Es ist ein Duo wie von Disney, scheinbar. Die eine so schön, so jung, so schüchtern, so rein, wie wir nie sein werden. Die andere so herzlos, so niederträchtig, so gemein, so intrigant, wie wir nie sein wollen. Dazwischen ein bizarrer Prinz, der nicht Aschenputtel begehrte, sondern eine ihrer hässlichen Stiefschwestern. Der Name der Edlen: Lady Diana Spencer, planetarer Promi, globale Ikone, selig gesprochen zu Lebzeiten, nach ihrem Tod verehrt wie eine Heilige, fast acht Jahre später noch längst nicht vergessen. Der Name der Hinterhältigen: Camilla, geborene Shand, geschiedene Parker Bowles - die ältere, die hässlichere Frau. Die Mätresse. Die böse Fee, die einen Fluch aussprach, als vor 24 Jahren in der Londoner St. Paul's Cathedral die jungfräuliche Braut Diana zum Traualtar geführt wurde wie zum Schafott, um den britischen Thronfolger Charles zu heiraten. Die Schuldige am Scheitern der Ehe, am traurigen Leben der Prinzessin sowie, irgendwie, am jähen Unfalltod der Königin der Herzen.
Doch anders als bei Disney kennt diese Geschichte keine Gerechtigkeit, zumindest nicht in den Augen der Diana-Adepten, deren Zahl vermutlich immer noch etliche Millionen beträgt. Ihre Speerspitze sind die etwa 1000 über die ganze Welt verteilten Mitglieder des "Diana-Kreises". Der wurde vor vier Jahren gegründet, um das Andenken der Verstorbenen zu ehren und zu verhindern, dass sie "ausradiert wird aus der Geschichte". Bisher trat der leicht verschrullte Zirkel hauptsächlich in Erscheinung, um gegen den "schrecklichen, hässlichen, deprimierenden" Diana-Brunnen im Londoner Hyde Park zu protestieren und sich statt des "Beton-Grabens" einen traditionellen Quell zu wünschen, komplett mit Diana-Statue in Lebensgröße, das Ganze in einem Rosengarten mit Sitzgelegenheiten, please.
Doch seit ruchbar wurde, dass Charles gedenkt, im Frühling aus Camilla im Standesamt zu Windsor Frau Windsor zu machen, sind die zumeist betagten Anhänger der Seligen zur Hochform aufgelaufen. Sie fürchten, dass aus der dämonischen Dritten eines Tages doch noch Königin Camilla werden wird, und wollen partout nicht einsehen, was ein britischer Hotelier neulich sagte: "Die Hochzeit wird endlich dafür sorgen, dass man den Rinderwahn vergisst." Auch verweigern sie sich starrköpfig der Erkenntnis des Kolumnisten Matthew Norman, der im "Independent" darauf aufmerksam machte, es sei teurer, "eine anständige britische Seifenoper zu produzieren, als die Monarchie ein Jahr lang durchzufüttern. Und die hat mehr zu unserer Erheiterung beigetragen als sämtliche Fernsehkomödien zusammen".
Stattdessen haben sie Briefe geschrieben.
Einen an Charles' Mama - "wie können Sie eine solch unpopuläre Angelegenheit zulassen?" - , andere an Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury, darin der Gottesmann ultimativ aufgefordert wird, sich von der dräuenden Hochzeit zu distanzieren, weitere an Tony Blair, der ebenfalls das Seine tun soll, um die Fusion zu verhindern. Auch wurde formeller Widerspruch beim Standesamt gegen die Eheschließung eingelegt. Doch weil das alles nichts genützt hat - sämtliche Einwände gegen die Trauung wurden vom Tisch gefegt - , ist eine Demonstration vor Kensington Palace in London beschlossene Sache. Das war Dianas letzte Heimstatt in Großbritannien, hier will ihr Fanclub zur Hochzeit ein gigantisches Poster der Toten in ihrem cremefarbenen Brautkleid hochhalten sowie allerlei Banner gegen "Cowmilla", wie die Mitglieder des "Diana-Kreises" die Verlobte ihres Thronfolgers nennen. Immerhin fordern dieselben Menschen auf ihrer pastellfarbenen Website, in Briefen "stets höflich zu bleiben".
Gegenüber Camilla indes muss niemand höflich sein, sie ist Freiwild. Seit ihr Name erstmals öffentlich genannt wurde - im Frühjahr 1992 im Vorabdruck des Oeuvres "Diana - ihre wahre Geschichte" von Andrew Morton -, ist sie die meistgehasste Frau Großbritanniens. Zeitweise dürfte sie weltweit noch vor Elena Ceauescu oder Margot Honecker die Hexen-Hitliste angeführt haben. In einem Supermarkt wurde sie von aufgebrachten Hausfrauen mit Brötchen beworfen; gleich Hooligans buhten die Zuschauer beim Fußballspiel, wenn ihr Name in der TV-Übertragung fiel. Man nannte sie öffentlich eine vertrocknete Makrele. Ein unvorteilhaftes Bild von ihr in einem Badeanzug wurde an die Tore von Kensington Palace geklebt, "Schenkel wie ein Hafenschlepper" hatte einer darauf geschrieben; kein Mensch fand das anstößig.
Hätte Charles seine Diana ausgetauscht gegen ein noch jüngeres, noch schöneres Modell, hätte man ihm irgendwann verziehen. Aber weil er statt des fragilen und zarten Bambis eine faltige Gebraucht-Frau mit Locken wie aus Stahlbeton begehrte, die so gar nicht die Aura von Designerklamotten und Chanel No 5 verströmte, sondern eher den Geruch von nassem Hundehaar und Pferdemist, disqualifizierte er sich in den Augen vieler Briten als Monarch.
Dabei birgt die erstaunliche Liebesgeschichte zwischen dem Prinzen und Camilla bei all dem Schaden, den sie angerichtet hat - zwei gescheiterte Ehen, vier Scheidungswaisen -, auch Trost und Hoffnung für 99,9 Prozent aller Frauen: für all jene, die schon jetzt älter sind, als Diana je geworden ist, ohne je so ausgesehen zu haben wie sie, und die sich täglich und vergebens mit Antifalten-Creme sowie Anti-Cellulitis-Glibber beschmieren, von Botox träumen und an der "Brigitte-Diät" scheitern. Schmeißt Tiegel und Tuben weg, lautet die Botschaft. Liebe macht eben manchmal doch blind, was zählt, sind die inneren Werte. Seid selbstbewusst wie Camilla, die unbekümmert ihre Schenkel-Dellen sowie "13 Doppelkinne" zur Schau trägt, deren Existenz sie freimütig konzediert, und ihr könnt trotzdem einen Prinzen abbekommen, selbst mit 57, in einem Alter, wo einen das Arbeitsamt allenfalls zum Laubharken im Park vermittelt.
In unserer vom Jugendwahn
gebeutelten Welt gibt es noch Hoffnung, das beweist die bevorstehende Heimführung der Camilla durch Charles. Doch wer ist eigentlich diese zähledrige Lady, die all die Demütigungen und Infamien seit mehr als einem Jahrzehnt klaglos erträgt? Und die jetzt die Courage hat, einen 56-jährigen Mann ohne Beruf zu heiraten, dem ein Domestike die Zahnpasta auf die Bürste drücken muss und der immer noch an den Rockzipfeln seiner Mama hängt, obwohl er doch längst selbst welche trägt? Der neben allerlei Schlössern leider auch Eltern mit in die Ehe einbringt, die etwa so lustig sind wie eine Fuchsjagd bei Graupelschauer? Sowie zwei Söhne, von denen der eine schon jetzt davon träumt, seinem Vater den Job wegzunehmen, den der noch gar nicht hat, und der andere sich als Obersturmführer verkleidet?
35 Jahre ist es her, dass Charles sein Herz an Camilla verlor, nachdem sie ihn virtuos angebaggert hatte: "Meine Urgroßmutter und ihr Ururgroßvater waren ein Paar. Wie wär's mit uns?" Tatsächlich war Camillas Ahnin Alice Keppel zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Geliebte König Edwards VII.; ihre Tätigkeit beschrieb sie einst so: "Mein Job ist es, erst einen Hofknicks zu machen und dann ins Bett zu springen." Camilla lässt den Hofknicks weg und springt gleich mit dem Prinzen ins Bett. Und das ist genau die Rolle, die ihr Charles' Patenonkel und Ersatz-Vater Lord Mountbatten zugedacht hat. Der hatte seinem schon damals zur grämlichen Introspektion neigenden 22-jährigen Ziehsohn postalisch empfohlen, zur Gattin "ein Mädchen von sanfter Natur zu wählen, bevor sie jemand anderen trifft, in den sie sich verliebt", will heißen: eine Jungfrau. Vor der Eheschließung indes solle er "so viele Affären wie möglich haben". Rastlos sichtet der rüstige Pate die britische Mädchenblüte auf der Suche nach pränuptialen Betthupferln für den Prinzen, die er ihm anschließend auf seinem Landsitz Broadlands zuführt.
Dort landet kurz
nach der famosen Ouvertüre auch Camilla, Upper-Class-Spross eines hoch dekorierten Weltkriegsveteranen und Weinhändlers. Sie jobbt vage als Sekretärin in London, braust in einem kreischgelben Jaguar von Cocktailparty zu Tanzabend und wartet. Nach glücklicher Kindheit inmitten von Hunden und Pferden in einem Landhaus, nach früher Entsendung auf eine so strenge wie teure Erziehungsanstalt für höhere Töchter und weiterer Vervollkommnung der Halbbildung auf einer "Finishing School" möchte sie geheiratet werden. Und zwar von Andrew Parker Bowles, einem feschen Offizier. Der hatte sie zwar damit vertraut gemacht, dass Sex entgegen der verbreiteten britischen Ansicht nicht nur eine unnötig komplizierte Art der Reproduktion ist, sondern auch Spaß machen kann. Doch betrügt er sie ständig, unter anderem mit Charles' Schwester Anne. Als sie den Prinzen kennen lernt, dient er gerade seinem Land, in der Bundesrepublik. Danach dient auch sie ihrem Land, doch anders.
Doch passiert, was nicht vorgesehen ist: Charles verliebt sich in Camilla. Sie ist nicht schön, sie ist schlimmer. "Sie lacht mit den Augen", staunt der an frostkalte Schlossflure gewöhnte Prinz über das Mädchen mit dem erdigen Appeal und dem derben Sinn für Humor, das statt Givenchy Gummistiefel trägt, sich nicht die Hände wäscht, nachdem es Pferde gestreichelt hat, und dem es grundegal ist, dass es oft "so wirkt, als hätte es die Nacht in einem Hundekorb verbracht", wie ihre Biografin Rebecca Tyrrel schreibt.
Camilla, sie könnte aus einem der unzähligen "Fünf Freunde"- und "Dolly"- Bände der britischen Kinderbuchautorin Enid Blyton herausgehopst sein: praktisch, quadratisch, gut, eine unkomplizierte, kettenrauchende und fluchende Frau, mit der man Pferde stehlen kann. Ungeniert tritt sie dem Depri-Prinzen mit kaputtem Hosenstall entgegen, zusammengehalten von einer Sicherheitsnadel; so etwas ist der künftigen Majestät noch nie passiert. Das Schlimmste, was ihre vielen Freunde in all den Jahren über Camilla zu berichten wussten, ist, dass ihr "der Gebrauch von Kleiderbügeln völlig fremd ist und dass sie eine Aversion gegen Reinigungsprodukte jeder Art hat", wie ihre frühere Mitbewohnerin Virginia Carrington sagt, um sogleich hinzuzufügen: "Aber man konnte ihr nie böse sein. Sie war wie ein lärmender Welpe." Camilla ist die Sorte von Frau, die nach einem Ausritt nicht unbedingt duscht, sondern verschwitzt ins Abendkleid steigt. Macht nichts. "Ich finde sie großartig", meint ihre Freundin, die Schriftstellerin Jilly Cooper. "Sie hat ein tolles Lachen, und ich kenne niemanden, der einem bessere Laune macht als sie." Mit ihr hat Charles etwas, was ihm bis dato völlig fremd war - Spaß. Und daran hat sich bis heute offenbar nichts geändert.
Allerdings heiratet er sie
damals nicht. Denn erstens hat Camilla eine Vergangenheit und so gar nicht die "sanfte Natur", die Onkel Mountbatten vorgeschrieben hatte, und zweitens will sie nicht ihn, sondern Andrew Parker Bowles. Angetörnt durch die royale Konkurrenz, führt sie der tapfere Soldat am 4. Juli 1973 zum Traualtar, in Anwesenheit von Prinzessin Anne, Prinzessin Margaret sowie Queen Mum. Charles schippert derweil grämlich im Dienste der Navy auf einer Fregatte über die Weltmeere und schreibt in sein Tagebuch: "Ich nehme an, das Gefühl der Leere wird irgendwann vorübergehen." Camilla schenkt ihrem Andrew in den folgenden Jahren die Kinder Tom (Patenonkel: Charles) und Laura und lässt sich nieder in einem so unordentlichen wie urgemütlichen Herrenhaus namens Bolehyde Manor in Wiltshire.
Aber der Gatte ist selten zu Hause. Und so bleibt es nicht aus, dass "mein liebster kleiner Prinz" häufig zu Besuch kommt, wie Camilla den seinerzeit begehrtesten Junggesellen des Planeten nennt. Der folgt ihr laut Augenzeugenberichten wie ein trauriger Hund von der Küche ins Esszimmer und vom Esszimmer ins Kinderzimmer und vom Kinderzimmer irgendwann ins Schlafzimmer, stets bedürftig nach einem warmen Bad, heißer Milch mit Honig sowie einem Griff nach Camillas Busen, den er "härter und härter drücken will", wie Hoheit in einem legendären Ferngespräch mit seiner Freundin noch Jahre später stöhnt. Herrn Parker Bowles ist die royale Liaison ein Wohlgefallen, zunächst. Denn erstens hat auch er etliche Affären, und zweitens beschreibt ihn ein Freund als einen "altmodischen Soldaten, für den Ehre alles ist". Offenbar gehört es auch zur Ehre, seine Frau dem Prinzen zu überlassen.
Die Ménage à trois absolviert
die 70er Jahre ohne Indiskretion. Doch es kommt die Zeit, da Charles, inzwischen über 30, dringend heiraten muss. Eine jungfräuliche Braut wird gesucht. Gefunden wird Lady Diana, 19-jährig, so aristokratisch wie neurotisch, Letzteres ahnt damals allerdings keiner. Queen Mum rät ihrem Enkel dringend zur Ehe mit der rosigen Hilfskindergärtnerin. Und auch Camilla, die in Charles' Auftrag sämtliche seiner potenziellen Bräute einem Casting unterzieht, hat nichts auszusetzen an dem so schüchtern wirkenden Teenager. "Sie wird ihn sehr lieben", soll sie gesagt haben, die Frage, ob auch er sie lieben würde, stellt indes niemand. "Liebe, was auch immer das ist", murmelt Charles im Angesicht seiner künftigen Frau verdruckst in eine Fernsehkamera hinein; in Wahrheit weiß er es allzu gut: Er liebt Camilla. Und die hält die Auserkorene in grotesker Fehleinschätzung für "eine Maus".
Die patente, sportliche, grundehrliche, mütterliche Camilla - "Mum macht den besten Sonntagsbraten", so ihr Sohn Tom - sieht nicht gut aus in ihrer Rolle als Brautschauerin. Abtritt des Enid-Blyton-Mädels, Auftritt der bösen Fee und fanatischen Fuchsjägerin, die Diana listig fragt: "Jagst du?", und beruhigt das "Nein" vernimmt. So wird sie den Prinzen auch nach seiner Heirat gelegentlich ganz für sich haben, beim Halali. Allerdings kommt auch Diana im Nachhinein nicht so gut weg: Tat sie vor ihrer Hochzeit so, als hätte sie nichts lieber als das schottische Hochland sowie Berge von totgeschossenen Fasanen, outet sie sich danach als Disco-Fan ohne Sinn für Pferdeäpfel.
Das Unglück nimmt seinen Lauf. Charles notiert resigniert in sein Tagebuch: "Ich hoffe, es wird das Richtige sein, zu guter Letzt", und heiratete eine Frau, die zwar Angola nicht von Angora unterscheiden kann, aber so blöd auch nicht ist, dass sie nicht bald ahnt, was da eigentlich gespielt wird. Da liegen Fotos herum, da stößt sie auf ein Armband, das nicht für sie bestimmt ist, und auf Manschettenknöpfe, die sie ihm nicht geschenkt hat. Diana versucht, sich mit einem Obstmesser zu schälen, speit Schokoladeneis und tobt. Der Prinz telefoniert täglich mit Camilla und entwickelt keine Leidenschaft für Diana, auch deswegen, weil sie ständig nach einer Mischung aus Zahnpasta und Erbrochenem riecht. Zwei Söhne werden gleichwohl lustlos gezeugt und geboren, doch sie bringen das königliche Katastrophen-Paar einander nicht näher.
Nach Harrys Geburt 1984
ist die Ehe am Ende. Charles flieht zurück in die Arme der rustikalen Camilla, die sich geduldig seine weitschweifigen Gedanken zu Archi- und Agrikultur anhört und als einzige Bewohnerin des Vereinigten Königreichs freiwillig seine Reden liest. Derweil entdeckt Diana das Darmspülen sowie das Minensuchen für sich, wetzt rastlos das Messer gegen die "fucking family", wie sie die Windsors nennt, und mutiert zu einer formidablen Mischung aus Päpstin und Rachegöttin. 1992 trennt sich das infernalische Prinzen-Duo ganz offiziell. Im Jahr darauf folgt die Veröffentlichung eines heimlich abgehörten Telefongesprächs zwischen den Liebenden, eingegangen in die Geschichte als "Camillagate". Sicher, die Sache mit dem Tampax ist mehr als schrecklich. Camillas Sohn Tom nennt sich danach nur noch Bowles und schnupft später aus Verzweiflung Kokain; seither wird auf den Fidschi-Inseln Charles' Geburtstag nicht mehr gefeiert, weil die Insulaner in ihm kein "Symbol der Größe" mehr zu erkennen vermögen.
Doch die Liebenden können mit beidem leben. Charles kauft ein abhörsicheres Handy, ansonsten ändert sich nichts. Allerdings bleibt wenig später die eigentümliche Ehe zwischen Andrew und Camilla auf der Strecke. Der phlegmatische Militär hat irgendwann keine Lust mehr, "Ernest Simpson" gerufen zu werden - so hieß der Gatte der luftgetrockneten Amerikanerin Wallis Simpson, derentwegen Edward VIII. seinerzeit auf den Thron verzichtete -, und flieht zu einer Zweitgattin.
Wenig später lassen sich
auch Charles und Diana scheiden, und unsere erdige Camilla wird einer Imagekorrektur unterzogen. Die durchlöcherten Pullis werden zugunsten von zartbunten Kleidern entsorgt, die Ehebrecherin nimmt auf Wunsch ihres Geliebten Aquarell-Kurse - jetzt, da die Fuchsjagd verboten ist, dürfte ihr das zugute kommen - und tritt fürderhin nicht mehr nur durch Pferdemist, sondern auch als Schirmherrin der "Nationalen Osteoporose-Gesellschaft" in Erscheinung. Doch bevor sie als Königin des Knochenschwundes richtig Fuß fassen kann, stirbt im August 1997 die Königin der Herzen in einem Pariser Tunnel. Über Nacht wird aus Camilla wieder Cruella. Die Briten tun so, als habe sie und nicht ein sturztrunkener Fahrer am Steuer gesessen und die Prinzessin in den Tod gelenkt, und machen kein Hehl daraus, dass es ihnen lieber gewesen wäre, wenn statt Dodi und Diana Charles und Camilla verunfallt wären.
Ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter wünscht sich William, die Freundin seines Vaters kennen zu lernen; Camilla dürstet es danach zwar nach einem "steifen Wodka mit Tonic", doch das Gespräch verläuft ohne hässlichen Zwischenfall. Bald darauf mutet der ergraute Romeo Charles seine zerknitterte Julia der britischen Öffentlichkeit zu, wenngleich in homöopathischen Dosen. Sie zeigen sich gemeinsam, allerdings immer nur kurz, sie darf ihn auf Reisen begleiten und trifft die Queen beim Barbecue, irgendwann küssen sie einander öffentlich, sie wird zur Beerdigung von Queen Mum geladen. Und heuer, endlich, hält er nach mehr als drei Dekaden Leidenschaft um ihre welke Hand an und sie bald darauf einen massiven Klunker in die Kamera.
Sicher, ein paar Ewiggestrige meutern weiterhin gegen die bevorstehende Ehe, nicht nur die Mitglieder des "Diana-Kreises", sondern auch der gestrenge Pastor Paul Williamson aus London, der ebenfalls Einspruch eingelegt hatte gegen die Hochzeit, die er "ekelhaft und widerwärtig" findet. Doch den meisten Briten ist es völlig egal, dass "zwei alte Langweiler heiraten", wie der "Daily Star" titelte, und konzentrieren sich statt auf das Methusalem-Komplott auf die Frage, was Prinz Harry anziehen wird zur Feier. Und die wird in etwa die Anmutung einer Silberhochzeit im evangelischen Freizeitheim von Bad Segeberg haben - erst Trauung in Abwesenheit der Queen im zwischen drei Pubs und unweit eines McDonald's gelegenen Standesamt, anschließend ein paar Häppchen (nicht von McDonald's) sowie, immerhin, ein Poem des Hofdichters Andrew Motion. Auch will die Braut danach keine Princess of Wales sein, sondern sich Herzogin von Cornwall nennen, und später auch nicht Königin werden, sondern eine Art "Begleit-Monarchin".
Die Hochzeit wird die letzte Demütigung für Camilla in dieser so eigenartigen wie großen Leidenschaft sein, hoffentlich. Sie wird sie wie stets stoisch ertragen. Wie sagte Charles so schön zu ihr während des Camillagate-Gesprächs? "Dein größtes Verdienst ist es, mich zu lieben." - "Liebling, das ist leichter, als vom Stuhl zu fallen." - "Du musst diese Lügen aushalten, diese Folter, diese Verleumdungen." - "Sei nicht albern, für dich würde ich alles aushalten. Das ist die Kraft der Liebe." So ist es wohl.