Cécilia Sarkozy Sarkozys Stärke - und Schwäche

Von Julia Mäurer
Sie ist Frankreichs Première Dame, doch bloße Repräsentation ist nicht ihr Ding. Eben erst präsentierte sich Cécilia Sarkozy ganz staatsmännisch als lächelnde Retterin der zum Tode verurteilten bulgarischen Krankenschwestern - eine Aktion, die ihr nicht nur das Lob des französischen Volkes bescherte.

Wie Staatschefs wirken die beiden in den schweren Ledersesseln, versunken ins vertraute Gespräch, im Hintergrund die Flaggen Bulgariens und die der EU. Er ist der Präsident Bulgariens, Georgi Parwanow, 2006 bereits zum zweiten Mal ins Amt gewählt. Sie ist Cécilia Sarkozy, Ehefrau des französischen Präsidenten Nicholas Sarkozy, seit 1996 in zweiter Ehe mit dem Staatsmann verheiratet. Was treibt die Première Dame in dieser staatsmännischen Pose?

Cécilia Sarkozy war gerade von ihrem Besuch beim libyschen Staatschef Muammar Gaddafi zurückgekehrt. Was sie dort verloren hatte? Gemeinsam mit Claude Guéant, Generalsekretär des Elysée Palasts und der EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hatte sie sich um die Auslieferung von fünf bulgarischen Krankenschwestern bemüht, die Mitte Juli zum Tode verurteilt worden waren, weil sie angeblich hunderte Kinder mit dem HI-Virus infiziert haben sollen.

Es war Cécilias erste Amtshandlung als Première Dame - wobei überhaupt nicht klar ist, ob diese Aufgabe überhaupt in den Verantwortungsbereich einer Première Dame fällt. Denn auch wenn Madame Sarkozy betonte, sie komme nicht als Botschafterin Frankreichs, sondern als Frau und Mutter, so war ihr Besuch in Libyen dennoch politisch. Und polarisierte die Franzosen: Das konservative französische Blatt "La Croix" hielt es für unangemessen, dass sich die Ehefrau des Staatspräsidenten in einen so "heiklen und komplizierten Fall" einmische. Der "Figaro" lobte den Einsatz der "Geheimwaffe" und stilisierte sie zur neuen Lady Diana.

Darüber, welche Rolle die Ehefrau des neu gewählten französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in der Öffentlichkeit einnehmen soll, ist in den vergangenen Monaten viel spekuliert worden. Klassische Staatsdame, politische Beraterin ihres Mannes oder karitative First Lady? In einer Umfrage für die französische Zeitschrift "Elle" wünschten sich 42 Prozent der Franzosen Cécilia Sarkozy in der Rolle der klassischen Staatsdame, die bei offiziellen Anlässen als Botschafterin Frankreichs auftritt. Zwei Drittel plädierten dafür, dass sich Sarkozy karitativen Tätigkeiten widmet. Und nur 15 Prozent der Befragten sahen die 49-Jährige als politische Beraterin ihres Mannes.

Cécilia sagt, was sie denkt, und macht, was sie will

Dass Cécilia Sarkozy ihren eigenen Kopf hat, bewies sie bereits beim G8-Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni. Denn die Tochter eines ukrainischen Immigranten und einer Spanierin nimmt ihre neue Rolle zwar ernst, aber nicht zu ernst. Wie ein junges Mädchen in schwarzem Spitzenkleid und Ballerinas schlenderte Cécilia neben Nicolas Sarkozy zum Empfang auf Schloss Hohen Luckow. Und wirkte dabei so unbeschwert inmitten der Staatsoberhäupter, als schaue sie nur für ein kurzes Gastspiel auf der politischen Bühne vorbei.

Und so war es auch. Denn Cécilia Sarkozy pfiff auf das Protokoll und entzog sich dem Damenprogramm: Statt mit den anderen First Ladys und Merkels Ehemann Joachim Sauer beim Kaffeekränzchen zu plaudern, reiste sie vorzeitig ab. Ihre Tochter Jeanne-Marie werde 20, so Sarkozy, und sie wolle ihr eine Feier ausrichten.

Auftritte wie dieser haben ihr Bild in der Öffentlichkeit geprägt. Den einen gilt sie als Zicke und Diva, andere verehren sie als unabhängige und moderne Frau. Hatten sich ihre Vorgängerinnen Bernadette Chirac oder Danielle Mitterand dezent im Hintergrund gehalten, gibt sich Cécilia nicht zufrieden mit einer ausschließlich repräsentativen Rolle. Ihr Libyen-Einsatz war nicht der erste Ausflug ins politische Tagesgeschäft: Als Nicolas Sarkozy noch Frankreichs Innenminister war, eröffnete Cecilia schon mal eine Sitzung für ihn, weil er sich verspätete. Und auch optisch revolutioniert sie den Elysée-Palast: Am liebsten trägt das ehemalige Model Mode italienischer Designer, während ihre Vorgängerinnen ausschließlich Kreationen französischer Modehäuser wählten.

Dennoch: Daran, die erste Frau im Staat zu sein, wird sich Cécilia Sarkozy erst noch gewöhnen müssen. Es ist eine Rolle, die sie nie angestrebt hat. "Ich sehe mich nicht im Job der First Lady. Das langweilt mich. Ich bin nicht politisch korrekt. Ich fühle mich in Jeans und Stiefeln am wohlsten", sagte sie vor zwei Jahren während eines Interviews im französischen Fernsehen.

Das Ehepaar Sarkozy lernte sich 1984 kennen - vor dem Traualtar. Nicolas Sarkozy, damals Bürgermeister des Pariser Nobel-Vorortes Neuilly, vermählte Cécilia mit dem 24 Jahre älteren Fernsehstar Jaques Martin. Drei Jahre später verließ Cécilia ihren Mann und zog bei Nicolas Sarkozy ein. Fast zehn Jahre später, im Oktober 1996, heirateten Cécilia und Nicolas Sarkozy.

Fortan gab es die beiden nur noch im Doppelpack: das Politikerpaar Sarkozy. Medienwirksam inszenierten sie sich beim Joggen, zu Hause auf der Couch und Hand in Hand auf dem Weg zum Ministerium, wo Cécilia ein eigenes Büro besaß.

Sie wurde zur rechten Hand ihres Mannes. Seine Beraterin. Seine inoffizielle Kabinettschefin und attraktive Werbebotschafterin. Der konservative "Figaro" feiert die Sarkozys als die neuen Kennedys. Und tatsächlich gibt es Fotos vom Ehepaar Sarkozy, auf denen ihr jüngster Sohn Louis zu sehen ist, wie er unter dem Schreibtisch in Papas Büro herumtobt. Dieses Motiv kennt man bereits: In den sechziger Jahren war es John F. Kennedy, der sich so mit Ehefrau Jackie und Sohn John-John in seinem Büro ablichten ließ.

"Meine Stärke und meine Achillesferse"

Doch nicht immer ging es bei den Sarkozys so harmonisch zu. "Sie ist meine Stärke und meine Achillesferse", sagt Nicolas Sarkozy über seine Frau. Genau dort trifft sie ihn Ende 2004. Cécilia beginnt eine Affäre - ausgerechnet mit Nicolas' ehemaligem PR-Berater Richard Attias. So öffentlich wie das Ehepaar sein Leben und Lieben inszeniert, so öffentlich geht es auch mit seiner Ehekrise um. "Die Wahrheit ist doch ganz einfach: Wie Millionen andere Familien, so haben auch wir Probleme", gesteht Nicolas Sarkozy im Mai 2005 dem französischen Fernsehpublikum. "Wir sind gerade dabei, diese Probleme zu lösen. Muss ich dazu noch mehr sagen? Ich denke nicht."

Muss er aber dann doch. Denn drei Monate nach dem Offenbarungseid brennt Cécilia mit ihrem Geliebten nach New York durch. Als die französische Illustrierte "Paris Match" Fotos von den beiden auf ihrem Titel abbildet, nutzt Nicolas Sarkozy seine Kontakte in die Medienwelt und lässt den Chefredakteur von "Paris Match" kurzerhand feuern.

Der Präsidentschaftsanwärter begreift schnell, dass seine untreue Frau seinem Image mehr schaden könnte, als ihm lieb ist, und setzt sich das Ziel, Cécilia binnen 100 Tagen zurückzuerobern. Nicht ganz unwichtig ist dabei, dass Nicolas Sarkozy, der Betrogene, zu der Zeit selbst eine Affäre mit der französischen Journalisten Anne Fulda hat, die Cécilia zum Verwechseln ähnlich sieht.

Cécilia kommt Nicolas Sarkozy zuvor und kehrt Anfang 2006 nach Paris und zu ihrem Mann zurück - pünktlich zum Präsidentschafts-Wahlkampf der UMP. Ihre Versöhnung inszenieren sie - wieder vor den Augen der Öffentlichkeit - auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle. "Casablanca 2006", kommentiert die englische "Times" süffisant.

Für Cécilia wird erneut ein Büro im Hauptquartier der UMP eingerichtet, das sie jedoch kaum nutzt. Und auch sonst zeigt sich das Ehepaar Sarkozys in den kommenden Monaten vergleichweise selten in der Öffentlichkeit. Gerüchte um eine erneute Ehekrise werden laut. Diese zerstreuen beide geschickt, indem Nicolas zum ersten Wahlgang am 22. April 2007 mit Cécilia und ihren beiden Töchtern Judith und Jeanne-Marie erscheint.

Bei der entscheidenden Stichwahl am 6. Mai jedoch fehlt Cécilia. Nicolas Sarkozy wird ohne die Stimme seiner Frau zum neuen französischen Staatspräsidenten gewählt. Dafür wird die 49-Jährige von allen Seiten kritisiert. Erst am Wahlabend auf der Place de la Concorde, wo jubelnde Anhänger den neuen Präsidenten feiern, steht Cécilia Sarkozy wieder neben ihrem Mann.

Einen erneuten Eklat provoziert sie bei der Amtseinführung von Nicolas Sarkozy am 16. Mai. Beim offiziellen Fototermin stehen ihre fünf Kinder neben ihr in der ersten Reihe. Dabei sieht das Protokoll eigentlich vor, sie weiter hinten und nicht direkt neben der Hauptperson Nicolas Sarkozy zu platzieren. Aber Cécilia hält sich eben nicht ans Protokoll.

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