Roman Lobs erste Probe in Baku Das Wunderbärchen

Ohne Firlefanz, dafür mit viel Gefühl: Roman Lob hat in Baku seine erste Bühnenprobe absolviert. Mit einem sehr reduzierten Auftritt will er beim Eurovision Song Contest punkten. Warum so bescheiden?

Eine ganze Flasche Jägermeister will er trinken, falls er den Eurovision Song Contest gewinnt. Die Chancen, dass es so weit kommt, stehen im Moment allerdings nicht sonderlich gut. Der deutsche Teilnehmer Roman Lob wird bei englischen Buchmachern nur auf Platz elf gewettet. Seine Ballade "Standing Still" scheint gegen die Party-Omas Buranovskiye Babushki aus Russland, die Amy Winehouse aus Italien, Nina Zilli, und die Drama-Queen Loreen aus Schweden chancenlos zu sein. Doch nach der ersten Probe in Baku trauen ihm viele mehr zu. Lob wird von einigen sogar als Geheimfavorit gehandelt.

Der 21-jährige deutsche Teilnehmer für den ESC 2012 hat am Samstagnachmittag zum ersten Mal Eurovisionsluft geschnuppert. In der Kristallhalle in Baku, in der am 26. Mai das ESC-Finale stattfindet, absolvierte er seine erste Probe. Sein Outfit, eine schwarze Wollmütze und ein Schlabbershirt, sind noch nicht finaltauglich, seine Leistung schon. "Mir geht der Stift", hatte er in Deutschland seine Nervosität vor Auftritten beschrieben. Heute ist ihm davon nichts anzumerken. Roman wirkt entspannt und souverän. Mit klarer und präsenter Stimme kann er viele der zirka 150 anwesenden Journalisten und Fans in der Halle überzeugen.

Reduzierter Auftritt passend zum Lied

"Damit hat er sogar Chancen, den Erfolg von Lena zu wiederholen", sagt David aus Spanien. Der Song sei europaweit kompatibel und Lob habe im Gegensatz zu manchem seiner Mitbewerber eine perfekte Stimme. "Es war eine sichere Performance. Er scheint nicht nervös zu sein", sagt auch Katerina aus Schweden. Außerdem sehe Roman "süß" aus, "das kann auch helfen". Trotzdem kritisiert sie das Lied als ein bisschen zu langweilig. "Mein Ding ist das nicht."

"Standing Still" ist ein Song ohne La-la-las und die sonst beim Grand Prix so beliebten Mitsing-Refrains. Ebenso reduziert wie das Lied ist auch die Bühneninszenierung. Bis zum Finale kann diese zwar noch verändert werden, doch bislang muss Roman ohne Pyrotechnik, Windmaschine und Trickkleider auskommen. Ähnlich wie bei Lenas erster Teilnahme mit "Satellite" 2010 steht der Künstler im Mittelpunkt. Wenn Lob zusammen mit der Band auf der Bühne steht, sorgen einzig die tanzenden Lichtkegel der Scheinwerfer für Effekte.

Wird das Knopfauge zum Wunderbärchen?

"Der Song würde mit einer spektakuläreren Show unglaubwürdig wirken. Das ist ein ruhiger, zurückhaltender Song und Roman ist nicht die Tanzmaus", erklärt Eurovisionsforscher Irving Wolther die reduzierte Inszenierung. Trotzdem glaubt er, dass die Chancen für ein gutes Abschneiden gegeben seien. "Roman kommt sehr, sehr gut rüber."

Deutschland muss sich also auch im Jahr eins nach Lena keine Sorgen machen. Eine Blamage wie bei Gracia oder den No Angels scheint ausgeschlossen, die Zeiten kollektiver Eurovisions-Depression vorbei. "Never fearful, always hopeful" ("Habe nie Angst, aber immer Hoffnung") steht auf dem riesigen Tattoo auf Roman Lobs Brust. Das könnte für ihn auch zum Eurovisionsmotto werden. Vielleicht entpuppt sich unser Knopfauge für Baku am Ende ja sogar als Wunderbärchen.

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