In den vergangenen Jahrzehnten hat die Mode der Rechtsextremen eine kontinuierliche Entwicklung hin zu immer größerer Mehrdeutigkeit vollzogen. Noch in den 90ern war leicht zu erkennen, wer ein Faschist war. Es dominierte die brutale Neonazi-Szene. Dies waren die Baseballschläger-Jahre. Offen trug man Symbole des Nationalsozialismus. Die Erkennungsmerkmale waren eindeutig: Springerstiefel, Glatze und irgendwo eine Nazi-Rune oder ein Hakenkreuz. Diese Szene gibt es noch. Auf Rechtsrockfestivals stellen Neonazis immer wieder unverhohlen faschistische Symbole zur Schau.
Doch eigentlich ist die rechte Szene raffinierter und diskreter geworden. In den 2010er Jahren gründete sich die "Identitäre Bewegung". Sie hatte verstanden, dass mit einem eindeutigen Bekenntnis zur Zeit des Nationalsozialismus heute keine Mehrheiten mehr zu gewinnen waren. Also verpackte man seine Ideologie auf etwas smartere Art und Weise. Man setzte auf Mehrdeutigkeit – auch in der Mode. Man ließ die Dinge in der Schwebe und versteckte sich hinter ironischer Attitüde. Man kopierte den Dresscode der Linken. Denn die hatte mit der 68er-Bewegung gezeigt, wie man seinen Style effizient durchsetzt.
"Nipster"? Erst beim Reden merkt man: Nazi!
Seitdem sind extreme Rechte und Antifa oft schwer auseinanderzuhalten. Häufig finden sich nur noch feine Unterscheidungsmerkmale, die signalisieren, wer zu welcher Szene gehört. Nazis können inzwischen sogar aussehen wie waschechte Hipster. So wurde der Begriff "Nipster" geboren, ein Zusammenschluss aus den beiden Begriffen "Nazi" und "Hipster". Nur wenn der "Nipster" den Mund aufmacht, weiß man noch, wes Geistes Kind er ist.
In der immer erfolgreicher werdenden AfD hat die extreme Rechte schließlich eine rechtspopulistische bürgerliche Partei gefunden, die ihr erlaubt, demokratische Mehrheiten zu erschließen. Doch dafür darf man zukünftige Wähler natürlich nicht mit rechtsextremen Codes verschrecken. Die Mehrheit findet sich in der bürgerlichen Mitte. Also muss sich der parlamentarische Arm der Rechtsextremen maximal tarnen. Das Spiel mit den Codes muss sich noch einmal verfeinern. In demokratischen Parlamenten können rechte Mode-Botschaften nur noch überaus diskret gesendet werden: Mit einem Haarschnitt oder einem unverfänglichen Accessoire, das semiotisch ganz neu aufgeladen wird.