Wirbelsturm in der Karibik Mindestens 50 Tote nach Hurrikan "Melissa" – USA schicken Hilfe

In Haiti starben mindestens 30 Menschen durch Hurrikan "Melissa"
In Haiti starben mindestens 30 Menschen durch Hurrikan "Melissa"
© Odelyn Joseph / AP / DPA
In Jamaika und Kuba hinterlässt Wirbelsturm "Melissa" verzweifelte und heimatlose Menschen. Hilfe ist unterwegs. Unterdessen wappnet sich Bermuda gegen den Hurrikan.

Der zerstörerische Hurrikan "Melissa" ist inzwischen keine Gefahr mehr für die Karibikstaaten. Die Folgen sind trotzdem verheerend: Mindestens 50 Menschen starben. Allein im besonders stark getroffenen Jamaika wurden nach Angaben von Informationsministerin Dana Morris Dixon vom Donnerstagabend (Ortszeit) 19 Todesopfer bestätigt. In Haiti wurden 30 Tote gezählt, aus der Dominikanischen Republik wurde ein Todesopfer gemeldet. Auf Kuba und den Bahamas blieb es nach bisherigen Erkenntnissen bei Sachschäden. Mittlerweile steuert "Melissa" auf die Bermudainseln zu.

Nach ersten Schätzungen des privaten US-Wetterdienstes AccuWeather, der auch die Auswirkungen von Unwettern beurteilt, könnten sich der Gesamtschaden und die wirtschaftlichen Verluste durch den Sturm auf 48 bis 52 Milliarden US-Dollar (etwa 41 bis 45 Milliarden Euro) belaufen.

Während der Wirbelsturm auf seinem weiteren Weg über den Nordatlantik keine akute Bedrohung mehr darstellt, landeten im Inselstaat Jamaika die ersten Hilfsflüge. Dort brauchen die Menschen angesichts der Verwüstung ganzer Landstriche dringend Unterstützung, wie die Behörden mitteilten.

"Melissa" zieht ab, die Lage bleibt kritisch

In Kuba, Jamaika, Haiti und der Dominikanischen Republik sei weiterhin mit Überschwemmungen zu rechnen, erklärte das US-Hurrikanzentrum NHC. Am Dienstag traf der Sturm als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 in Jamaika auf Land. Ministerpräsident Andrew Holness erklärte den Karibikstaat zum "Katastrophengebiet", die Vereinten Nationen sprachen von Zerstörungen in nie dagewesenem Ausmaß. Anschließend zog der Wirbelsturm nach Kuba weiter, wo er nach den Worten von Präsident Miguel Díaz-Canel "beträchtliche Schäden" anrichtete.

In Jamaika ist mit steigenden Opferzahlen zu rechnen, auch weil viele Ortschaften nach wie vor von der Außenwelt abgeschnitten sind. Windgeschwindigkeiten von bis zu 295 Kilometern pro Stunde haben dort ein Bild der Zerstörung hinterlassen: Zahllose Häuser sind in sich zusammengekracht, Bäume und Strommasten umgestürzt, mehr als 100 Straßen unpassierbar und Hunderttausende Menschen weiter ohne Strom. Rettungsteams versuchen blockierte Straßen mit Macheten zu räumen.

Auch in Kuba waren die Kommunikations- und Transportverbindungen weiterhin weitgehend unterbrochen. Im Osten von Kuba kämpften sich die Menschen durch überflutete Straßen. Fenster wurden durch den Sturm zerschlagen, Stromkabel und Mobilfunkmasten heruntergerissen und Dächer und Äste abgerissen. Den Behörden zufolge waren etwa 735.000 Menschen vor dem Sturm in Sicherheit gebracht worden.

In Haiti verzeichneten die Behörden mindestens 30 Tote durch Überschwemmungen, darunter zehn Kinder. 20 Menschen würden noch vermisst. Rund 16.000 Menschen befanden sich nach Behördenangaben in Notunterkünften, mehr als 1000 Häuser wurden demnach überflutet.

Hilfslieferungen aus den USA

Immerhin können auf den zwischenzeitlich gesperrten Flughäfen Jamaikas inzwischen wieder Maschinen landen. Am Donnerstag wurden 13 Hilfsflüge erwartet. Die USA mobilisierten Katastrophenhilfeteams und Rettungskräfte, die sich nach Angaben eines US-Außenamtsvertreters in der Dominikanischen Republik, Jamaika und den Bahamas befanden. Auch nach Haiti war Hilfe auf dem Weg. US-Außenminister Marco Rubio bezog auch den Rivalen Kuba mit ein und sagte, die Vereinigten Staaten seien bereit, den vom Hurrikan betroffenen Menschen in Kuba sofortige humanitäre Hilfe zu leisten.

"Im Moment geht es darum, die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen und möglichen Verletzten zu helfen", sagte Jamaikas Bildungs- und Informationsministerin Dana Morris Dixon. Besonders im Westen des Landes sei die Lage "erschütternd". In der verwüsteten Küstenstadt Black River im Südwesten der Insel drängten sich verzweifelte Einwohner auf der Suche nach Vorräten vor einem geschlossenen Supermarkt.

Die Not der Menschen und die Hilfsbereitschaft im Ausland führen allerdings auch zu Trittbrettfahrern. Jamaikas Regierung warnte vor betrügerischen Spendenaufrufen und rief dazu auf, nur das offizielle Spendenportal (www.supportjamaica.gov.jm) zu nutzen.

Klimawandel begünstigt Bedingungen für Wirbelstürme

Laut dem US-Hurrikanzentrum in Miami zog der Wirbelsturm in der Nacht zum Freitag (Ortszeit) westlich an der im Atlantik gelegenen Inselkette Bermuda vorbei. Da er zu diesem Zeitpunkt nur noch als Hurrikan der Stärke 2 von 5 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 155 Kilometern pro Stunde eingestuft wurde und das Sturmzentrum nicht über Land lag, kam das britische Überseegebiet allem Anschein nach glimpflich davon. Danach sollte sich "Melissa" noch weiter abschwächen und schließlich als Tiefdruckgebiet über dem Atlantik enden.

Mit "Melissa" war in Jamaika erstmals seit 90 Jahren ein Hurrikan mit derartiger Stärke auf Land getroffen, wie eine Auswertung von Daten der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA) durch die Nachrichtenagentur AFP ergab. Der "Labour Day"-Hurrikan, der 1935 die Inselkette Florida Keys im Süden der USA verwüstet hatte, war - wie "Melissa" - mit 300 Stundenkilometern und einem minimalen Luftdruck von 892 Millibar auf Land getroffen.

Wissenschaftlern zufolge ist der menschengemachte Klimawandel für die Intensität des Hurrikans verantwortlich. Die Erderwärmung erhöhe zudem die Wahrscheinlichkeit für Wirbelstürme wie diese um das Vierfache, hieß es am Mittwoch in einer Schnellanalyse des Grantham Institute am Londoner Imperial College.

DPA · AFP
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