Anzeige
Anzeige

Maybrit Illner In der TV-Bürgersprechstunde zeigt sich: Aus Olaf Scholz wird kein Trostspender mehr

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht mit ZDF-Moderatorin Maybrit Illner (r.)
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Gespräch mit ZDF-Moderatorin Maybrit Illner (r.)
© Svea Pietschmann / ZDF / DPA
Olaf Scholz war gekommen, um bei Maybrit Illner Fragen von Bürgern zu beantworten. Das tat er, viel Zuversicht konnte er mit den Antworten aber nicht verbreiten. Auch hatten die Gäste mehr Sorgen, als in die 67 Minuten passten. 

Bald ist in Berlin Sommerpause, und wäre 2022 ein halbwegs normales Jahr, würden sich die kleinen und großen Aufgeregtheiten des politischen Betriebs nun ein paar Wochen lang etwas legen. 2022 ist allerdings kein halbwegs normales Jahr und so schloss Maybrit Illner ihre vorerst letzte Sendung mit den wenig erbaulichen Worten: "Wir sind uns in der Runde einig, dass wir in ganz dramatischen Zeiten leben."

"Das sind so viele Themen zusammen"

67 Minuten saß sie zuvor mit ihrem Spitzengast, Kanzler Olaf Scholz, und der Gesprächsrunde aus fünf Bürgerinnen und Bürgern zusammen. Die Menschen kamen mit Fragen und Sorgen, und vermutlich hatte niemand erwartet, dass nach diesem Abend alle Probleme gelöst werden würden. Aber nicht einmal besonders viel Zuversicht oder etwas wie ein Aha-Erlebnis waren drin. "Das sind jetzt so viele Themen zusammen", sagte der Regierungschef an einer Stelle. Er wirkte dabei nicht überfordert, sondern eher genervt.

Die Gäste bei  Maybrit Illner:

  • Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler
  • Ralf Berning, Intensivpfleger, davor Zeitsoldat der Bundeswehr
  • Rifka Lambrecht, Studentin
  • Cornelia und Steffen Stiebling, Familienbäckerei in Thüringen
  • Kateryna Mishchenko, ukrainische Verlegerin und Autorin, aus Kiew geflüchtet

"Krieg, Corona, Klima – eine Krise zu viel, Herr Kanzler?”, nannte die Redaktion ihre Sendung, ganz so, als hätte sich Olaf Scholz die ganzen Probleme freiwillig aufgehalst. Im Laufe der Sendung zeigte sich, dass es noch einen Haufen mehr Schuhe gibt, die die Menschen drücken: Armut, Rente, Gehälter, Unternehmenssteuern, Staatsverschuldung. Vieles hängt irgendwie mit allem zusammen, "kompliziert auszumendeln" sei das alles, sagte Maybrit Illner, weswegen die Bürgerfragestunde auch schnell ausfaserte und am Ende nicht nur die Gäste etwas hilflos zurückließ.

Olaf Scholz: Heute keine Lösung

Zu Beginn war Regierungschef noch freundlich bemüht, die komplizierten Zusammenhänge zu erklären. Auch stellte er sein eigenes Licht dabei nicht unter den Scheffel. Selbst ein wenig Mutmacherei war dabei, obwohl er meist nur wenig Erbauliches zu verkünden hatte. Als etwa das vor dem Ruin stehende Bäckerpaar Stiebling wissen wollte, was sie angesichts der "horrenden Energie- und Rohstoffpreise" tun sollen, sagte Scholz: "Erstes Ziel ist es, dass die Energiepreise nicht ganz so sehr explodieren". Doch das gehe eben nicht von heute auf morgen.

Viel mehr hatte er nicht zu bieten. Und letzteres, mehr geseufzt als behauptet, galt für meisten Themen an diesem Abend, etwa für den Klimawandel. Auftritt Rifka Lamprecht. Die Studentin hatte sichtlich Freude daran, den SPD-Mann immer wieder an seine Klimaversprechen zu erinnern und ihn auch sonst zu piesacken. "Ich teile ihre Auffassungen zur Klimakrise nicht". "Ich würde ihnen gerne widersprechen, wenn ich darf", entgegnete der Kanzler dann, und wurde im Verlauf der Diskussion zunehmend ungehaltener.

Nicht erst seitdem der Hamburger im Kanzleramt sitzt, umweht ihn der Ruf von unverbindlicher Unnahbarkeit. Früher war er mal der "Scholzomat", mittlerweile wirkt Scholz zugänglicher, aber auch nur, wenn er will. Und das war zuletzt nicht immer der Fall. Dabei gibt es in Krisenzeiten wie diesen sehr viel zu erklären, einzuordnen, zu beruhigen und vielleicht sogar auch mal zu menscheln. Immerhin: Scholz versucht es. Vor ein paar Tagen im ARD-Sommerinterview, dann in der Fragestunde des Bundestags und nun eben bei Maybrit Illner.

Zuviel Details sind auch nicht gut

Illners ZDF-Kollege Markus Lanz sagte einmal über die Selbstkontrolle des Kanzlers: "Er wirkt so, als habe er einen 'zweiten Hirnstrom', der alles, was der erste macht, überwacht." Auch jetzt wieder gab es die Momente, die zeigten, warum Scholz' Art so oft nicht ankommt: Vereinfachen die Gesprächspartner zu sehr, wie Studentin Lamprecht, reagiert er beinahe persönlich beleidigt. Wird er kritisiert, wie von Intensivpfleger Berning oder den Stieblings, errichtet er eine Wand aus Details. Scholz' Stärke, über jedes Problem ausführlich referieren zu können, hat den Nachteil, das dadurch überhaupt erst klar wird, wie komplex und aufwendig die Lösung ist. Fürs Gemüt ist das nichts.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel