Was macht eigentlich ... ...Frank Lehmann?

Als "Mister Börse" erklärte der Wirtschaftsjournalist 17 Jahre lang in der ARD das Finanzgeschehen - in einer Mischung aus "Blauem Bock" und "FAZ".

Müde sehen Sie aus ...

Ich war gestern auf einer Kappensitzung. Fünf Stunden. Ich bin begeisterter Fastnachter! Sonntag kommentiere ich den Umzug hier im Ort, und nach Aschermittwoch wird mir der Orden "De lachende Frankforter" verliehen.

Besser als "De heulende Börsenguru". In drei Sätzen - was ist da los?

Die Banken haben unter dem Druck hoher Renditeerwartungen ihre Leute gezwungen, Finanzprodukte zu verkloppen, die kein Mensch durchschaut. Jetzt kommt der Bumerang zurück, keiner kann die Risiken kontrollieren. Ergebnis: heftigste Vertrauenskrise. Mit Goethe: "Alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht."

Oha.

Das ist hart, klar. Aber was haben sich diese Herren in den gläsernen Türmen bitte sonst gedacht? Das muss man sich mal vorstellen, dass ein 30-Jähriger mit 50 Milliarden hantiert und einen der größten Börsenstürze auslöst! Kein Terroranschlag, keine vernichtenden Zahlen aus Amerika, nix. Und der dickste Hammer: Nur wegen dieses kleinen Milchgesichts schießt die amerikanische Notenbank die größte Zinskanone aller Zeiten los. Ein Witz!

Denken Sie manchmal: Scheiß-Kapitalismus?

Nee. Nie. Ich weiß aber, dass die Börse eine Spirale aus Gier, Panik und Ratlosigkeit ist. Und dass ihr größter Fehler in der Selbstüberschätzung der Anleger liegt. Wenn die einmal Glück haben, heißt es sofort: "Juchuu Mutter, ab heute gehen wir nicht mehr schaffen! Wir holen uns die Kohle direkt bei der Börse ab."

Die Deutschen sind eben ...

... Finanz-Analphabeten. Mir hat mal eine Gymnasiallehrerin erzählt, bei ihr habe die Wirtschaft im Studium bei Karl Marx aufgehört. Vielen Dank und gute Nacht.

Zur Person

Frank Lehmann wurde 1942 geboren. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann bei der "Frankfurter Rundschau" und einem BWL-Studium begann er 1978 beim Hessischen Rundfunk. Bald wurde er Leiter der "Tagesschau"-Redaktion Hessen und Moderator der "Hessenschau". Von 1989 bis 2006 moderierte er die Börsen-Berichterstattung u. a. der "Tagesschau" und der "Tagesthemen". Er war Initiator der Sendung "Börse im Ersten" - mit bis zu drei Millionen Zuschauern die erfolgreichste TVBörsensendung Europas. Lehmann hat drei erwachsene Kinder und lebt mit Ehefrau Helga in Hanau.

Was haben Sie eigentlich cash im Portemonnaie?

Nix. Bar am Mann habe ich immer einen Fuffi, außerdem Kleingeld im Mantel. Heute Morgen habe ich beim Bäcker vier Euro in Kupferstücken hingelegt. Die haben vielleicht getobt.

Ganz schön bescheiden für einen Multimillionär.

Ach Gottchen, wenn Sie meinen Kontostand sehen würden ... Da lachen Sie sich kaputt!

Haben Sie Ihren eigenen Börsentipps nicht geglaubt?

Ich habe nie welche gegeben und mich auch selbst nie aufs Karussell gesetzt. Kann man natürlich sagen: schön blöd. Andererseits hat mich das immer unabhängig gemacht. Dass mir auf diese Weise einiges entgangen ist, sehe ich jetzt im Alter.

Darum müssen nun die armen Sparkassen bluten, bei denen Sie für teuer Geld Vorträge halten.

Von wegen! Das sind Peanuts gegen das, was andere Kollegen abgreifen! Was ich da bekomme, ist im unteren Bereich vierstellig. Lehmann ist vor allem ehrenamtlich tätig. Bei der Multiple Sklerose Gesellschaft zum Beispiel, im Beirat der Stiftung Kinderzukunft, im Kuratorium der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Und wenn "Lehmann" ein börsennotiertes Unternehmen wäre?

Dann würde ich sagen: konservativ geführt, substanzstark, bisschen Fantasie ist noch drin.

Was war eigentlich das größte Highlight Ihrer Fernsehjahre?

Ganz ehrlich? Nichts mit der Börse. Ich habe 1988 mal die ganze Kollegenmeute ausgetrickst und einen exklusiven O-Ton von Johannes Paul II. bekommen. Und hinterher hat Dagmar Berghoff in der "Tagesschau" gesagt: "Mit dem Papst sprach Frank Lehmann." Das war's. Die ganze Nachbarschaft war außer sich.

Interview: Christoph Wirtz

print

PRODUKTE & TIPPS

Mehr zum Thema