Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich einen neuen Regierungssprecher suchen: Ulrich Wilhelm ist am Donnerstag zum Intendanten des Bayerischen Rundfunks (BR) gewählt worden. Im Sommer will der 48-Jährige sein Amt in Berlin abgeben. Am 1. Februar 2011 tritt er in München die Nachfolge von BR-Intendant Thomas Gruber an.
Der BR-Rundfunkrat kürte den 48-jährigen Wilhelm mit 40 von 44 Stimmen zum Intendanten der viertgrößten ARD-Anstalt. Sein Gegenkandidat, der BR-Landtagskorrespondent Rudi Erhard, bekam drei Stimmen, ein Rundfunkrat enthielt sich. Wilhelm sagte, für ihn sei dies eine Rückkehr zu seinen Anfängen beim BR in München. Der Bayerische Rundfunk sei sehr gut aufgestellt. Das wolle er erhalten und "vielleicht in Teilen auch noch steigern".
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und Medienminister Siegfried Schneider erklärten, Wilhelm werde als neuer Intendant fachlich und menschlich überzeugen. "Sein überzeugendes Wahlergebnis im Rundfunkrat mit Stimmen aus allen gesellschaftlichen Bereichen ist eine ausgezeichnete Basis für dieses verantwortungsvolle Amt." Wilhelm werde den BR in den nächsten Jahren "mit Umsicht, Erfahrung und Charme erfolgreich führen".
Merkel hatte den einstigen Sprecher des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber 2005 nach Berlin geholt - damals noch als Sprecher der schwarz-roten Koalition. Als Intendant trägt er die Verantwortung für das gesamte Programm der fünf Hörfunksender und des Bayerischen Fernsehens, 3.000 Mitarbeiter und einen Etat von einer Milliarde Euro. Seine Amtszeit beträgt fünf Jahre.
Gegenkandidat lobt fairen Umgang
Vor seiner Wahl hatten der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender und Politiker mehrerer Parteien kritisiert, ein direkter Wechsel vom Regierungssprecher zum BR-Intendanten könnte Zweifel an der Staatsferne des öffentlichen Rundfunks bestärken. Vier Rundfunkräte hatten trotz Wilhelms "großer professionellen Erfahrung und seiner menschlichen Qualitäten, die von uns nicht angezweifelt werden", Erhard als Gegenkandidaten nominiert.
Die Mehrheit im BR-Rundfunkrat stellen die parteipolitisch unabhängigen "Grauen", die von Verbänden, Vereinen und gesellschaftlichen Gruppen berufen werden. Erhard lobte: "Der Rundfunkrat ist sehr offen, fair, aber auch kämpferisch mit mir umgegangen."
Ulrich Wilhelm ist Jurist, hat die Deutsche Journalistenschule in München besucht und mehrere Jahre für den Bayerischen Rundfunk gearbeitet. Stoiber holte ihn 1991 ins Innenministerium, zwei Jahre später folgte Wilhelm ihm als Sprecher in die Staatskanzlei. Als jüngster Amtschef in der Geschichte des Freistaats wurde er 2004 ins bayerische Wissenschaftsministerium geschickt. Wilhelm ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Familie lebt in München.