeiten der alten Welt vorbeijagen. Ein wilder, zuweilen psychodelischer Trip - "Tupfen, Tupfen, Tupfen"!

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Platz 1 (-) "Paranormal Activity 4"

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Regie: Henry Joost, Ariel Schulman
Darsteller: Katie Featherston, Kathryn Newton, Matt Shively

Hat jemand mitgezählt? "Paranormal Activity" geht in die vierte Runde. Innerhalb von nur fünf Jahren hat sich die Gruselattacke vom Low-Budget-Überraschungshit in "Blair Witch Project"-Selfmade-Manier zur Multimillionen-Dollar-Reihe gewandelt. Allerdings ist dabei die Glaubwürdigkeit flöten gegangen, denn mittlerweile ist nun wirklich genug Geld da, um einen anständig ausgestatteten Horrorfilm zu drehen oder auch mal ein bekanntes Gesicht ins Rennen um den schlimmsten Schreckmoment zu schicken. Doch nach wie vor sind es unbekannte Nachwuchsschauspieler und verwackelte Webcam-Bilder, die uns das Fürchten lehren sollen, wenn eine Familie das Böse in den eigenen vier Wänden oder bei den freundlichen Nachbarn entdeckt. Und es hilft wirklich nicht, wenn die dramatisch anschwellende Musik so klar und deutlich (wie keines der Bilder es je ist) macht, dass gleich etwas total Schlimmes passiert. Das grenzt an paranormale Passivität.

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sal

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