Frau Nowak, Sie wurden 2009 durch "Germany's Next Topmodel" bekannt. Inzwischen arbeiten Sie als Curvy Model in Los Angeles. Wie kam es dazu?
Es war schon immer mein Traum, in Los Angeles als Model oder Schauspielerin zu arbeiten. Vor knapp zwei Jahren habe ich den Schritt gewagt und lebe seitdem in den USA. Aber natürlich bin ich auch ganz oft in Deutschland bei meiner Familie.
Den Wunsch, in Los Angeles Karriere zu machen, haben viele junge Mädchen. Wie haben Sie es geschafft?
Die ersten Monate waren sehr hart. Als ich ankam, hatte ich noch meine normalen Modelmaße und habe versucht Jobs zu ergattern. Aber es lief nicht gut. Stattdessen hat mich meine Agentur ständig dazu gedrängt, abzunehmen. Schließlich wurde mir gekündigt, weil ich in deren Augen zu dick war. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich keine Lust mehr hatte zu hungern. Ich habe gemerkt, dass es sehr ungesund ist, was ich meinem Körper antue. Dass ich jetzt weiterhin als Model arbeite und eine tolle Agentur habe, die mich da sehr unterstützt, ist einfach ein tolles Gefühl. In den USA gibt es für Curvy Models einen viel größeren Markt als hier in Deutschland.
Inzwischen präsentieren Sie stolz Ihre weiblichen Kurven und posieren auch nackt vor der Kamera.
Das ist meine natürliche Figur und ich fühle mich wohl in meinem Körper, deswegen denke ich auch gar nicht groß darüber nach, was ich poste. Für meine alte Figur habe ich permanent Diäten gemacht. Das wollte ich nicht mehr. Ich habe angefangen, mich wieder ganz normal zu ernähren und automatisch nach und nach zugenommen. Trotzdem achte ich natürlich auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung.
Haben Sie auch mal überlegt aufzugeben und wieder nach Deutschland zu ziehen?
Deutschland ist mein Zuhause. Aber beruflich habe ich in Los Angeles einfach viel mehr Möglichkeiten mit dem Modeln und der Schauspielerei. Aber es gab natürlich durchaus Momente, in denen ich dachte, dass ich es hier nicht schaffen werde.
Wann kam die Wende?
Seitdem ich mich in meinem Körper wohl fühle läuft es. Kurz danach habe ich für "Sports Illustrated" und "Forever 21" gearbeitet. Und ich wurde von Khloé Kardashian für ihre Linie "Good American" als Model gebucht.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Khloé Kardashian zustande?
Khloé und ihr Team haben mich auf Instagram entdeckt und meine Agentur kontaktiert. Danach ging alles ganz schnell. Eine Woche später hatte ich das erste Shooting. Seitdem arbeiten wir zusammen und ich bin auch in der aktuellen Kampagne zu sehen. Khloé selbst ist super lieb und bodenständig.
In Ihrem Buch "Curvy" schreiben Sie, dass Diskriminierung, Ablehnung und Body Shaming für Curvy Models noch immer alltäglich sind. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Die Kritik bezieht sich eher auf frühere Erlebnisse, als ich noch versucht habe, als dünnes Model zu arbeiten. Da waren Castings oft sehr demütigend für mich, weil ich nicht in die Klamotten gepasst habe oder mir ständig gesagt wurde, dass ich abnehmen müsse. Oder auch beim Shoppen gab es mal doofe Kommentare von anderen. Inzwischen kann ich mit negativer Kritik aber ganz gut umgehen, zum Beispiel, wenn jemand was Gemeines zu meinen Instagram-Fotos schreibt. Das geht an mir vorbei. Das Wichtigste ist, dass man sich auf die positiven Kommentare konzentriert und nicht auf die Negativen.
"Sarina, du bist zu dick für den Job" oder "Mit deinen Maßen können wir nicht arbeiten": Kritik solcher Art mussten Sie sich zu Beginn Ihrer Karriere immer wieder anhören. Haben Sie nicht mal darüber nachgedacht, etwas anderes zu machen und der Modebranche den Rücken zu kehren?
Doch. Ab einem Zeitpunkt hat mir das Modeln überhaupt keine Freude mehr bereitet und ich habe vorübergehend damit aufgehört. Ich war viel zu fremdbestimmt und habe nur auf die Booker in den Agenturen gehört. Die haben mir immer gesagt, wie ich sein oder was ich tun soll. Irgendwann habe ich erkannt, dass ich selbst entscheiden sollte, was mich glücklich macht und was meinem Körper gut tut.
Also kritisieren Sie vor allem den Umgang der Agenturen mit den Models?
Es sind natürlich nicht alle Agenturen so, aber es gibt einige, die viele junge Models völlig unangemessen unter Druck setzen. Mir wurde so oft gesagt: Wenn du nicht abnimmst, wirst du keine Jobs bekommen. Zum Schluss hatte ich richtig Angst, in die Agentur zu gehen, um mich vermessen zu lassen und wieder kritisiert zu werden. Ich bin des Öfteren mal in Tränen ausgebrochen.
Wie war das denn während Ihrer Zeit bei GNTM? Gab es da auch Kritik an Ihrer Figur?
Als ich mich bei GNTM beworben habe, war ich 15 Jahre alt. Damals hatte ich noch eine kindliche Figur, deshalb gab es keine Kommentare, dass ich abnehmen müsse. Aber ich habe auch nie erlebt, dass Heidi Klum oder irgendein Mitarbeiter den Körper einer Kandidatin bemängelt haben. GNTM war echt eine tolle Erfahrung und ich bin dankbar dafür.
Warum haben Sie sich überhaupt bei GNTM beworben?
Das war reiner Zufall. Der Bruder einer Freundin hat mich damals auf ein offenes Casting aufmerksam gemacht. Also haben wir Videos und Fotos hingeschickt und ich wurde tatsächlich eingeladen. Dass ich es am Ende bis auf den sechsten Platz geschafft habe, finde ich bis heute erstaunlich.
Nach GNTM waren Sie zunächst bei ONEeins Management, der Agentur von Heidi Klums Vater, unter Vertrag. Über diese Zeit schreiben Sie: "Außer ein paar Fernsehauftritten sprang dort nichts groß für mich raus. Mode-Shootings, Werbejobs oder Red-Carpet-Auftritte bei Filmpremieren: Fehlanzeige! Alles, wovon ich träumte, erfüllte sich nicht."
Ich bin zum damaligen Zeitpunkt noch zur Schule gegangen, von daher hatte ich sowieso nicht so viel Zeit. Aber ja, ich hatte mir schon erhofft, dass mir die Agentur mehr Aufträge bescheren würde. Da kam aber leider fast gar nichts. Irgendwann ist der Vertrag dann ausgelaufen und ich habe fristgerecht gekündigt, weil ich lieber bei einer richtigen Modelagentur sein wollte.
In Ihrem Buch schildern Sie auch sehr offen, dass Sie als Teenager unter Essstörungen litten. Haben Sie Angst, rückfällig zu werden?
Nein. Ich fühle mich mittlerweile wohl in meinem Körper und bin stark genug, einen Rückfall zu verhindern.