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Memoiren 25 Taliban getötet – so schildert Prinz Harry seinen Einsatz in Afghanistan

Prinz Harry im Apache-Hubscharuber
Prinz Harry im Cockpit eines Apache-Hubschraubers (Archivfoto).
© John Stillwell/PA-Wire/Pool/epa / DPA
Prinz Harry gibt in seinem Memoiren an, 25 Menschen im Einsatz in Afghanistan getötet zu haben. Doch diese Aussagen könnten seine Sicherheit gefährden.

Immer mehr Details aus den Memoiren "Spare" des britischen Prinzen gelangen in den letzten Tagen an die Öffentlichkeit. Er berichtet darin auch über seine Zeit als Kampfubschrauberpilot des britischen Militärs. Der Duke of Sussex beschreibt dort erstmals, dass er im Einsatz 25 Taliban-Kämpfer getötet habe, wie britische Medien berichten. Seitens des britischen Militärs wird Harry für seine Äußerungen teils scharf kritisiert. Ein hochrangiges Taliban-Mitglied wirft dem britischen Prinzen Kriegsverbrechen vor.

"Als ich in die Hitze und Verwirrung des Kampfes eintauchte, dachte ich nicht daran, dass es 25 Menschen waren. Man kann keine Menschen töten, wenn man sie als Menschen sieht. Sie waren Schachfiguren, die vom Brett genommen wurden – Bösewichte, die eliminiert werden, bevor sie die Guten töten", so hat es Prinz Harry laut der BBC in seinem Memoiren beschrieben. Dem britischen Sender liegt nach eigenen Angaben die spanische Fassung der Memoiren vor. Diese war vorzeitig verkauft worden. Eigentlich sollte "Spare" des Prinzen erst am 10. Januar veröffentlicht werden.

Prinz Harry behauptet, 25 Taliban-Kämpfer im Einsatz getötet zu haben

Der Duke of Sussex schildert in seinem Buch, dass er von der Armee gut ausgebildet und darin trainiert worden sei, die Taliban-Kämpfer zu entmenschlichen. Der pensionierte Oberst Tim Collins sagte gegenüber "Forces News" über die Memoiren von Prinz Harry: "Zu seinen Behauptungen gehört, dass er 25 Menschen in Afghanistan getötet hat. So verhält man sich nicht in der Armee, so denken wir nicht. Er hat die Mannschaft im Stich gelassen. Wir machen keine Kerben in den Gewehrkolben. Das haben wir nie getan."

Die britische Armee sei nach Afghanistan geschickt worden, um das "unterdrückte Volk zu unterstützen – nicht um es zu töten", führt der Oberst weiter aus. Es seien bei den Gefechten Aufständische gestorben und ebenso auch Unschuldige. "Aber das war eine bedauerliche Folge einer rechtmäßigen Intervention mit den besten Absichten", so Tim Collins.

Pensionierter Oberst: "Harry hat sich gegen seine andere Familie, das Militär, gewandt"

Der pensionierte Oberts absolvierte drei Einsätze bei den britischen Spezialeinheiten. Er wurde mit einer Rede vor den britischen Truppen bekannt, die er am Vorabend des Irakkriegs im März 2003 hielt. Tim Collins wirft Harry vor, mit dem Buch und seinen Äußerungen "Reichtümer zu suchen, die er nicht braucht". Die jüngsten Enthüllungen aus dem Buch seien eine "tragische Geldschneiderei".

Harry habe erst seine eigene Familie in den Schmutz gezogen und sich nun auch "gegen seine andere Familie, das Militär, gewandt.

Prinz Harry war als Hubschrauberpilot im Einsatz

Prinz Harry hatte kurzzeitig als Fluglotse am Boden im Militär gedient. In dieser Funktion musste er Angriffe ankündigen. Danach erfolgten zwei längere Einsätze in der Region Helmand als Apache-Pilot. Die BBC berichtet, dass die Tötung von 25 Taliban-Kämpfern durch Prinz Harry bei seinen Einsätzen im Helmland durchaus möglich sei. Allerdings äußerte sich weder der britische Premierminister Rishi Sunak dazu, noch bestätigte das britische Verteidigungsministerium die Zahl der Getöteten.

Ein Soldat, der noch im Dienst ist, sagte der BBC, dass er Harrys Enthüllungen als "unsolidarisch" empfindet. Er und viele Militärangehörige hätten kein Interesse daran, mitzuzählen wie viele Menschen sie im Einsatz töten würden.

Ehemaliger Armeeoffizier sieht Harrys Sicherheit gefährdet

Prinz Harry berichtet laut dem "Guardian", dass er als Schütze im Kampfhubscharuber die Zahl der Gefallenen ermittelt haben könne, weil er sich die Aufnahmen der Bordkamera habe ansehen können. Prinz Harry soll in seinen Memoiren geschrieben haben: "In der Ära der Apachen und Laptops" war es möglich, "mit Genauigkeit festzustellen, wie viele feindliche Kämpfer ich getötet hatte. Und es schien mir wichtig, keine Angst vor dieser Zahl zu haben. Meine Zahl ist also 25. Es ist keine Zahl, die mich mit Genugtuung erfüllt, aber sie ist mir auch nicht peinlich."

Der ehemalige Armeeoffizier Oberst Richard Kemp ist 2003 nach Kabul entsandt worden, um das Kommando über die Truppen in Afghanistan zu übernehmen. Gegenüber der BBC schilderte er, dass es sehr ungewöhnlich sei, dass Prinz Harry die Zahl der Getöteten öffentlich preisgebe. Er selbst habe aber kein Problem damit. Normalerweise würden Soldat:innen nur privat über die Zahl der Getöteten und Verwundeten im Einsatz sprechen. Es könne den Druck nach einem Kriegseinsatz verringern, darüber zu sprechen.

Dass Harry die Taliban-Kämpfer als Schachfiguren bezeichnet habe, könnte "Propaganda für den Feind" bedeuten, so Kemp. Er sieht durch die Äußerungen des Prinzen dessen Sicherheit gefährdet, weil sie Rachegelüste bei den Taliban wecken könnten.

Kritik wird auch aus den Reihen der Taliban laut

Auch die Taliban kritisieren die Aussagen von Prinz Harry. Anas Haqqani, ein hochrangiges Mitglied der Taliban, beschuldigte den britischen Prinzen Kriegsverbrechen begangen zu haben. Auf Twitter schrieb er an Prinz Harry gewandt: "Die von Ihnen Getöteten waren keine Schachfiguren, sie waren Menschen; sie hatten Familien, die auf ihre Rückkehr warteten."

Anas Haqqani gehört selbst zu dem berüchtigten Haqqani-Netzwerk. Die Fraktion wird von Washington unter anderem wegen Angriffen auf US-Bürger und Verbindungen zu Al-Kaida als Terrororganisation eingestuft. Sie werden für einige der grausamsten Anschläge in Afghanistan verantwortlich gemacht. Anas Bruder Siradschuddin, der amtierende Innenminister, wird mit bis zu 10 Millionen US-Dollar Kopfgeld durch das amerikanische FBI gesucht.

Gegenüber dem arabischen Sender Al Jazeera sagte Anas Haqqani, dass die Taliban-Führung die Angaben des Prinzen überprüft hätten und es seien in dieser Zeit keine Kämpfer getötet worden. Es habe sich bei den Getöteten um Zivilisten gehandelt.

Quellen: Guardian,BBC, Force News, Al Jazeera, mit Material der DPA

rha

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