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Boris Beckers Hochzeit Bis dass die Werbepause uns scheidet

Er ist eines der größten Sportidole, die Deutschland jemals hatte, und degradiert sich endgültig zur traurigen Trash-Ikone: Boris Beckers heutige Eheschließung mit Lilly Kerssenberg - am Mittag haben sie "Ja" gesagt - erreicht neue Dimensionen der Selbstvermarktung und ist weniger Hochzeit denn Show. Warum Becker beim Grand Slam der Peinlichkeiten nur verlieren kann.
Von Katharina Miklis

Samenraub, Steuerhinterziehung, Schlussmachen per SMS - Boris Becker war sich noch nie zu schade, Privates öffentlich auszutragen. Den Tennisplatz hat er schon längst gegen den Boulevard eingetauscht, wo er den Grand Slam der Peinlichkeiten austrägt. Mit dem sportlichen Ehrgeiz, der ihn einst zum jüngsten Wimbledon-Sieger der Geschichte machte, spielt er nun ein ganz anderes Match - gegen sich selbst.

Die Krönung seiner Selbstinszenierung ist die heutige Hochzeit mit dem niederländischen Model Lilly Kerssenberg. Etwa 200 Gäste werden im schweizerischen St. Moritz dabei sein. Unter ihnen Franz Beckenbauer, die Boxer Wladimir und Vitali Klitschko sowie die frühere Schwimmerin Franziska van Almsick. Party und Dinner sollen im Luxushotel "Badrutt's Palace" stattfinden. Standesamtlich wurde die Trauung bereits vollzogen. Bild.de verfolgt das Ganze gar per Live-Ticker - eine Premiere für deutsche Hochzeiten. Boris Becker denkt, er könne mit dem Medienspektakel seinen Ruf aufbessern. Dabei droht sich Becker ins Abseits zu vermarkten. Die verkaufte Hochzeit und öffentliche Schizophrenie von BB, der nicht müde wird, sich als "berühmtesten Deutschen im Ausland" zu bezeichnen, sorgt eher für Imageschaden denn für Rufaufwertung.

Wen wundert es aber, dass sich bei einer Biografie wie sie Boris Becker besitzt, ein gewisser Realitätsverlust einstellt. "Boris Becker aus Leimen ist in Wimbledon 1985 gestorben", schrieb er einst in seiner Autobiografie. "Er wurde beschlagnahmt, vereinnahmt, nationales Eigentum, eine Art volkseigener Betrieb." Beckers Abschied von der Promiskuität wird zum Medienspektakel. Auf seinem eigenen Web-TV-Kanal findet seit Wochen die Dauerinszenierung einer Liebesbeziehung statt, die von Anfang an öffentlich gelebt wurde. "Die Leute sollen wissen, wie es dem Boris geht" ist Beckers Einstellung. In grenzenloser Selbstüberschätzung sendet er sein Privatleben als Doku-Soap in der Endlosschleife. Der tragische Sturz des Sportidols zur Lachnummer ist nicht frei von Komik.

Die "Becker Open" auf allen Kanälen

Doch Boris ist es ernst: Die Hochzeit ist von Anfang bis Ende verkauft. Die Fotorechte gingen an das Klatschblatt "OK!"-Magazin. RTL darf exklusiv vor, während und nach der Ehelichung filmen. Nach der kostspieligen Scheidung von Beckers erster Ehefrau Barbara, geschäftlichen Fehlschlägen, teuren Steuerhinterziehungsprozessen und Jetset-Tourismus verkaufte er die TV-Rechte seiner Vermählung an den Kölner Privatsender. Der darf das Paar sogar bis in die Hochzeitssuite begleiten. Von Bum-Bum-Becker zu Bum-Bum-Blöd-TV. Über Geld möchten weder RTL noch das "OK!"-Magazin sprechen. Der Gesamtpreis soll von einer Million Euro jedoch weit entfernt sein. Fast entschuldigend betont eine RTL-Sprecherin: "Die Vermarktung von Beckers Privatleben war nicht unsere Idee."

Ist es nun geschmacklos, eine Hochzeit zu verkaufen? Schmilzt die Liebe am Ende im Fegefeuer der Eitelkeiten? Hochzeitsplaner Frank Mathée muss es wissen. Er hat Sarah Connors TV-Hochzeit auf ProSieben organisiert und bei gleichem Sender in der Show "Frank - Der Weddingplaner" 250 Paare vor den Traualtar geführt. Die Kosten der Becker-Hochzeit schätzt er auf 1000 Euro pro Gast. Hinzu kommen die Kosten für die Hotelzimmer. Die Suite für die Hochzeitsnacht kostet regulär 2845 Euro die Nacht. Wenn die Liebe echt ist, so Mathée, ist es egal, wie viele Kameras auf das Brautpaar gerichtet sind. Schwierig wird es, wenn jemand nur öffentlich heiratet, um in den Medien präsent zu sein, um seinen Marktwert zu steigern. Die größte Gefahr bei einer TV-Hochzeit, wie Becker sie vollzieht, sieht Mathée darin, dass man Gefahr laufe, von der Realität in eine Soap abzurutschen. "Man muss sich trotz der Kameras immer klar darüber sein, dass das das wahre Leben ist. Boris und Lilly geben sich das Jawort. Das ist keine Show. Sie müssen sich dessen bewusst sein und Realität und Film auseinanderhalten", sagt der Weddingplaner.

Es fällt schwer, dem früheren Sportidol die große Liebe, die es jetzt plötzlich mit Lilly gefunden haben will, abzunehmen. Die sollte heute gut Acht auf ihr Handy geben. Immerhin hatte er seiner Braut schon einmal per SMS den Laufpass gegeben, um sich im August vergangenen Jahres überraschend mit der Tochter seines früheren Managers zu verloben. Erneut endete die Beziehung mit einer SMS. Statt mit Sandy Meyer-Wölden war Boris Becker dann im Februar mit Lilly Kerssenberg zu Gast bei Thomas Gottschalks "Wetten dass..?"-Sendung und machte sich zum Gespött, als er unverhofft und live die Verlobung bekanntgab.

Es macht den Eindruck, als müsste Becker sich selbst etwas beweisen. Diverse Beziehungen und Affären pflasterten vor Kerssenberg seinen Weg. Genervt von der eigenen Sprunghaftigkeit in Sachen Liebe verscherbelt er Letztere an die Öffentlichkeit. Der 41-jährige Getriebene will endlich ankommen. Wo immer das sein wird - die Kameras sind schon da.

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