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ZDF Magazin Royale Böhmermann teilt gegen "Bild"-Chef aus — und nimmt Ischgls Corona-Krisenmanagement auseinander

Jan Böhmermann
TV-Entertainer Jan Böhmermann nahm das Krisenmanagement Ischgls vor einem Jahr auseinander.
© Christophe Gateau / DPA
Jan Böhmermann spielte in seinem "Magazin Royale" mal wieder verbal "Hau-den-Lukas" – nur war der Lukas diesmal Julian Reichelt. Und auch das Corona-Krisenmangement des Après-Ski-Eldorados Ischgl bekam sein Fett weg.

Jan Böhmermann macht in seiner Sendung "Magazin Royale" keine Gefangenen und teilt gern heftig aus. Die Mobbing- und Machtmissbrauchs-Vorwürfe gegen "Bild"-Chef Julian Reichelt? Ein gefundenes Fressen für den Satiriker. Der ließ die Steilvorlage nicht an sich vorüberziehen und wartete mit einer Boulevard-Persiflage von "Bild Live" auf. Zu sehen: ahnungslose Reporter, die vor laufender Kamera Nicht-News als Schlagzeilen vermarkten, versuchen, die neuesten Insiderinformationen aus dem Handy zu kitzeln. Er merkte ironisch an, in unsicheren Zeiten sei es so wichtig, "dass nüchtern und sachlich die richtigen Fragen gestellt werden, und die Berichterstattung muss seriös sein". Ob Reichelt das auf sich sitzen lässt, bleibt abzuwarten.

Vom Axel-Springer-Hochhaus ging's dann ganz schnell an einen anderen Ort, der zuletzt ebenfalls für Schlagzeilen sorgte: Österreich. "Österreich, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, unbegrenzt, also so lange die Kellertür nicht abgeschlossen ist. Piefkes wie ich lieben Österreich, obwohl von dort einst ein gemeingefährlicher völkischer Kleinkünstler nach Deutschland kam, um Europa ins Unheil zu stürzen." Klar, Andreas Gabalier war gemeint – und die ganze Après-Ski-Partyszene gleich mit.

"Seilbahn-Gondel schmusen"

Denn es gab etwas – ähem, wie könnte es auch anderes sein, schließlich handelt es sich um das Après-Ski-Paradies schlechthin – zu feiern. "Schon das Logo sieht so aus, als könnte man Ischgl in einer Halbliterdose kaufen und mit ordentlich Vodka mischen", so Böhmermann. Ein Örtchen, in dem es vor allem um eines geht: Party, Party, Party – auch dann noch, als sich längst ein neuartiges Virus auf den Weg gemacht hatte, um für Unruhe zu sorgen. "Momentchen mal, gemütlich mit fünf Fremden aus vier verschiedenen Haushalten in der Seilbahn-Gondel schmusen und aus einem im Gebüsch gefundenen Ski-Helm Frittatensuppe schlürfen, mitten in der Pandemie? Was soll denn dabei schiefgehen?", so Böhmermann. 

Tja, kurz im Kalender geblättert: Genau, vor einem Jahr war Ischgl dichtgemacht worden. "Ischgl, der erste Corona-Supercluster in Europa, vor allem von dort aus hat sich das Virus verbreitet", so Böhmermann. Das nahm der Satiriker zum Anlass, sich das Örtchen einmal zur Brust zu nehmen – er hievte sodann 10.000 Seiten Ermittlungsakten auf den Tisch, darin Etliches, was Fragen aufwirft. Kurz: Das Krisenmanagement Österreichs? Durchaus befremdlich. So hatte man damals auf eine Agentur gebaut, die in Sachen Kommunikation unterstützen sollte, denn laut Behörden sollte der Ball erst einmal flachgehalten werden, "proaktiv" handeln wollte man nicht. Selbst dann noch, als eine Warnung aus Island einging. Die Reiserückkehrer hätten sich wohl im Flugzeug infiziert, behauptete man, und die Party ging weiter.

Links spricht ein weißhaariger Mann mit randloser Brille, rechts leuchten die Rücklichter einer U-Bahn in einem Bahnhof

"Wie ein Hottentotten-Staat"

"Glaubt doch sowieso keiner, dass man sich in Bars, die Kuhstall oder Schatzi-Bar oder Nikos Hexenküche heißen, was anderes holen kann als Lumumba, Bombardino oder Chlamydien", so Böhmermann. Einer immerhin sah das Treiben wohl kritisch. In einer SMS schrieb ÖVP-Politiker Franz Hörl demnach: "Wenn eine Kamera den Betrieb sieht, stehen wir Tiroler da wie ein Hottentotten-Staat und stehen ganz schnell auf der deutschen Liste. Der Imageschaden für Ischgl und Tirol ist unermesslich".

Anhand von Bild- und Tondokumente sezierte Böhmermann dann das österreichische Profitstreben und den Massentourismus – inklusive Ermittlungen im Nachklang. "Meine Erfahrung mit Österreich sagt mir, eher bekommen alle Yucca-Palmen in Niedersachsen Corona-Impfungen, als dass einer der Beschuldigten in Ischgl eine echte Strafe kriegt. In Österreich läuft nämlich immer schon alles ein bisschen anders als anderswo, das hat System."  

Was wäre eine Böhmermann-Sendung ohne das große Feuerwerk zum Schluss. Der Satiriker schlüpfte ins Gewand eines Alpenrockers, das Vorbild Gabalier ist unschwer zu erahnen, und gab als "Tommy Tellerlift" den neuesten musikalischen Coup zum Besten "Ischgl-Fieber" – wie so oft nahezu perfekt karikiert.

tpo.

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