Der 32-jährige Hochspringer aus Kuba holte 1992 in Barcelona Olympisches Gold und hält bis heute den Weltrekord mit 2,45 Meter. Im Juli 1999 wurde die »Katze von Limonar« nach einem Wettkampf im kanadischen Winnipeg mit Kokain im Urin erwischtZur Person :
Javier Sotomayor im Stadion von Havanna. Der Ausnahmespringer lebt mit / Frau Maria und Sohn Javier, 7, in der kubanischen Metropole.
stern: Sie sind ganz atemlos. Wieso trainieren Sie überhaupt noch?
Sotomayor: Na, für die Olympischen Spiele in Sydney.
stern: Sie stecken doch mitten im Dopingverfahren. Die Europareise im Februar hätten Sie sich sparen können, oder?
Sotomayor: Nein. In Griechenland durfte ich springen, nur Deutschland sagte kurzfristig ab.
stern: Haben Sie nicht damit gerechnet?
Sotomayor: Nein. Ich war total frustriert, wirklich richtig deprimiert und bin sofort nach Kuba zurück. Das IAAF-Schiedsgericht entscheidet erst im Juni. Ich hoffe, dass sich alles aufklärt, denn ich habe nicht gedopt.
stern: Sagen das nicht alle Sportler, die erwischt werden?
Sotomayor: Bei mir geht's um Kokain. Ich habe noch nie Kokain genommen, auch keine andere Droge. Ich weiß nicht mal, wie das wirkt, aber ich würde damit sicher nicht höher springen. Im Gegenteil, ich könnte nicht mal präzise Anlauf nehmen.
stern: Bandscheibenvorfall, Beinverletzung, Doping - 1999 war kein gutes Jahr für den Hochspringer des Jahrhunderts, wie Ihr deutscher Kollege Carlo Thränhardt Sie betitelt.
Sotomayor: Der hat mich im Dezember in Havanna besucht und hält zu mir, ein wirklich guter Typ. Er traut mir einen zweiten Olympiasieg in Sydney zu. Ich denke an nichts anderes als an Sydney, ich verlier die Hoffnung nicht.
stern: Sie haben mal erzählt, dass Ihnen die allgemein verhassten Pinkelproben nach den Wettkämpfen nichts ausmachen, weil es vorher viel Bier gibt, und das ist in Kuba knapp und teuer.
Sotomayor: Ja, ich hab sie immer gemocht.
stern: Bis zum jähen Ende in Winnipeg. Wie haben Sie vom Ergebnis erfahren?
Sotomayor: Es war am 26. Juli. Ich war schon wieder in Kuba, als sie bei mir zu Hause anriefen, meine Frau erreichte mich übers Handy in Matanzas, wo ich bei der Jahresfeier zu Fidels Sturm auf die Moncada-Kaserne mitmarschierte. Es war der schlimmste Tag meines Lebens.
stern: Sie sind sonst kein Kind von Traurigkeit, lassen keine Party aus, lieben Halskettchen, Fingerringe, Sonnenbrille und schöne Frauen...
Sotomayor: ...aber keine Drogen. Außerdem ist es gar nicht mehr so wild. Ich bin ruhiger geworden.
stern: Keine Affären mehr? Mehr zu Hause, im Kreis der Familie?
Sotomayor: Ja, schon. Und im Juni kommt unser zweites Kind zur Welt.
stern: Fidel Castro erklärt das Ergebnis der Urinprobe mit einem Komplott gegen Kuba. Die CIA soll die Finger im Spiel haben.
Sotomayor: Ich hab keine Ahnung, und Politik interessiert mich nicht.
stern: Was machen Sie nach Sydney?
Sotomayor: Ich warte auf ein gutes Angebot im Ausland.
stern: Und dann hauen Sie ab? Auf immer und ewig?
Sotomayor: Nein, nur für ein paar Jahre. Aber es muss lukrativ sein.
stern: Mit Kind und Kegel?
Sotomayor: Mit oder ohne.