Impf-Mythen Wie Nicki Minaj mit einem Hoden-Tweet eine Impf-Diskussion startete

Nicki Minaj steht vor einer Wand und fasst diese mit einer Hand an, sie schaut dabei zur Seite
Nicki Minaj behauptete auf Twitter, ein Freund ihres Cousins sei nach der Covid-19-Impfung impotent
© picture alliance / abaca | ABACA / Picture Alliance
Die Rapperin Nicki Minaj behauptete auf Twitter, ein Freund ihres Cousins sei nach der Covid-19-Impfung impotent. Dafür bekam sie so viel Kritik, dass sich nun sogar der britische Premierminister Boris Johnson äußerte. 

Wenn Promis nicht gerade Teil einer Impfkampagne oder Anführende eines verschwörerischen Telegram-Channels sind, ist über ihre Haltung zur Covid-19-Impfung meist wenig bekannt. Rapperin Nicki Minaj hat nun mit einer Reihe von Tweets gezeigt, dass sie zumindest Bedenken gegenüber der Impfung zu haben scheint. Die von ihr wiedergegebene Geschichte allerdings – es geht um geschwollene Hoden – hat ihr nun so viel Kritik eingebracht, dass sich sogar der britische Premierminister Boris Johnson dazu äußerte. Doch der Reihe nach. 

"Mein Cousin in Trinidad wird sich nicht impfen lassen, weil sein Freund [die Impfung] bekam und impotent wurde", twitterte die 38-jährige Minaj am Montag. "Seine Testikel sind angeschwollen." Belege oder weitere Details zu dem Befund lieferte sie nicht. Dafür aber ein trauriges Ende der mutmaßlichen Anekdote: Die Partnerin des Mannes habe nach der Diagnose die bevorstehende Hochzeit annulliert, so Minaj. "Also bete und sei sicher, dass du dich mit der Entscheidung wohlfühlst", schrieb sie, scheinbar als Wegweiser für andere Menschen mit Zweifeln. Doch das kam nicht besonders gut an. 

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Nicki Minaj will sich selbst impfen lassen 

Obwohl Minaj bis dahin keine ausdrückliche Empfehlung für oder gegen die Impfung veröffentlicht hatte, häuften sich schon innerhalb kürzester Zeit Häme unter ihrem Tweet. So unterstellten Kommentierende der Rapperin, sie verbreite Falschinformationen über die Impfung. "Als ich aufwuchs, war 'mein Cousin' der Anfang einer jeden großartigen Lüge", schrieb eine Person. Eine andere äußerte eine Vermutung, woher die geschwollenen Testikel und das Beziehungsende wirklich kommen könnten: "Das einzige, was der Freund deines Cousins hat, ist eine Geschlechtskrankheit."

Bis zum Mittwochmorgen wurde Minajs Testikel-Tweet über 111.000 Mal geteilt, zumeist unter Spott und Kritik. Dabei hatte sie schon kurz nach der Veröffentlichung klargestellt, dass sie die Impfung empfehle und sich auch selbst impfen lassen werde.

So richtig überzeugt wirkte sie dabei allerdings nicht: "Viele Länder lassen Menschen nicht arbeiten, wenn sie nicht geimpft sind", behauptete Nicki Minaj. Tatsächlich gibt es in den meisten Ländern lediglich eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, die meist auch durch eine Testpflicht umgangen werden kann. "Ich werde sichergehen, dass ich geimpft bin, weil ich auf Tour muss", fuhr Minaj davon unbeirrt fort. Später fragte sie ihre Follower und Followerinnen nach dem ihrer Meinung nach besten Impfstoff. 

Nicki Minaj bekommt für ihren Tweet auch Zuspruch

Weil das Internet groß ist und die Menschen dort keine homogene Masse, gab es neben der Kritik aber auch viel Zuspruch für Nicki Minaj und ihren kurzen Ausflug in die Welt der Medizin. Es sei wichtig, dass die Rapperin ihre Plattform dafür nutze, über die Covid-19-Impfung aufzuklären und Menschen zu informieren, so die Kommentare dazu. Allein: Aufklärung funktioniert durch Fakten. Und diese liefert Nicki Minaj in ihren Tweets nicht. 

Im Gegenteil: Für Minajs Behauptung über eine Kausalität zwischen Impfung und Impotenz – also dass letztere durch den Impfstoff verursacht werde – gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Studien aus den USA haben ergeben, dass die Covid-Impfung mit mRNA-Stoffen die Spermienanzahl nicht beeinflusst habe. Auch für die Fruchtbarkeit von Frauen sei die Impfung nicht gefährlich, sagen Experten und Expertinnen aus der Wissenschaft und beim Paul-Ehrlich-Institut: Das bei der Entwicklung der Plazenta wichtige Syncytin werde durch den Impfstoff nicht angegriffen oder gestört. 

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Boris Johnson: "Bin mit der Arbeit von Nicki Minaj nicht vertraut"

Nicki Minajs Hodengeschichte hat sich unterdessen allerdings zu einem kleinen Politikum entwickelt. Als der britische Premierminister Boris Johnson und der Epidemiologe und Corona-Berater Chris Whitty am Dienstag bei einer Pressekonferenz auf den Tweet angesprochen wurden, bezeichneten sie die Geschichte als Falschbehauptung. 

Es gebe eine hohe Anzahl an Mythen über die Impfung, so Whitty. "Einige davon sind einfach nur lächerlich und wurden dazu erfunden, um Menschen Angst zu machen." Minajs Geschichte gehöre ebenfalls zu dieser Kategorie, erklärte der Epidemiologe. Johnson dagegen sagte, er sei nicht besonders vertraut mit der Arbeit von Nicki Minaj: "Aber ich kenne Nikki Kanani, die Ihnen sagen wird, dass Impfungen wundervoll sind und jeder welche bekommen sollte." Kanani ist eine bekannte englische Ärztin.

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Die ohnehin besondere Testikel-Twittergeschichte nahm daraufhin eine weitere Wendung. In einer bizarren Sprachnachricht adressierte Nicki Minaj den Premier am Dienstagabend im britischen Akzent: "Ich war in Oxford, ich ging auf eine Schule mit Margaret Thatcher", scherzt sie. "Ich würde Ihnen gerne ein Portfolio meiner Arbeit schicken, da Sie ja nicht so viel über mich wissen."

Schlimmer als der Ruf als vermeintliche Impfgegnerin scheint für Nicki Minaj also vor allem die Tatsache zu sein, dass sie nicht die wichtigste Nicki im Königreich ist. Vielleicht auch ein Indiz dafür, dass ihre Stimme in medizinischen Angelegenheiten nicht unbedingt richtungsweisend sein sollte. 

Quelle: Twitter 

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