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Uri Geller Die Unterirdischen sind zurück

Quatschparade der Mentalisten und Magier: Gestern Abend schickte Uri Geller Botschaften ins All und wartete auf Antworten. Dass die Außerirdischen stumm blieben, bewies vor allem eines: ihren gesunden Menschenverstand.
Von Mark Stöhr

Es gibt sie die Unterirdischen, wir haben sie gesehen. Gestern Abend auf ProSieben feierten sie fast drei Stunden lang eine Messe ihres Halbwissens. Anführer der Unterirdischen ist Uri Geller, der als Fotomodell begann, bevor er zum Löffelverbieger wurde. Das ging immer so lange gut, wie er seinen eigenen Löffel dabei hatte. Geller ist ein lausiger Zauberer, dafür aber ein umso begabterer Fernsehprediger. Er macht aus Mist Millionen und verkauft seine Taschenspielertricks als Evangelium einer paranormalen Wirklichkeit.

Anfang des Jahres suchte er in "The next Uri Geller" auf dem gleichen Sender einen Nachfolger. Wer gehofft hatte, der 61-Jährige würde sich danach zur Ruhe setzen und fortan nur noch seine Frau anschwindeln, sah sich bitter enttäuscht. Geller kehrte zurück - für das "größte Experiment meines Lebens".

Gellers telepathische Brücke ins Universum

Die Unterirdischen wollten mit den Außerirdischen in Kontakt treten. Von ganz unten nach ganz oben ist es ein schöner Weg, mehrere Lichtjahre weit. Ein Radioteleskop in der Ukraine schickte Botschaften der ProSieben-Gucker ins All. Im Schaltzentrum saß ein Herr Michailowitsch, dem seinem Anzug nach zu urteilen noch niemand mitgeteilt hatte, dass der Kalte Krieg vorbei ist. Auch wusste er mit Sicherheit nicht, dass der Typ, der extra aus Deutschland angereist war - Daniel Aminati -, beim letzten "TV Total Turmspringen" eine gewaltige Arschbombe ins Wasser gesetzt hatte. Ein zweites Radioteleskop, diesmal in Norditalien, sollte die Antworten der Außerirdischen empfangen. Nun hieß es warten. Würde E.T. tatsächlich antworten?

Da bloßes Warten ein echter Quotenkiller ist, baute Geller noch eine telepathische Brücke ins Universum. Die Zuschauer sollten sich mit Stift und Zettel auf ihn und die außerirdische Intelligenz konzentrieren, was ungefähr dasselbe ist. "Schicken Sie Bilder des Friedens hinaus", rief er und guckte dabei wie unter Drogen. Außerdem: "Gehen Sie raus und schauen Sie, ob sich etwas Ungewöhnliches ereignet!" Die ersten Reaktionen kamen prompt. Eine Frau aus Passau entdeckte seltsame Lichter am Himmel. Im Volksmund nennt man das Phänomen auch Sterne. Ein Mann berichtete, in seiner Wohnung seien beim Malen des Bildes die Sicherungen rausgeflogen. Er hätte mal lieber bei seinem Vermieter angerufen und die alten Leitungen moniert. Aber so ist es immer: Taucht ein Unterirdischer auf, sind gleich zehn andere da. Das war im Studio nicht anders.

Hat E.T. geantwortet?

Uri Geller hatte die üblichen Verdächtigen mitgebracht. Nina Hagen, ehemals ehrlich wahnsinnig, mümmelte dement an einem Butterbrot. Erich von Däniken, der sich scheinbar vom gleichen Friseur wie Geller die Haare färben lässt, gab seine Theorie zum Besten, nach der Außerirdische vor Tausenden von Jahren auf der Erde gewesen seien und den Menschen als Götter dienten. Vincent Raven, der Gewinner von "The next Uri Geller" und "Franjo Pooth der Mentalisten" (Stefan Raab), sprach mit seinem Raben. Der erzählte ihm, dass es in der "Anderswelt" Seelen ohne menschlichen Körper gäbe. Da ging ein Raunen durchs Publikum. Und als dann noch ein Pärchen auftrat, das sich nach eigenem Bekunden in einem Raumschiff von Außerirdischen kennengelernt hat, kannten die Ohs! und Ahs! keine Grenzen mehr. Sie habe ein Implantat im Ohr, behauptete die Frau, und sei deswegen schon bei ihrer Hausärztin gewesen. Die habe jedoch nichts gefunden. Komisch. Vielleicht mal beim Psychiater nachfragen?

Plötzlich Alarm in der Ukraine. Herr Michailowitsch und seine Genossen standen unruhig vor ihren Rechnern. Hatte E.T. geantwortet und sich bloß in der Ländervorwahl geirrt? Wurde sie Wirklichkeit, "die größte Sensation der Fernsehgeschichte"? Daniel Aminati und seine Dolmetscherin verstanden nur Bahnhof. "Irgendwas stimmt hier nicht", so viel war klar. Klarer wurde es bis zum Ende der Sendung nicht. Wahrscheinlich lief bloß gerade Herrn Michailowitschs eBay-Auktion aus, und er präsentierte stolz den Kollegen seinen neuen Lada. Und selbst den hätte Uri Geller als Beweis für die Existenz außerirdischen Lebens verkauft. Ist die Wahrnehmung erst einmal verhunzt, kennt sie kein Richtig und kein Falsch mehr. Der letzte Augenzeuge des vermeintlichen UFO-Absturzes im US-Bundesstaat New Mexiko 1947 starb direkt nach dem Besuch der ProSieben-Redaktion. Das kann kein Zufall sein, war sich Geller sicher. Ein Unterirdischer weiß, wann ein über 80-Jähriger, der kaum mehr alleine geradeaus gehen konnte, im Normalfall das Zeitliche zu segnen hat. Was für ein sagenhafter Quatsch.

Das All blieb übrigens bis zum Schluss stumm. Die Außerirdischen verweigerten dem Fernseh-Scharlatan von ganz unten die Gefolgschaft. Das spricht für ihren gesunden Menschenverstand. Vielleicht kennen sie sich auch einfach nicht so gut mit Fußball aus, denn eine Frage von der Erde lautete: Wird Schalke Deutscher Meister? Die Antwort hätte ohnehin nur sein können: Deutscher Meister wird der VfL Bochum. Das zwitschern doch die Raben von den Dächern.

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