Kate Middleton und Prinz William Haben die Briten keine Lust auf die Hochzeit?

An Kate und William kommt in Großbritannien niemand vorbei: In den Läden stapeln sich die Souvenirs, im TV läuft eine Dokumentation nach der anderen, die Zeitschriften kennen kein anderes Thema. Doch was ist mit den Briten - warten sie gespannt auf die Märchenhochzeit? Offenbar ist das Volk etwas verhalten.

Die Hochglanzmagazine sind voll davon, die Souvenirläden auch. Im Fernsehen jagt eine Dokumentation zur britischen Prinzenhochzeit die nächste. Der Sender BBC kommt gar nicht nach, seine Produktionen über Prinz William und Kate Middleton in aller Herren Länder zu verkaufen. Doch hält das Volk seiner Monarchie wirklich die Stange? Oder droht der mediale Overkill?

Die Anti-Royalisten, in Großbritannien traditionell eher ein kleines, versprengtes Häuflein, sind sich bei der Antwort auf diese Fragen sicher. "79 Prozent der Menschen in Großbritannien haben keine Meinung zur Hochzeit", sagt Peter Tatchell, einer der führenden Aktivisten gegen die Monarchie, unter Berufung auf eine Meinungsumfrage. "Das britische Volk hasst seine Royals nicht. Manche mögen sie. Aber ich bin nicht sicher, ob jemand sie wirklich liebt."

Die Monarchiegegner sind nicht die einzigen, die den ganz großen Hype nicht recht sehen können. Auch wegen der Medienscheu von Prinz William, die ihn schon seit der Schulzeit kennzeichnet. "Die Zeitungen finden es schwierig, irgendetwas zu finden, worüber sie schreiben können", meint Roy Greenslade, Autor der renommierten Zeitung "Guardian".

Der Rummel fehlt

Sieht man einmal von den üblichen "Routine-Spekulationen" über Kleid, Frisur und Hochzeitstorte ab: "Einen relativen Mangel an Rummel" meint Greenslade ausgemacht zu haben. Unter Fernsehleuten in Deutschland, wo sechs Sender gleichzeitig weitgehend identische Hochzeitsbilder live übertragen werden, machen sich ebenfalls schon Bauchschmerzen bemerkbar. "Die Quoten werden unterirdisch, vor allem bei den Privaten", befürchtet ein Fernsehmann, auch bezüglich der Tatsache, dass die Trauung zur Arbeitszeit stattfindet. Im Gegensatz zu den Briten bekommen die Deutschen am Hochzeitstag nicht frei.

Ganz anders bei der Trauung von Prinz Charles und Lady Diana 1981: Schon drei Monate vor dem Termin seien die Zeitungen voll gewesen mit Informationen über die künftige Prinzessin, erinnert sich Greenslade. Diana wurde allzu bereitwillig zur Medienikone. Als sie ihren Fehler bemerkte, war sie bereits in die Falle getappt. William, ihr ältester Sohn, hat darunter gelitten - und daraus gelernt. Über Kate Middleton weiß die Öffentlichkeit - auch deshalb - noch immer vergleichsweise wenig. Frustrierte Paparazzi nennen das Paar schon "langweilig".

Doch wie verhält sich Otto Normaluntertan? Natürlich werden sich Millionen voller Eifer dem royalen Zauber um den 29. April hingeben. Doch Peter Kellner, Chef eines der größten britischen Meinungsforschungsinstitute YouGov, meint auch: "Es werden so viele Briten außer Landes sein wie noch nie zuvor." Dank der günstigen Feiertagskonstellation in der Nähe des Osterfestes braucht man nur drei Tage freizunehmen und kann elf Tage in Urlaub fahren. Vielen wird das wohl wichtiger sein als Kutschen und Bärenfellmützen.

Die Anti-Royalisten frohlocken

Für die Monarchiegegner gibt es einen weiteren wichtigen Indikator für eine gewisse Hochzeitsunlust: Die Briten haben trotz unzähliger Appelle kaum Straßenfeste angemeldet. Für königliche Festivitäten ist diese Feiertradition eigentlich ein Muss. "Ein Drittel der Gemeinden hat gar keine Anmeldungen. Zwei Drittel der Gemeinden haben weniger als fünf Anmeldungen", sagt Tatchell.

Im Londoner Stadtteil Stoke Newington zum Beispiel gibt es keine Nachfrage. "Ich kann nur annehmen, dass mangelndes Interesse an einem Straßenfest auf ein generelles Desinteresse an der Hochzeit hindeutet", sagt Jim Westwood von der örtlichen Wohnungsgesellschaft. Sein Kollege in Hoxton will "irgendetwas im Gemeindesaal machen, wo die Rentner hinkönnen".

Anti-Royalisten wie Graham Smith von der Organisation Republic und Peter Tatchell sehen sich da bestätigt. Neben der Frage nach der Relevanz für einen großen Teil der Bevölkerung stellen sie vor allem die Kostenfrage. Allein der zusätzliche Feiertag koste den Staat 200 Millionen Pfund (rund 229 Millionen Euro), unter anderem für Feiertagszulagen für Krankenhausbedienstete. Ökonomen haben errechnet, dass ein zusätzlicher arbeitsfreier Tag das Wachstum der Volkswirtschaft um 0,1 Prozentpunkte bremst.

Auch die Kosten für die Königsfamilie selbst sind den Gegnern zu hoch. Ließe man sein Staatsoberhaupt demokratisch wählen, müsste das Volk nur einen Bruchteil dessen dafür aufwenden, was ein Monarch und sein Gefolge kostet, rechnet Tatchell vor. Und noch viel schlimmer: Man wird ihn nicht einmal wieder los. "Unser Staatsoberhaupt erbt sein Amt und bekommt es nicht durch den Willen des Volkes. Das hat nichts mit modernem Zeitalter zu tun."

Und auch das Argument, die Monarchie bringe viele Touristen ins Land, steche nicht: "In Frankreich gibt es seit mehr als 140 Jahren keine Monarchie mehr und nach Versailles kommen mehr Besucher als nach Windsor Castle". Das treffe im Übrigen auch für Legoland zu.

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Michael Donhauser/DPA

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