Jahrestag Michel Lotito – der Mann, der Fahrräder, Einkaufswagen und ein Flugzeug aß

Der Franzose Michel Lotito sitzt auf einem Rollfeld vor einem Kleinflugzeug an einem Tisch
Michel Lotito konnte Metall essen, ohne Schaden zu nehmen. Sogar ein komplettes Kleinflugzeug, wie es hier im Bild hinter ihm steht, aß er auf
© Guinness World Records
Als "Monsieur Mangetout" – Herr Allesfresser – machte sich Michel Lotito einen Namen. Der Franzose verputze mit Vorliebe Glas und Metall, aß sogar ein ganzes Kleinflugzeug. 

Dass er eine besondere Fähigkeit hatte, merkte Michel Lotito eignen Angaben zufolge im Alter von neun Jahren, als in seinem Mund ein Stück Glas zerbrach. Statt es auszuspucken, schluckte er es hinunter. Nachdem er sein fragwürdiges Talent später als Teenager auf Partys zur Schau stellte, entwickelte sich daraus eine lukrative Karriere. 

"Die Leute fingen an, mich zu fragen, ob ich etwas Größeres essen wolle, und ich sagte: 'OK, ich glaube, ich kann ein Fahrrad essen.'", erzählte er in einem Interview mit "Guinness World Records". "Es war ein großer Erfolg und man rief mich für Fernsehshows in Südamerika und Kanada an."

Der in Grenoble geborene Schausteller tingelte fortan durch die Weltgeschichte, schaffte es in der Rubrik "Seltsamste Ernährung" ins Guinness-Buch der Rekorde. In mehr als 40 Jahren soll er insgesamt 18 Fahrräder, 15 Einkaufswagen, sieben Fernseher, sechs Kronleuchter, zwei Betten, ein Paar Skier, einen Computer, ein Stück des Eiffelturms, einen Sarg (einschließlich der Griffe) und Stück für Stück sogar ein ganzes Flugzeug vom Typ Cessna 150 gegessen haben – einschließlich der Sitze. Rund zwei Jahre – von 1978 bis 1980 – soll er an der Maschine geknabbert haben. 

Michel Lotito aß mehr als neun Tonnen Metall

Man schätzt, dass Lotito im Laufe seines Lebens mehr als neun Tonnen Metall gegessen hat, darunter auch die ihm verliehene Guinness World Records-Gedenkplakette aus Messing. Auch Rasierklingen, Teller und Gläser soll er geschluckt haben. Dafür zerkleinerte oder zersägte er alles in kleine mundgerechte Happen. Die Gegenstände spülte er dann mit Mineralöl und großen Mengen Wasser hinunter. Bei seinen Vorführungen hatte er immer einen Arzt an seiner Seite. Regelmäßig ließ er sowohl seinen Magen als auch seinen Darm untersuchen.

Sein ungewöhnlicher Appetit wurde durch das Pica-Syndrom verursacht. Diese psychologische Essstörung lässt Menschen Dinge zu sich nehmen, die sich eigentlich primär nicht für den menschlichen Verzehr eignen, wie Erde, Sand oder Steine. Hinzu kommt, dass Lotito eigenen Angaben zufolge im Kindesalter eine Schmerztoleranz entwickelte. Deshalb erlaubte er den Zuschauern bei seinen Vorführungen auch, Streichhölzer unter seinen Fingernägeln anzuzünden und Dartpfeile in seinen Rücken zu werfen. 

In Düsseldorf aß Michel Lotito im November 1984 ein Paar Skier
In Düsseldorf aß Michel Lotito im November 1984 ein Paar Skier. Er brauchte dafür sechs Tage.
© Karl-Heinz Kreifelts / Picture Alliance

Außerdem stellten Ärzte bei ihm fest, dass seine Magen- und seine Darmschleimhaut doppelt so dick waren wie die seiner Mitmenschen. Die Mediziner vermuteten zudem, dass seine extrem starken Verdauungssäfte tatsächlich einen Teil der von ihm verschlungenen Gegenstände, insbesondere Gummireifen, aufspalten konnten. "Meine Magensäfte sind so stark, dass die Ärzte bei einer Endoskopie beobachteten, wie die Säfte Gegenstände mit einem ätzenden Schaum angriffen, der das Metall auffraß", so Lotito. Täglich konnte er so rund 900 Gramm Metall verdauen. Das Ausscheiden verursachte glücklicherweise keine Probleme, da die Säure und der Weg durch sein System die Gegenstände glatt und weich machten. Kurios: Weiche Nahrung, wie etwa Bananen oder hart gekochte Eier, verursachten bei ihm Übelkeit, Sodbrennen und Verdauungsstörungen.

Für Mediziner blieb Michel Lotito ein Rätsel

Auch die Zähne litten nicht unter seinen Essgewohnheiten, wie er berichtete: "Meine Zähne sind unglaublich stark – man hat ihre Stärke mit acht Tonnen pro Quadratzentimeter gemessen".

Für Mediziner blieb der Franzose jedoch ein Rätsel. "Wir haben nie eine stichhaltige medizinische Erklärung gefunden", erklärte sein lebenslanger Arzt, Dr. Morzol, "Biopsien und Bluttests haben gezeigt, dass sein Organismus genauso ist, wie der eines jeden anderen."

Am 25. Juni 2007 verstarb Michel Lotito im Alter von 57 Jahren an Herzversagen. Ob und inwieweit seine Ernährung bei seinem Tod eine Rolle gespielt hat, ist unbekannt. Am 15. Juni wäre er 74 Jahre alt geworden.

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