Sein Bundesverdienstkreuz erster Klasse werde er umgehend zurückgeben, kündigte Freddy Quinn reumütig an und deutete auf das Abzeichen am Revers: "Als Verbrecher darf ich das wohl nicht mehr tragen." Seit Mittwoch muss sich der 73-Jährige wegen Steuerhinterziehung vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Zum Prozessauftakt legte er ein umfassendes Geständnis ab: "Das war eine Untat, es tut mir Leid", sagte er unter Tränen.
Der als "singender Seemann" bekannt gewordene Wiener war vor gut zwei Jahren ins Visier der Steuerfahnder geraten. Quinn soll seinen Hauptwohnsitz aus steuerlichen Gründen in die Schweiz verlegt haben, die meiste Zeit aber bei seiner Lebensgefährtin Lilli Blessmann (86) in Hamburg gelebt haben. Umgerechnet rund 900.000 Euro habe er von 1998 bis 2002 am deutschen Steuersäckel vorbeigeschleust.
"Eine Premiere für mich"
Im nachtblauen Samtjackett, den Kopf gebeugt - so präsentierte sich der Publikumsliebling mit dem eigentlichen Vornamen Manfred vor Gericht. Mehr als 44 Jahre Bühnenerfahrung halfen ihm vor der Wirtschaftskammer wenig, die Rolle des Angeklagten behagte dem Künstler nicht: "Ich habe Lampenfieber wie noch nie, weil dieses eine Premiere für mich ist."
Mit den Worten "Hohes Gericht, ich möchte aussagen", erhob sich Quinn feierlich von der Anklagebank. Sein Geständnis hatte er in großen Lettern auf einem Zettel aufgeschrieben. Doch immer wieder stockte bei seinem "Auftritt" vor Gericht die Stimme, so dass sein Anwalt den Arm um ihn legen musste.
Seine Steuerpflichtigkeit in Deutschland habe er geahnt, räumte Quinn ein. Er habe den Gedanken aber verdrängt. Mehr und mehr kam der Angeklagte mit seinem Geständnis in Fahrt, erzählte von seinem sorglosen Umgang mit Gagen, die er meist noch bar kassierte. Nicht einmal das für ihn zuständige Finanzamt habe er gekannt.
Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft
Als kaltblütigen Steuertrickser wollte sich Quinn aber nicht abstempeln lassen. Eine Hüftkrankheit seiner Lebensgefährtin sei Schuld an seinem Daueraufenthalt in der Hansestadt. "Ich konnte diese Frau nicht im Stich lassen. Nach 51 Jahren zusammen ist das nicht drin", rechtfertigte sich der Entertainer. Nicht nur sein guter Ruf steht auf dem Spiel: Dem Sänger, der durch Hits wie "Junge, komm bald wieder" zum Idealbild des hanseatischen Seemanns wurde, drohen eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.
Seinen Humor hat der Showstar trotzdem nicht verloren, er schäkerte in Pausen mit der Gerichtsdienerin und zwinkerte den Journalisten zu. "Die Schöne und das Biest" scherzte Quinn, als er neben der jungen Anwaltspraktikantin Platz nahm. Staatsanwalt Gerd Manz war weniger zum Spaßen aufgelegt: "Mir kommen die Tränen", quittierte der Ankläger Quinns Aussage ironisch.
Urteil am 22. November erwartet
Freddys Hände in Handschellen statt am Schifferklavier? Die Fans haben sich ihr Urteil längst gebildet. "Hoffentlich bekommt er nur eine Geldstrafe", sagte Zuhörerin Ursula Hübner, die sich als langjährige Freundin Quinns bezeichnete. Ob die Richter beim "Jungen von St. Pauli" Milde walten lassen, entscheidet sich beim Urteil voraussichtlich am 22. November.