Es war kein gutes Wochenende für die Franzosen. Die "Blauen" schieden bei der Rugby-WM aus, die Nation bereitet sich seelisch auf die erste Streikrunde nach der Sommerpause vor, und dann dieses Fortsetzungsdrama an der Staatsspitze. Wo, fragt sich das Land, hält sich die Präsidenten-Gattin eigentlich zurzeit auf? In London, in Genf oder doch in Paris? Cécilia verzweifelt gesucht.
Erste Trennungsgerüchte werden kolportiert
"L'Est Republicain" glaubt, alles aufklären zu können. Das Provinzblatt meldete am vergangenen Freitagmorgen, die Scheidung des Präsidenten-Paars Nicolas und Cécilia Sarkozy stünde noch "im Laufe des Tages bevor" und behauptete, die Noch-Gattin weile in Genf und werde ihre Trennungsabsichten in einem großen Zeitschriften-Magazin verkünden, ein Foto-Shooting zu diesem Anlass sei bereits gemacht worden.
Aus dem Elysée-Palast folgte kein entschiedenes Dementi; man wolle sich nicht zu "Pressegerüchten" äußern, hieß es wachsweich. Danach passierte überhaupt nichts. Weder verkündete das Präsidenten-Paar die Scheidung, noch wagten es die Hauptstadt-Zeitungen, groß in die Geschichte einzusteigen - kein Blatt und kein Sender möchte durch voreilige Statements beim allmächtigen Elysée-Chef in Ungnade fallen und womöglich gravierende Nachteile bei der zukünftigen Berichterstattung hinnehmen müssen.
Wer lässt die "Bombe" platzen?
Dürre Informationen lediglich in den Online-Diensten. Cécilia, behauptet eine ihrer Vertrauten namens Isabelle Balkany, habe ihr eine SMS geschrieben mit der Botschaft: "Mach dir keine Sorgen, alles wird gut." Journalisten spekulieren in ihren Blogs, welches Magazin "die Bombe platzen" lassen könnte. Ein Verfassungsexperte erklärt, Cécilia könne keine Scheidung einreichen, weil der Präsident in zivilrechtlichen Angelegenheiten Immunität genieße. Die Tageszeitung "Liberation" hat seit heute ein Meinungsforum im Netz, und das Wirtschaftsblatt "La Tribune" glaubt mit Sicherheit zu wissen, dass die Scheidung übermorgen, also am Mittwoch, vor dem Gericht von Nanterre über die Bühne geht.
Gerüchte über eine bevorstehende Trennung kursieren ohnehin im Übermaß, und das nicht erst seit ein paar Wochen. Bereits vor zwei Jahren ging das offenbar tief zerstrittene Paar schon einmal mit einem namhaften Anwalt die Scheidung an, nachdem Cécilia mit ihrem Liebhaber Richard Attias, einem aus Marokko stammenden Event-Manager, eine Zeitlang nach New York entschwunden war. Für Anfang 2006 war bereits ein Gerichtstermin vereinbart, doch dann versöhnte man sich wieder.
Es wäre nicht der erste Trennungsversuch
Damals schon war es Cécilia, die sich trennen wollte, und auch dieses Mal will offenbar sie die Scheidung, denn die Glamouröse kommt - das ist in Paris längst kein Geheimnis mehr - nicht mit ihrer Rolle als "première dame" zurecht. Schon zur Siegesfeier ihres Gatten nach der gewonnenen Wahl am 6. Mai kam sie verspätet ins Nobelrestaurant "Fouquets" gerauscht und gestand Freunden: "Ich schaffe das nicht." Selten war sie danach an der Seite ihres Mannes zu sehen und sagte besonders wichtige Auftritte oft in letzter Sekunde ab.
Beim G8-Gipfel in Heiligendamm reiste sie überstürzt ab - weil eines ihrer Kinder Geburtstag hatte. Zum Tête-à-tête mit US-Präsident George W. Bush kam sie vollkommen überraschend nicht mit - weil sie angeblich eine Angina hatte; peinlicherweise wurde sie dann aber kurz nach dem Treffen ihres Mannes mit Bush von französischen Reportern ganz in der Nähe beim Shoppen gesichtet. Und als die Kollegen sie auf die Angina ansprechen wollten, waren Sarkozys Sicherheitsleute wenig amüsiert: "Wenn ihr nicht abhaut, rufen wir Eure Chefredakteure an."
Keine Lust auf Staatstermine
Im Verhalten der Präsidentengattin, die demnächst 50 Jahre alt wird, scheint so manches nicht zueinander zu passen. Einerseits hasst sie offizielle Staatsbesuche und das höfische Treiben im Elysée-Palast, anderseits mischte sie bislang kräftig in der Politik ihres Mannes mit. So holte sie den Elysée-Sprecher David Martinon ins Amt und ist aufs Engste mit Sarkozys Lieblingsministerin Rachida Dati befreundet. Im Elysée hat sie ein eigenes Büro mit eigener Pressesprecherin und arbeitet mit zwei bekannten Pariser Journalisten an einem Buch. Beim Geiseldrama um die bulgarischen Krankenschwestern in Libyen trat sie im Juli sogar wie eine Chef-Unterhändlerin auf. Nun soll eine Untersuchungskommission in Paris klären, ob Frankreich als Gegenleistung für die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern Waffen an Libyens Diktator Gaddafi geliefert hat; Cécilia darf aber auf Geheiß ihres Gatten nicht aussagen.
Die Ehe indes will Sarkozy unbedingt erhalten. "Cécilia und ich, wir haben wieder zusammen gefunden, in Wahrheit und zweifellos für immer", schrieb er vor einem Jahr in seiner Wahlkampf-Fibel "Témoignages". Verliebt blickt er auf Fotos stets zu seiner schönen Gattin auf, die mit 1,78 Meter immerhin 13 Zentimeter größer ist als er. Die Hochglanz-Magazine stilisieren die stets elegant in Roben von Prada und Hèrmes gekleidete "First Lady" als eine französische Jackie Kennedy. Am liebsten hätte der übermächtige Präsident, der nahezu alle seine Untergebenen bis hin zu seinem Premierminister François Fillion ("er hat die Beine, ich bin der Kopf") behandelt wie Laufburschen, Cécilia permanent als Chefberaterin an seiner Seite. Doch ihr Einsatz in Libyen war die große Ausnahme, kürzlich begleitete sie Sarkozy auch nicht nach Bulgarien.
Sarkozys Ansehen ist im Sinkflug
Verwundert hatte die Nation bereits registriert, dass sie bei der Wahl am 6. Mai den Urnen fernblieb. Wochenlang war die Eigenwillige selbst in der heißen Phase des Wahlkampfs manchmal komplett von der Bildfläche verschwunden. Wenn sie diesmal tatsächlich vor das Scheidungsgericht zieht, wäre das ein schwerer Schlag für den Egomanen im Elysée. Noch nie wurde ein französischer Staatspräsident von seiner Frau verlassen. Schwer zu sagen, ob eine Scheidung der Popularität Sarkozys schaden würde. Fest steht allerdings, dass sein Ansehen bereits im Sinkflug ist - im Sommer sprachen ihm zwei Drittel aller Franzosen das Vertrauen aus, heute sind es nur noch 55 Prozent.
Als Cécilia vor gut zwei Jahren in New York ihre Affäre mit Richard Attias hatte, zog der gehörnte Gatte mit der Figaro-Journalistin Anne Fulda durch Paris. Diesmal suchte der "Solo-Sarko" Trost bei den Recken des französischen Rugby-Teams, kein Match bei der gegenwärtigen WM ließ er sich in den letzten Wochen entgehen. Doch nun sind die "Blauen" draußen, und ab Donnerstag gehen die Demonstranten auf die Straße. Schwierige Zeiten für den Präsidenten, aber vielleicht überlegt es sich das Glamour-Paar ja noch mal - kommenden Montag haben die beiden 11. Hochzeitstag.