Eurovision Song Contest Conchita Wurst, Schicksalstage einer Kaiserin

Wird sie die Nachfolgerin von Udo Jürgens? Mit Bartträgerin Conchita Wurst könnte Österreich zum zweiten Mal den ESC gewinnen. Beim Semifinale wurde sie in Kopenhagen wie eine Kaiserin gefeiert.

Als die "Königin von Österreich" wird sie von der Moderatorin Lise Rønne angekündigt. Als Kaiserin Conchita die Erste verlässt sie die Bühne in der Arena auf der Refshaleøen. Kopenhagen ist im Wurst-Fieber. Mit lauten "Conchita, Conchita"-Rufen feiern die 10.000 Zuschauer in der ausverkauften ESC-Arena am Donnerstagabend die österreichische Teilnehmerin Conchita Wurst. Szenenapplaus, Jubelrufe, tosendes Getrampel: Nicht die skandinavischen Nachbarn Norwegen oder Finnland sind der Lieblinge des Kopenhagener Publikums, sondern die Wurst. Viele Fans sind sich bereits sicher: "The Wiener Takes It all."

Österreich steht zum ersten Mal seit 2011 im Finale des Eurovision Song Contest. Die Alpenrepublik konnte sich beim zweiten Semifinale zusammen mit neun weiteren Teilnehmern für die Show am 10. Mai qualifizieren. "Rise Like A Phoenix" heißt der Song von Conchita Wurst. Eine Ballade, die unter anderem von Ali Zuckowski, dem Sohn von Kinderliedsänger Rolf Zuckowski, komponiert wurde und stark an James-Bond-Melodien von John Barry erinnert. Wäre es nach dem Kopenhagener Publikum gegangen, wäre sie vermutlich auch mit einem DJ-Ötzi-Song weiter gekommen.

Denn es war nicht ihr Lied, sondern die Kunstfigur Conchita Wurst, die mit so viel Euphorie gefeiert wurde. Die Frau mit Vollbart, hinter der ein schwuler Mann mit dem bürgerlichen Namen Thomas Neuwirth steckt, versteht sich als Botschafterin für Toleranz. "Ich habe diese bärtige Lady kreiert und möchte damit der Welt zeigen, dass man sein kann, wie man möchte. Und wenn man niemandem wehtut, kann man sein Leben leben, wie man das will, ohne dafür angefeindet und diskriminiert zu werden", sagte sie zu stern.de. Für solche Sätze wird sie von ihren Fans geliebt. Und offenbar auch von Europa.

"Sex sells" auch in Kopenhagen

Mit ihrem Auftritt im güldenen Glitzerfummel stahl die Wurst selbst den Akrobaten aus Griechenland die Schau. Die beiden Jungs von Freaky Fortune und der deutsch-jamaikanische Rapper Risky Kidd sprangen auf der Bühne zu "Rise Up" auf einem Trampolin auf und ab. Willkommen zum aktuellen Sportstudio aus Kopenhagen. Dass der Gesang darunter litt, störte Europa offenbar wenig. Die Griechen hüpften ebenso ins Finale wie die Teenie-Rocker von "Softengine" aus Finnland. Süße Jungs, geile Lichtshow, tolle Musik im Coldplay-Style - das haben sie mehr als verdient. Trendige Namensvorschläge für alle werdenden Eltern liefern sie auch: Topi, Ossi, Eero, Henri und Alarinta.

Nicht weniger originell war der Auftritt von Donatan & Cleo. In einem Phantasiefolklorekostüm wusch die Sängerin zusammen mit ihren ziemlich tief dekolletierten Tänzerinnen Wäsche und schlug Butter. Die Bewegungen dafür haben sie offenbar in einem Warschauer Striplokal einstudiert. Doch Sex sells, Cleo und ihre frivolen Landmädels stehen im Finale. Und jetzt dürfen Sie raten, für welches Land Donatan & Cleo antreten? Nein, nicht für Porno, sondern für Polen.

Gefühl statt Pryotechnik

Am Samstagabend wird es dann auch ein Wiedersehen mit den Gute-Laune-Musikern aus Malta und dem Wikinger aus Norwegen geben. Der lieferte mit "Silent Storm" einen starken Auftritt ab. Gut, dass einer wie er im Finale steht. Ohne Pyrotechnikschnickschnack und mit viel Gefühl lieferte er den Gegenentwurf zum Beispiel zu dem völlig überproduzierten Bühnenspektakel der Rumänen. Paula Seling & Ovi trällerten die mit Beats und Drums beladene Hymne "Miracle". Leider gab es außer einem runden Piano kein wirkliches Wunder. Oder um es mit Loriot zu sagen: "ein Klavier, ein Klavier".

Doch glaubt man den sozialen Netzwerken und den britischen Buchmachern, spielen derlei Sperenzchen am Samstagabend ohnehin keine Rolle. Die Balladen-Königinnen Sanna Nielsen aus Schweden und Conchita Wurst werden demnach den Sieg unter sich ausmachen. Wenn da nicht noch das Dubidubidab des Dänen Basim wäre und der Countrypop der Niederländer. Diese ebenfalls hochgehandelten Beiträge haben die erfolgversprechenden Startpositionen 23 und 24, während Österreich (11) und Schweden (13) in der vorderen Hälfte antreten müssen. Bart oder nicht? Wir dürfen uns auf ein spannendes Finale freuen.

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Startreihenfolge ESC-Finale 10. Mai 2014

1. Ukraine: Marija Yaremchuk
2. Weißrussland: TEO


3. Azerbaidschan: Dilara Kazimova


 4. Island: Pollapönk

5. Norwegen: Carl Espen

6. Rumänien: Paula Selig & Ovi


7. Armenien: Aram Mp3


8. Montenegro: Sergej Cetkovic


9. Polen: Donatan & Cleo

10. Griechenland: Risky Fortune feat. RiskyKidd
11. Österreich: Conchita Wurst

12. Deutschland: Elaiza

13. Schweden: Sanna Nielsen

14. Frankreich: Twin Twin

15. Russland: Tolmachevy Sisters
16. Italien: Emma Marrone

17. Slowenien: Tinkara Kovac

18. Finnland: Softengine

19. Spanien: Ruth Lorenzo

20. Schweiz: Sebalter
21. Ungarn: Andra Kallay-Saunders

22. Malta: Firelight

23. Dänemark: Basim

24. Niederlande: The Common Linnets

25. San Marino: Valentina Monetta

26. Großbritannien: Molly

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